288 - Labyrinth der Guule
konnten vorerst nichts weiter tun. Der Angriff der Vermummten - falls sie Ex-Versteinerte waren - hatte gezeigt, dass sie momentan nur in ein Wespennest gestochen hätten. Wären es Fremde gewesen, gegen die es zu kämpfen galt, hätte Matt nicht nachgegeben. Aber es handelte sich größtenteils um Freunde, Bekannte und Verbündete - und Kinder! -, die er nicht in Gefahr bringen wollte. Egal, welches Geheimnis sie hüteten. Sie mussten abwarten, bis sich die Situation beruhigt hatte.
Also konzentrierte er sich besser auf die vor ihm liegende Herausforderung. Seit Alastar ihn in Hypnose versetzt hatte und in seinem Unterbewusstsein Informationen über Agartha gefunden hatte, waren sie nicht mehr ganz so ahnungslos, was es mit dem geheimnisvollen Namen auf sich hatte.
Agartha lag angeblich auf dem »Dach der Welt«, dem Himalaja, und war eine unterirdische Stadt, von der aus - so sagte man - die Geschicke der gesamten Menschheit gelenkt wurden. Es klang absolut phantastisch, aber gemessen an den Wundern dieser postapokalyptischen Welt hatte dieses Attribut einiges an Aussagekraft verloren, fand Matt.
Um nach Nepal zu gelangen, hatten sie eine Route über Polen und Rumänien genommen und flogen nun seit ein paar Tagen über das Schwarze Meer ostwärts. Das Wetter war freundlich, um nicht zu sagen ziemlich warm für die Jahreszeit, und die Sonne zeigte sich tagsüber mit schöner Regelmäßigkeit. Früh am Morgen bedeckte noch eine Nebelschicht die Sicht auf die freie Wasserfläche unter ihnen. Doch der Dunst löste sich im Laufe des Vormittags auf und gab den Blick auf die glatte, glitzernde See frei.
»Wir nähern uns einer Küste«, meldete Aruula von ihrem Fensterplatz aus - sie hatten die Durchschüsse mit Harz gekittet und zwei der Scheiben durch Leichtmetallplatten ersetzt - und riss damit ihren Gefährten aus den Gedanken. »Das Wasser beginnt Wellen zu bilden, und am Horizont erkenne ich einen Streifen Land.«
Alastar, der im hinteren Teil der Kabine gehockt und seinen Mantel mit einem feuchten Tuch gereinigt hatte, erhob sich. »Was für ein Land ist das?«, wollte er wissen, während er die Augen zusammenkniff, um durch den grellen Sonnenschein zu spähen. »Erwarten uns dort irgendwelche Gefahren?«
Xij schnaubte verächtlich. »Gefahren lauern überall, Exekutor. Das sollte dir doch bewusst sein. Du siehst nicht gerade aus wie jemand, der immer den Kampf gemieden hat.«
Der dürre Hüne ignorierte die Bemerkung und wandte sich an Rulfan. »Ich will nur auf alles vorbereitet sein. Also, wo sind wir hier?«
»Wenn mich nicht alles täuscht, ist das die Nordküste der Türkei«, sagte Matt, und als Aruula fragend die Stirn krauszog, ergänzte er: »Äh… Tuurk, wie man es heutzutage glaube ich nennt.«
Die Barbarin nickte verstehend. »Tuurk… Ich habe nicht gewusst, dass das so weit weg ist.«
»Ihr seid schon Leuten von hier begegnet«, meinte Xij. Sie fragte nicht, sondern stellte fest.
»Ja«, gab Aruula zurück. »Als ich noch mit Sorbans Horde unterwegs war, sind wir einmal auf eine Karawane aus Tuurk getroffen. Sie war recht groß, wenn ich mich recht erinnere, sicher an die fünfzig Mitglieder. Sie hatten dunkle Haut und Gesichter, die von Sonne und Wind ganz furchig und rissig waren. Das war selbst bei den Frauen und Kindern so. Einer der Jungen versuchte mir selbstgebastelten Schmuck zu verkaufen, eine Kette mit einem glänzenden schwarzen Stein daran. Wenn er grinste, sah seine Haut aus wie eine Tofane, die zu lange in der Sonne gelegen hat.« Aruula schüttelte sich. »Wir haben mit ihnen Handel getrieben, was gar nicht so einfach war, denn sie beherrschten die Sprache der Wandernden Völker kaum. Ich war noch relativ jung, vielleicht fünfzehn Winter, aber ich erinnere mich, dass Sorban unbedingt etwas von dem Kraut haben wollte, das sie in die Nase zogen und das angeblich ein angenehmes Kribbeln verursacht.«
Da gibt es ja genau zwei Möglichkeiten , ging es Matt durch den Kopf. Entweder Koks oder Schnupftabak… oder eine Mischung aus beidem.
»Und? Hat er es bekommen?«, fragte er.
»Weniger als er wollte«, erinnerte sich Aruula. »Die Vorräte der Karawane waren fast aufgebraucht. Wir verständigten uns mit Händen und Füßen und tauschten, was wir entbehren konnten, gegen Salz und Gewürze, ein paar grobe Stoffe für den Sommer und Behältnisse aus Metall aus der Zeit vor Kristofluu . Es war ein guter Tag für die Sippe. Wir sind danach nie wieder einer Tuurk-Karawane
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