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2894 - Niemand stribt für sich allein

2894 - Niemand stribt für sich allein

Titel: 2894 - Niemand stribt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wolken und immer noch rauschender Regen erweckten den Eindruck, dass der Tag endgültig beschlossen hatte, sich gleich wieder zu verabschieden. Der Chef wies mit einer einladenden Handbewegung auf unsere gewohnten Plätze am Besuchertisch. Phil und ich setzten uns, versorgten uns mit Tassen und schenkten uns Helens Kaffee ein.
    »Wir haben eine weibliche Leiche in South Brooklyn«, erklärte Mr High. »Eine Zwanzigjährige namens Gillian O’Farrell. Sie hatte ihren Führerschein und ihren Studentenausweis bei sich. Die Datei mit dem bisherigen Stand der Ermittlungen habe ich Ihnen soeben per E-Mail geschickt.«
    »Eine Studentin«, folgerte ich und setzte meine Tasse ab, nachdem ich den ersten Schluck der brühheißen Wohltat genossen hatte. »Wurde sie ermordet?«
    »Der Notarzt ist genau dieser Meinung«, erwiderte der Chef. »Sie ist aus großer Höhe abgestürzt. So viel steht bislang fest. Die Kollegen vom Police Department haben uns sofort verständigt.«
    »Weil die Getötete aus einem anderen Bundesstaat stammt?«, mutmaßte Phil.
    »Auch das«, bestätigte der Assistant Director. »Aber es gibt einen weiteren Grund für die Zuständigkeit des FBI. Der Fundort der Leiche befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Speditionsgesellschaft G. P. Hines Shipping, Inc . Das war eine New Yorker Firma. In deren Konkursverfahren aber wurde die gesamte Liegenschaft von einer Immobiliengesellschaft gekauft, die ihren Sitz in New Jersey hat, nämlich Johnson & Schwartz, Realtors, Port Elizabeth, spezialisiert auf Hafengrundstücke.«
    »South Brooklyn«, überlegte ich. »Dann ist Red Hook wahrscheinlich nicht weit.«
    »In der Tat nicht«, antwortete Mr High. »Das Grundstück liegt an der Van Dyke Street, praktisch in Sichtweite vom Terminal. Die Grundstückspreise sind dort längst in astronomische Höhen geschnellt.«
    »Und das Gelände war nicht abgesperrt und gesichert?«
    »Darüber gibt es noch keine Informationen«, erwiderte der Chef. »Die Tote wurde erst vor einer guten Stunde gefunden – von einem Rentner, genauer gesagt von seinem Hund, mit dem er die übliche Morgenrunde machte.«
    »Da hat es dann wohl noch nicht geregnet«, schloss Phil. »Bleibt nur zu hoffen, dass die Spurensicherer schnell genug ihre Zelte aufgebaut haben.«
    »Wurden die Eltern der Getöteten schon ausfindig gemacht?«, fragte ich den Chef.
    »Laut Führerschein stammte Gillian O’Farrell aus Pennsylvania. Die Kollegen dort überprüfen gerade die Adresse, die in ihrem Führerschein genannt ist.« Mr High sah Phil und mich ernst an. »Ich gebe Ihnen Nachricht, sobald ich Näheres weiß. Fahren Sie jetzt nach South Brooklyn und übernehmen Sie den Fall.«
    ***
    Deana Shubert erwachte, doch sie spürte sofort, dass es kein richtiges Erwachen war. Es lief völlig anders ab als an einem normalen Morgen, nach einem erholsamen Nachtschlaf. Ein entscheidender Unterschied war, dass es dunkel blieb. Benommenheit lastete wie ein tonnenschweres Tuch auf ihr und machte ihr das Atmen zur Last. Sie fühlte sich wie gerädert, ihren Körper nahm sie nur teilweise wahr, spürte Arme und Beine nicht und konnte sich nicht bewegen. War sie gefesselt? Nicht einmal das konnte sie feststellen.
    Und sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wo sie war.
    Die Dunkelheit hüllte sie vollständig ein. Nicht der winzigste Schimmer von Licht drang zu ihr vor. Auch ihr Gehör war beeinträchtigt. Es war, als hätte jemand ihren Kopf einschließlich Augen und Ohren mit Lappen umwickelt. Sie glaubte, ein fernes Rauschen zu vernehmen, doch sie traute ihren eigenen Wahrnehmungen nicht. Was sie vernahm, konnte ebenso gut eine Sinnestäuschung sein.
    Sie begriff noch nicht, dass ihre Denkfähigkeit ebenso eingeschränkt war wie ihr Wahrnehmungsvermögen. Sie wusste nicht einmal, ob sie lag, saß oder stand. Andererseits war es kein Schwebezustand, in dem sie sich befand, dazu fehlte ihr die Leichtigkeit. Immerhin war ihr ja die Schwere ihres Atmens bewusst. Folglich konnte ihr Verstand nicht komplett ausgeschaltet sein. Ein Teil davon funktionierte offenbar.
    Als ihr dies bewusst wurde, schöpfte sie Hoffnung.
    Sie musste sich Ziele setzen, Aufgaben stellen. Stück für Stück musste sie Klarheit über ihre Situation gewinnen. Die Hoffnung verstärkte sich, das merkte sie deutlich. Doch gleichzeitig kam die Ungeduld. Es fiel ihr schwer, sie zu bezwingen, sich zu beruhigen. Sie wollte heraus aus der Misere, in der sie gefangen war. Dieser Wille wurde mit jedem ihrer

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