2888 - New York gegen uns
schmunzelten.
»So sprechen echte Gentlemen«, spottete Tania und legte ihren freien Arm um meine Schulter. Ich wandte den Kopf und blickte in das Feuer ihrer dunkelbraunen Augen.
Tania war auf dem Eroberungspfad – eindeutig, wenn mich meine Frauenkenntnis nicht trog. Ich lächelte und versuchte, mit meinem Blick auszudrücken, dass ich bereit war, mich erobern zu lassen. Tania erwiderte mein Lächeln, und ich zweifelte in diesem Moment nicht daran, dass sie meine Gedanken lesen konnte.
Unsere beiden attraktiven Begleiterinnen hatten sich im Fitness-Pier an der Westside kennengelernt. Karen Holisher, schlank und sportlich wie ihre Freundin Tania, war Ende zwanzig und geschieden. Ihre kurze Ehe war kinderlos geblieben, obwohl sie gegenteilige Pläne gehabt hatte. Für den Kinderwunsch hatte sie sogar ihren Job als Werbetexterin in einer Company an der Madison Avenue aufgegeben.
Doch die Ehe hatte sich als Katastrophe erwiesen – zum Glück bevor sich Nachwuchs eingestellt hatte. Allerdings hatte Karen danach vergeblich versucht, in der Werbebranche wieder Fuß zu fassen. Deshalb hielt sie sich jetzt finanziell über Wasser, indem sie Kurzgeschichten veröffentlichte. Außerdem arbeitete sie an einem ersten Roman, von dem sie sich den großen Durchbruch erhoffte.
Tania hatte eine gescheiterte eheähnliche Beziehung hinter sich und war schon seit zwei Jahren eine Bereicherung der Single-Szene von Manhattan. Was aber keinesfalls bedeutete, dass sie den Kerlen hinterherlief. Auch mir nicht. Das hatte sie mir unmissverständlich klargemacht. Eine gute Freundschaft, durchaus auch etwas tiefergehend, aber nichts Dauerhaftes, das war es, was Tania vorschwebte.
Wir hatten darüber gesprochen, und seitdem wusste sie, dass wir auf der gleichen Wellenlänge lagen. Eine feste Bindung an eine Frau kam für mich genauso wenig in Frage wie für Phil. Auch Karen wusste das. Phil und ich hatten unser Leben dem Kampf gegen das Verbrechen gewidmet, und das war mehr als nur eine Phrase.
Das alles änderte aber nichts daran, dass wir uns zumindest an diesem Abend als beneidenswert fühlen durften. Entsprechende Blicke aus dem männlichen Lager blieben in der Paramount Bar ebenso wenig aus wie zuvor im Foyer des Ambassador Theater . Karen und Tania verstanden es, sich mit modischem Chic zu kleiden, ohne dabei extravagant zu wirken. Beide trugen weiße Edeljeans und hatten sich den immer noch vorherrschenden sommerlichen Temperaturen angepasst.
Karen trug unter ihrem braun-beigefarbenen Cardigan ein weißes Top im Häkel-Look; beides untermalte wirkungsvoll ihr brünettes Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel. Tania betonte mit einer leichten schwarzen Strickjacke und einem Träger-Top in dunklem Lila ihre Haarfarbe.
»Könnte es sein …«, sagte Karen gespielt nachdenklich und griff ihr Thema wieder auf, »dass es gar keine weiblichen Gangster mehr gibt? Vielleicht ist die Kriminalität das einzige Gebiet, auf dem wir Frauen uns nicht wirklich emanzipiert haben.«
»Jetzt mal ernsthaft«, dämpfte Tania die Beharrlichkeit ihrer Freundin. »Wir wollen doch heute Abend nicht die ganze Verbrechensgeschichte durcharbeiten, oder? Außerdem schätze ich Jerry und Phil nicht so ein, dass sie in ihrer Freizeit nur über ihren Beruf reden wollen.«
»Du lieber Himmel!« Karen verdrehte die Augen. »Das wollte ich damit auch nicht andeuten. Ich weiß doch, dass das Gegenteil der Fall ist. Die beiden muss man regelrecht aushorchen, und selbst dann erfährt man nichts Konkretes.«
»Das hat damit zu tun«, erläuterte Phil, »dass dienstliche Angelegenheiten beim FBI in den meisten Fällen nicht für die Öffentlichkeit …«
Mein Handy klingelte, und so konnte ich es meinem Freund überlassen, die Ladys über unsere Geheimhaltungspflichten zu informieren. Ich entschuldigte mich, und während ich in die Lobby des Hotels hinüberwanderte, meldete ich mich.
»Special Agent Ralph Everton, FBI District Chicago«, sagte der Anrufer. »Es ist uns endlich gelungen, Ihren Gesuchten aufzutreiben, Agent Cotton – diesen Juwelier.«
»Nathan Leighton«, entgegnete ich und ließ mich auf dem Lederpolster einer Sitzinsel unter Zimmerpalmen nieder.
»Richtig. Der Mann ist ein Mistkerl. Das ist meine private Meinung.«
»Ich ahne, worauf Sie hinauswollen«, erwiderte ich. In der Lobby herrschte wenig Betrieb, und die Palmeninsel musste ich mit niemandem teilen. Deshalb konnte ich ungehindert reden. Ich fragte: »Wo haben Sie ihn
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