2883 - Die Schattenmacht
irgendwelche Geräusche.
***
Sean Doherty war unablässig in Bewegung geblieben und konnte so den Einsatzkräften ausweichen. An der Schießerei beteiligte er sich nicht, da er das Ende voraussehen konnte. Solange die Waffen krachten, hielt Doherty sich in einem der hinteren Kellerräume verborgen.
»Irgendwann kommen sie«, dachte er.
Seitdem der letzte Schuss verklungen war, hatte sich eine fast unheimliche Stille im Keller ausgebreitet. Die dicken Mauern schluckten die meisten Geräusche, weshalb Doherty sich nicht mehr lange im Keller verstecken wollte. Er würde ansonsten zu spät mitbekommen, wann die Cops mit der systematischen Durchsuchung anfingen.
»Bis zu Green schaffe ich es vermutlich nicht mehr«, sagte sich Doherty.
Er ging davon aus, dass die Cops die Geisel längst entdeckt und befreit hatten. Damit fiel der Verräter als Druckmittel leider aus.
»Es wäre zu schön gewesen, wenn ich mit deiner Hilfe aus der Falle entkommen wäre«, murmelte Doherty.
Bis vor zwei Jahren war seine Welt noch völlig intakt gewesen und Sean Doherty plante eine Zukunft mit Erica. Doch dann brach die Krise aus und er verlor den größten Teil seines kleinen Vermögens. Doherty hatte sich von einem Bankmitarbeiter beraten lassen und so sein Geld überwiegend in Immobiliengeschäfte gesteckt. Als die Lehmann-Bank ihre Zahlungsunfähigkeit erklärte, war damit auch siebzig Prozent von Sean Dohertys Geld verloren.
»Die Manager bekommen den goldenen Handschlag und wir gehen leer aus«, hatte ein Freund gesagt.
Genau wie Doherty erging es sehr vielen Menschen, die ihren Beratern bei Banken und Versicherungen vertraut hatten. Seine Bitterkeit war zu diesem Zeitpunkt schon sehr groß gewesen, doch der Hass kam später. Drei Monate nachdem das Geld aus dem Immobilienfonds weg war, erkrankte Erica an einem bösartigen Krebs der Bauchspeicheldrüse. Die Krankenversicherung zahlte nur einen Bruchteil der Arzt- und Krankenhauskosten.
»Einem Politiker wie Gibbs oder Green wäre es natürlich viel besser ergangen. Diese Menschen können sich alle Spezialbehandlungen und teuren Medikamente leisten, weil sie sich bei uns Steuerzahlern bedienen«, schimpfte Doherty.
Als seine über alles geliebte Erica im Sterben lag, lernte Doherty eine Aktivistin der Anonymus -Bewegung kennen. Die Krankenschwester teilte seine Auffassung über die ungerechte Behandlung im Gesundheitssystem der USA und verstärkte seinen Zorn auf die Politiker.
»Oft sind es nicht einmal die Männer und Frauen in der Regierung, sondern irgendwelche Geheimbündler, die ihnen die falschen Ideen einpflanzen«, hatte Emily erzählt.
Solche Gedankengänge waren Doherty bis zu diesem Zeitpunkt völlig fremd gewesen, doch er suchte nach den wahren Schuldigen.
»Ich habe euch auch gefunden«, knurrte er.
Nach dem Tod seiner Erica fiel Sean Doherty in ein tiefes Loch und bekam Depressionen. Weder Alkohol noch Tabletten oder die Treffen mit einer Selbsthilfegruppe brachten Erleichterung. Die stellte sich durch einen Zufall ein. Roberts besuchte Doherty zu Hause und erzählte von einem wichtigen Kunden. Damals hörte er zum ersten Mal den Namen Bay Colony Trust und wusste auf Anhieb, dass er einem dieser gefährlichen Geheimgesellschaften auf die Spur gekommen war.
»Ihr gehört ausgerottet, ihr miesen Verräter«, sagte Doherty.
Fast ein Jahr lang beschäftigte er sich mit dem Trust, wobei ihm die Daten aus dem internen Netzwerk der Abrahams Security Group wertvolle Dienste leisteten. Für seinen Boss war der neue Diensteifer Dohertys ein Zeichen für die anlaufende Genesung. Hätte er geahnt, was sein Angestellter in Wirklichkeit trieb, wäre Roberts entsetzt gewesen.
»Wäre die Bewegung nicht so ein lahmer Haufen, hätten wir den Trust ausschalten können«, dachte sich Doherty.
Als er sich immer stärker in der Bewegung engagierte, ohne dass sein Boss es mitbekam, erkannte Doherty die Nutzlosigkeit dieser Menschen. Er baute auf radikale Lösungen, während die meisten Anhänger der Anonymus -Bewegung sich als friedliebende Protestbürger herausstellten.
»Gut, dass Roberts es auf die Mitglieder des militanten Blocks abgesehen hatte«, erinnerte sich Doherty.
Innerhalb der Bewegung gab es eine radikale Gruppe, die, schwarz gekleidet und mit den Guy-Fawkes-Masken unkenntlich gemacht, sich auch an härteren Protestaktionen beteiligten. Sean Doherty erkannte sehr schnell, dass er in diesem Umfeld am ehesten brauchbare Mitstreiter rekrutieren könnte.
»Wir
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