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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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Niemals!«
    Ein länglicher Gegenstand erschien aus dem dunklen, nicht erkennbaren Hintergrund und stieß unsanft gegen ihre Schulter.
    Matt Shubert zuckte zusammen, als er sah, wie seine Tochter schmerzerfüllt das Gesicht verzog. Jemand nuschelte etwas Unfreundliches in der Schwärze hinter ihr. Shubert vermutete, dass sie aufgefordert wurde, zur Sache zu kommen. Sie stockte kurz, räusperte sich und fuhr dann fort.
    »Ich soll meinem Vater klarmachen, dass meine Lage tödlich ernst ist. Wie ernst, das kann er sehr bald den Zeitungen und dem Fernsehen entnehmen, wenn über Gillian berichtet wird. Vielleicht erinnert er sich ja noch, dass ich mal eine gute Freundin hatte, die so hieß. Gillian O’Farrell.«
    Hieß? Das Wort hallte in Shuberts Kopf nach. Die Freundin hieß Gillian O’Farrell? Auf einmal bedauerte er, Deana keine Fragen stellen zu können. Sollte die Andeutung etwa bedeuten, dass Gillian …? Er brachte es nicht fertig, den Gedanken zu Ende zu denken. Ohnehin sprach Deana jetzt schneller. Sie schien ihre aufgezwungene Botschaft so rasch wie möglich loswerden zu wollen.
    »Ich befinde mich in New York«, sagte sie hastig, »aber an einem mir unbekannten Ort in einem unbekannten Gebäude. Ich bin angekettet. Zwar kann ich mich bewegen, aber die Holzbohlen unter mir liegen lose in einem Rahmen. Wenn ich die eine mit der Kettenöse herausziehe, lande ich in einem gemauerten Kanal. Das war mal ein Bewässerungssystem, stammt noch aus der Zeit der ersten holländischen Siedler.«
    Eine Taschenlampe wurde eingeschaltet. Der Lichtkegel glitt über die Bohlen, und die Kamera zoomte den faustgroßen Ring heran, in den die Kette mit einem Karabinerhaken eingeklinkt war. An einer anderen Stelle war eine Bohle angehoben worden. Die Kamera lugte in die entstandene Öffnung, gefolgt von dem Lichtkegel, der in beträchtlicher Tiefe glitzernde Reflexe auf schnell strömendem Wasser zeigte.
    Die Taschenlampe wurde ausgeschaltet, das Objektiv zoomte auf normale Brennweite zurück und zeigte Deana in der vorherigen Einstellung. Das vorhandene Tageslicht fiel vermutlich durch Fenster oder offene Türen herein. Deana stand auf den Planken, die Beine leicht gespreizt, wie, um sicheren Halt zu finden. Ihre Kleidung – Jeans, ein hellblaues Top und eine dunkelblaue Strickjacke – war verschmutzt und zerknittert.
    Matt Shubert wünschte sich in diesem Augenblick nichts sehnlicher, als sie in die Arme zu schließen. Vor allem würde er jede, aber auch jede Forderung erfüllen, um sie zu retten.
    »Mein Vater«, sagte Deana noch, »sollte also tun, was von ihm verlangt wird – wenn er auch nur noch einen Hauch von Vatergefühlen hat. Gillian musste bereits sterben. Wenn es mir nicht genauso ergehen soll wie ihr …«
    Der Ton der Aufnahme brach ab, und das Bild erlosch.
    »All right«, sagte Cesar Levitt zufrieden. »Das war’s. Jetzt löschen Sie die E-Mail, und zwar so, dass ich es sehen kann.«
    Shubert antwortete nicht, gehorchte aber. Seine Finger flogen über die Tastatur. Levitt konnte sehen, wie die Mail von »George Washington II« aus der Eingangsliste des Programmfensters verschwand.
    »In Ordnung«, sagte der Kahlköpfige. »Wenn Sie so weitermachen, Direktor, wird es eine gute Zusammenarbeit zwischen uns beiden.« Er lehnte sich zurück. »Zum praktischen Teil: Sie fahren noch heute zu der bekannten Adresse. Dort erhalten Sie Ihre weiteren Anweisungen. Und prägen Sie sich jetzt schon mal gut ein: Das Leben Ihrer Tochter wird davon abhängen, wie gut Sie die Anweisungen befolgen.«
    Shubert antwortete nicht sofort. Sekundenlang saß er stocksteif da. Dann, als er flüsterte, bewegten sich seine Lippen kaum.
    »Ich werde alles tun, was Sie sagen, Levitt. Alles. Aber ich schwöre Ihnen, wenn Deana auch nur ein Haar gekrümmt wird, töte ich Sie. Hier, in meinem Gefängnis, werde ich Sie töten.«
    Levitts Haltung änderte sich jäh. Seine Augen weiteten sich, und seine Gesichtsmuskeln erschlafften. Ungläubig stierte er auf die rechte Hand des Direktors. Sie ruhte auf der Schreibtischplatte, und sie war so plötzlich dorthin gelangt, als hätte er einen Zaubertrick angewendet.
    Aber die schwere Beretta in der Hand des Direktors war kalte, stählerne Wirklichkeit.
    ***
    Mr High hatte die Adresse des Ehepaars O’Farrell mit Hilfe der FBI-Kollegen in Newark herausgefunden. Dort, in der Stadt westlich des Hudson River, wohnten die Eltern der Ermordeten.
    Kurz nach zwei Uhr nachmittags trafen Phil und ich in dem

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