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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gefängnisdirektor straffte seine Haltung. »Ich denke nicht daran. Ich lasse Sie jetzt abholen. Zurück in den Zellenblock.«
    Levitt prustete vor Heiterkeit. »Wie viele Aufseher wollen Sie denn dafür aufbieten? Oder gleich die Emergency Unit? Mit Helmen, Schilden und Schlagstöcken?« Er faltete die Pranken auf der ihm zugewandten Schreibtischseite. »Machen Sie sich nicht lächerlich, Direktor. Wetten, dass Sie tun werden, was ich sage?«
    »Ich wette nicht.«
    »Müssen Sie auch nicht.« Levitt lehnte sich zurück. »Wann haben Sie Ihre Tochter zuletzt gesehen? Vor zwei Jahren? Oder sogar vor drei Jahren?«
    Matt Shuberts Augen weiteten sich. Seine Schläfenadern traten hervor. Er ballte die Hände auf der Schreibtischplatte zu Fäusten.
    Er dachte an seine Dienstwaffe. Im Gegensatz zu den Aufsehern trug er sie nicht in einem Holster. Doch die Pistole war in Reichweite, in der mittleren Schreibtischschublade. Eine Beretta 92F, Kaliber neun Millimeter, wie er sie früher auch bei der Army getragen hatte. Eine Waffe, mit der er bestens vertraut war. Auf die kurze Distanz würde er nicht danebenschießen. Vorher konnte er herumbrüllen, vielleicht sogar um Hilfe schreien. Dann hatte er Faith Dunbar als Zeugin. Sie würde bestätigen, dass er in Notwehr gehandelt hatte. Und das Problem Levitt war damit ein für alle Mal aus der Welt.
    »Meine Familienangelegenheiten gehen Sie nichts an«, sagte er grollend.
    »Oh, ich glaube doch«, entgegnete Levitt sarkastisch. »Waren wir uns darüber nicht einig? Wissen Sie, verehrter Direktor, ich fühle mich sogar zuständig.« Er grinste breit und winkte mit beiden Händen ab. »Ach, was sage ich! Ich bin zuständig. Für Deana – und damit auch für den Rest Ihrer kleinen Familie.«
    Shubert erbleichte. Seine Gesichtsmuskeln erschlafften. Erst jetzt, da der Dreckskerl den Namen seiner Tochter genannt hatte, wurde ihm die ganze Bedeutung der Situation bewusst. Seit Levitt vor einem Jahr nach Rikers Island eingeliefert worden war, hatte er ihm, Shubert, mit Andeutungen gedroht – mit kleinen und im Laufe der Zeit immer deutlicheren Hinweisen darauf, dass Familienangehörige niemals wirklich sicher waren. Bei jedem anderen Häftling hätte er sich durch solche Drohungen nicht einschüchtern lassen.
    Doch Cesar Levitt war nicht irgend ein Häftling. Er war der Boss der Straßenbande Guns .
    Die Guns waren längst den Kinderschuhen entwachsen. Die Bezeichnung Straßenbande hing ihnen an, weil sie einmal als solche gegründet worden war. Cesar Levitt war stolz darauf, aus den Guns eine Crime Family gemacht zu haben und im organisierten Verbrechen den gleichen Rang einzunehmen wie die alteingesessenen New Yorker Mafia-Familien.
    Ein Konkurrent hatte sich zum Kronzeugen machen lassen und gegen Levitt ausgesagt. Zehn Jahre Gefängnis hatte ihm der Deal seines Geschäftsfeindes eingebracht. Das erste Jahr hinter Gittern hatte Levitt dafür genutzt, die Geschäfte draußen weiterlaufen zu lassen und zugleich im Gefängnis auf Rikers Island die Kontrolle des Drogengeschäfts zu übernehmen.
    Mit Hilfe zuverlässiger Verbündeter unter den Strafgefangenen war es ihm gelungen. Es handelte sich ausnahmslos um Männer, die schon draußen für ihn gearbeitet hatten. Damit Levitt mit seiner Gang hinter Gittern ungestört blieb, hatte er kurzerhand auch den Direktor unter seine Kontrolle gebracht.
    Seine Verbindungsleute außerhalb des Gefängnisses hatten ihm dabei geholfen, indem sie in unregelmäßigen Abständen dunkel gekleidete Männer losschickten, die Mrs Shubert auffällig unauffällig über den Weg liefen und nichts weiter taten, als ihr nachzustarren. Auch wenn sie gemeinsam unterwegs waren, hatten Elaine und Matt Shubert solche Begegnungen der bedrohlichen Art.
    Er hatte seine Dienststelle informiert, das Department of Correction, kurz DOC genannt. Seine Vorgesetzten hatten ihm versichert, dass sie sich des Ernstes der Lage bewusst seien, ein Personenschutz aber wegen der schlechten Haushaltslage der Stadt New York nicht in Frage komme. Man könne überdies keinen Präzedenzfall schaffen, weil einfach zu viele Bedienstete des DOC in ähnlichen Bedrohungslagen seien. Dieses Berufsrisiko brächte der unmittelbare Kontakt mit einsitzenden Schwerkriminellen nun einmal mit sich.
    So hatte es sich ergeben, dass Shubert sich fügte und die diskreten Drogengeschäfte in seinem Zuständigkeitsbereich ebenso duldete wie die Tatsache, dass etliche seiner Aufsichtsbeamten es genauso

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