282 - Der Schein trügt

Titel: 282 - Der Schein trügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz

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Taratzengrillen verwenden könnte - zum Beispiel, um einen Ballon oder ein Luftschiff damit zu betreiben.
    Die von den Rozieren des afrikanischen Kaisers Pilatre de Rozier inspirierte Idee faszinierte ihn über alle Maßen und er teilte sie sofort mit dem technisch hochbegabten Patrick Pancis. Bei dem Techno rannte er offene Türen ein: Pat zeigte sich ebenfalls begeistert und favorisierte das Luftschiff.
    »Es hat zahlreiche Vorteile gegenüber einem Ballon«, erläuterte der große schlanke Mann mit den blonden Stoppelhaaren, »in erster Linie aber den, vollständig lenkbar zu sein, während du mit einem Ballon von den Windströmungen abhängig bist.«
    Als Rulfan nun mit den Wasserstoffflaschen nach Canduly Castle zurückkehrte, empfing ihn der Lieutenant mit einem breiten Grinsen. »Willst du dir mal die Pläne anschauen?«
    »Ich hab's geahnt«, gab Rulfan zurück, und fügte hinzu: »Mich wundert nur, dass das Luftschiff nicht schon fertig im Burghof steht und nur noch auf die Gasfüllung wartet.«
    »Ein alter Mann ist doch kein Dehzuug«, zitierte Pancis einen Spruch der Alten, der noch immer Bestand hatte, auch wenn heute niemand mehr wusste, wie ein »Dehzuug« ausgesehen hatte. Er rollte die Pläne vor Rulfan aus. »Wir werden das Luftschiff mit Elektromotoren bestücken, so brauchen wir keinen zusätzlichen Brennstoff und halten den mitgeführten Wasserstoff in Grenzen«, erklärte er eifrig. »Um das Luftschiff zu versorgen, reichen dann sechs Flaschen aus, die ich seitlich der Steuergondel anbringen würde, drei links, drei rechts.«
    »Woher bekommen wir den Strom für die Elektromotoren?«, fragte Rulfan nach.
    »Durch Grätzel-Zellen.«
    Rulfan schaute etwas ratlos drein. »Aha?«
    »Ein Kerl namens Grätzel hat lange vor Kristofluu diese Farbstoff-Solarzellen erfunden. Ich will dich nicht mit Details langweilen, die sogar ich kaum verstehe, aber der große Vorteil dieser Zellen ist, dass sie auch diffuses Licht nutzen können.«
    »Und wie kommen wir da ran? Du wirst sie doch wohl nicht selbst bauen können, oder?«
    Pancis lachte kurz auf. »Nein, natürlich nicht. Aber ich weiß, dass nach dem Kometeneinschlag ein englisches Konsortium die Grätzel-Zellen mit Hochdruck weiterentwickelt hat, um Strom auch aus dem diffusem Dämmerlicht gewinnen zu können, das jahrzehntelang über der Erde lag. Besonderen Wert haben sie dabei auf die Haltbarkeit und Langlebigkeit gelegt.«
    »Du meinst… sie funktionieren auch heute noch?«
    »So ist es. Und sie kommen viel öfter vor, als man glauben mag. Auch die Communities haben sie zum Teil verwendet. Langer Rede, kurzer Sinn: Es ist mir gelungen, in Edinburgh einige Packen noch original verpackter Grätzel-Zellen aufzutreiben. Wir fliegen das Luftschiff also mit Solarenergie. Und jetzt mach den Mund wieder zu und gratulier mir gefälligst!«
    Rulfan seufzte. »Ich staune und gratuliere«, sagte er und rieb er sich die Hände. »Ein eigenes Luftschiff… das wird großartig. Lass uns mit dem Bau so bald wie möglich beginnen!«
    ***
    Gegenwart
    Nachdem sich Rulfan frisch gemacht hatte, ließ er sich vom Kapitaan weiter durch das Schiff führen. Zuerst inspizierte er den Waffenleitstand, der, so versicherte ihm Wadeel, bestens in Schuss war, da er einmal am Tag überprüft würde. Danach ließ Rulfan sich weitere Funktionen erklären und zeigen. Das Kriegsschiff fuhr, so erklärte Wadeel, mit vierundfünfzig Mann Besatzung; an Bord waren außerdem zehn Zivilisten und sechs »Bordschwalben«.
    Gegen drei Uhr morgens war es dann so weit. Zwischen den Burgruinen von Cornock erschienen dunkle Gestalten. Keuchend und leicht gebückt schleppten die dunkel gekleideten Männer zehn schwere Kisten heran, aus denen seltsame Geräusche drangen. Sie stellten sie in einem Lagerraum im Schiffsbauch ab, den Wadeel extra dafür hatte öffnen lassen. Bei den Schmugglern handelte es sich eindeutig um Barbaren. Sie wurden von Braham angeführt.
    »Ich soll die Kisten hier abliefern«, sagte der Schamane. »Und auch das hier.« Er streckte Wadeel ein Säckchen entgegen, in dem es klimperte.
    Der Kapitaan sah Rulfan triumphierend an und nahm es entgegen. Dann warf er es seinem Maat zu und befahl: »Mach's auf und zähl nach, Killeen.«
    Vor aller Augen zählte der Maat exakt fünfhundert Coiins. Die Gier in den Brahams Augen war dabei unübersehbar.
    »Gut«, befand Wadeel.
    Braham bleckte sein lückenhaftes Gebiss. »Natürlich gut. Bevor wir gehen, soll ich dir noch ausrichten,