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286 - Der körperlose Herrscher

286 - Der körperlose Herrscher

Titel: 286 - Der körperlose Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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Mädchen, das er nun allein trug, war nicht bewusstlos. Offensichtlich hatten die Seeigelstacheln es nicht voll getroffen. Es strampelte und wand sich in seinem Griff und versuchte fortzukriechen.
    E'fah trat heran und richtete den Kombacter auf den Kopf des Kindes. Es war höchstens neun Jahre alt. Türkisblaue Augen sahen sie angsterfüllt an.
    E'fah zögerte. Etwas an diesen Augen erinnerte sie an das endlose Meer und an - wie hieß er noch? Da war ein Hydrit gewesen, ein Hydrit mit einem türkis- und dunkelblauen Scheitelkamm, der an den Spitzen violett wurde. Sie kannte ihn gut. Er hatte ihr wehgetan, weil er sie zurückwies.
    Gilam'esh! Das war sein Name! Und sie hatte Gilam'esh geliebt. Es fühlte sich an, als sei es Rotationen her.
    Erinnerungen überfluteten sie, als habe der Gedanke an Gilam'esh Mutters Kontrolle durchbrochen. Sie war nur wegen ihm nach Neu-Martok'shimre gegangen. Die Mar'os-Herrscherin Sar'kir hatte auf lange Sicht einen Krieg gegen die Hydriten von Hykton geplant. Das hatte E'fah mental von dem Tentakelwesen namens Kroow erfahren, das sie entführt hatte.
    Als das Wesen sie zurückließ, um in Richtung Land zu verschwinden, hatte sie sich entschlossen, Gilam'esh auf ihre Weise zu helfen: Sie war nach Neu-Martok'shimre geschwommen, um Sar'kir zu überlisten. Als Geistwanderin plante sie, den Körper der Mar'os-Herrscherin zu übernehmen. Damit hätte sie nicht nur eine Feindin Hyktons vernichtet, sie hätte sich zugleich einen traumhaft schönen Körper verschafft, dem Gilam'esh nicht hätte widerstehen können.
    Aber es war anders gekommen. Ein fremder Geist hatte sie in der Throngrotte Sar'kirs unterworfen. Eine Steingottheit namens Mutter . Ihr war, als schlösse sich eine Faust aus Eis um ihr Herz, Mutter . Das Kind. Sie musste dem Mar'os-Jünger helfen, das Kind unter Kontrolle zu bekommen, damit Mutter Nahrung bekam.
    Wie aus einer Trance erwachend fokussierte sie den Blick.
    »Aaah!« In seiner Verzweiflung trat das Mädchen dem gerade aufstehenden Hydriten ans Kinn. Er flog zurück in den Staub. E'fah reagiert zu langsam, ihre Gedanken hatten sie abgelenkt und sie stand zu weit entfernt. Das Kind rannte schreiend los.
    »Kein!«, schrie irgendwo die Stimme einer Frau, vielleicht seiner Mutter.
    Wenn sie jetzt schoss, würde sie das Kind töten, aber sie konnte es nicht mehr mitnehmen. Also warum sollte sie es tun? E'fah ließ die Waffe sinken. »Zur Qualle!«, klackte sie hart, und half dem gestürzten Hydriten auf die Füße. Sie sprangen ins Wasser, die Entführten nahmen sie mit sich. So schnell sie konnten, schwammen sie auf die wartende Transportqualle zu, die für die Menschen mit Sauerstoff gefüllt war.
    Als die Qualle Fahrt aufnahm, blieb ein Dutzend verstörte Dörfler zurück. Nur fünf von ihnen wagten es, in den Potomac zu springen, doch sie würden die Fishmanta'kan nicht mehr einholen können. Wie E'fah es angekündigt hatte, waren sie ins Reich Orguudoos zurückgekehrt und niemand konnte ihnen folgen…
    ***
    Gierig sah Mutter aus den Augen E'fahs zu, wie die bewusstlosen Menschen in die leergepumpte Kammer gebracht wurden. Ein großes Feld Tiefsee-Ko'onen war nötig gewesen, um genug Sauerstoff in den winzigen Raum zu pumpen, der neben den Laboren von Quesra'nol lag. Er war groß genug, alle drei Menschen am Boden ablegen zu können. Es handelte sich um eine Frau, einen Mann und einen Junge. Alle drei lagen mit nacktem Oberkörper da, um ihr die Berührung zu erleichtern. Ihre Brustkörbe hoben und senkten sich und sie strahlten diese unverkennbare Signatur aus, die Sättigung versprach. Mutters Inneres erglühte schwach. Endlich würde sie ihren Durst stillen können.
    Quesra'nol trug sie auf einer Prunkschale aus Perlmutt zu den bewusstlosen Menschen. Außer ihm und E'fah war nur noch ein weiterer Wächter im Raum. Mutter interessierte sich nicht für ihn - ihr Fokus lag auf den drei Menschen. Sie spürte, dass sie der Nahrungsquelle immer näher kam. Wie leuchtende Feuer in der Nacht strahlte deren Lebensenergie.
    Quesra'nol zögerte. Er schien sich nicht überwinden zu können, sie auf die Brust eines Menschen zu legen.
    E'fah , forderte sie ihre zuverlässigste Ergebene auf. Ich bin hungrig. Lass mich nicht warten.
    Noch immer waren ihr die Hydriten fremd. Die Menschen, die ihr auf der Karavelle gedient hatten, hatten an eine »Muttergottes« geglaubt, an eine gewisse Maria. Diese Mutter Maria schien für die Hydriten keinerlei Bedeutung zu haben; sie ließen

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