2891 - Das Geschäft heiligt die Mittel
Portier des exklusiven Wohnhauses ließ uns nach gründlicher Inspektion unserer Ausweise in die Tiefgarage fahren, wo ich den Jaguar auf einem der Besucherplätze abstellte.
Wir wurden von einem Security-Mann an der Parkbucht abgeholt und bis zum Lift begleitet. Die Frau, die uns wenige Minuten später mit einer energischen Bewegung die Tür öffnete, identifizierte ich erst auf den zweiten Blick als die Hausherrin. Hope Hallburn war alles andere als eine Schönheit, doch sie verfügte über eine Aura, die deutlich spürbar war.
»Sie sind die Gentlemen vom FBI?« Ihre Stimme klang voll und sicher. Ich musterte mein Gegenüber verstohlen. Sie war etwas mehr als mittelgroß und hatte erstaunlich breite Schultern. Vielleicht ruderte sie ja noch immer? Graue, etwas zu dicht zusammenstehende Augen blickten uns abschätzend an, während sie ihr dunkelblondes Haar aus dem Gesicht strich. Alles an dieser Frau wirkte auf den ersten Blick einfach und bodenständig.
Während wir bereits wieder nach unseren Dienstausweisen griffen, winkte Hope Hallburn ungeduldig ab. »Ich bin nicht der Sicherheitsdienst, der Sie ja bereits in Empfang genommen hat. Außerdem könnte ich gefälschte Ausweise von echten sowieso nicht unterscheiden«, entgegnete sie lapidar und bat uns herein. Im Hintergrund stand stumm eine ältere Hausangestellte, die beflissen nach unseren Mänteln griff.
Patrick Hallburn wartete im Wohnzimmer. Er stand mit einem Glas Tee in der Hand an einem der großen Fenster, die einen Blick auf die Straße und weiter auf den Central Park gewährten. Eine atemberaubende Sicht, die in New York kaum mit Gold aufzuwiegen war. Als wir den Raum betraten, drehte er sich zu uns um. Hallburn war groß und er besaß die Figur eines ehemaligen Leistungssportlers. Inzwischen war er etwas schwer in den Hüften geworden und sein Gesicht zeigte eine Röte, die vermutlich eher von gutem Whisky als von sportlichen Aktivitäten in der frischen Luft zeugte.
»Man schickt Agents vom FBI hierher? Was gibt es denn noch? Ich dachte, die Behörden vor Ort hätten alle Informationen?« Es schien leicht dahingesagt, aber ich konnte den kalten, arroganten Unterton heraushören und tippte darauf, dass Hallburn ein weit weniger angenehmer Mensch war, als es oberflächlich betrachtet den Anschein hatte. Im Hintergrund nahm Hope Platz in einem der ausladenden, cremefarbenen Sessel, während wir Männer stehen blieben.
»Sir, wir verstehen, wie unangenehm die ganze Angelegenheit ist. Aber wir müssen Sie noch einmal nach dem genauen Tathergang befragen. Noch konnten wir nicht herausfinden, was ein junger Mann aus Louisiana auf Ihrem Grundstück zu suchen hatte.«
»Er wollte einbrechen!« Die Antwort kam grob und hart. Weder ich noch Phil ließen uns von dieser Art, ein Gespräch zu führen, beeindrucken.
»Er war allein, soweit wir wissen unbewaffnet, und niemand hatte ihn zuvor in der Nähe des Hauses gesehen. Das ist, gelinde gesagt, ungewöhnlich.«
An Hallburns Stirn fing eine Ader an zu pochen, seine Augen wurden kalt. »Es ist doch wohl Ihre Angelegenheit, das Ganze aufzudecken, und nicht meine!«
»Darum sind wir hier. Konkret interessieren uns zwei Punkte, die im Protokoll noch unklar sind. Zum einen waren die Alarmanlagen nicht eingeschaltet. Zum zweiten geht es um einen hohen Bargeldbetrag, der sich im Haus befand.«
Hallburns Augen huschten kurz zu seiner Frau hinüber, die weiterhin stumm blieb. Dann seufzte er kurz auf, als habe er es mit einem störrischen Kind zu tun. »Ich hatte etwas mit dem Wagen außerhalb erledigt, war gerade auf das Grundstück zurückgekehrt und hatte die Anlagen noch nicht eingeschaltet, als der Mann kam. Das Geld war für ein Geschenk bestimmt. Zu Thanksgiving. Für meine Frau.« Mit einem milden Lächeln wandte er sich dabei wieder kurz Hope zu. Ich bemerkte, dass die nur kurz und müde zurücklächelte. Eine Geste, die eventuell bereits eine Ahnung vom derzeitigen Klima dieser Beziehung vermittelte.
»Kannten Sie den Mann?«, wollte Phil wissen.
»Wo denken Sie denn hin! Natürlich nicht!« Hallburn hob abwehrend die Hände.
»Sie haben sofort geschossen, ohne zu zögern?« Meine Frage knallte in den Raum und ich hörte, wie Mrs Hallburn im Hintergrund scharf die Luft einzog. Hallburn selbst sah mich einen Moment lang in einer Art Schockstarre an. Dann stellte er mit einer heftigen Bewegung sein Teeglas auf einem Möbelstücke ab. »Natürlich habe ich dem Mann etwas zugerufen«, sagte er lahm.
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