29 - Im Lande des Mahdi III
Allah!“ sagte Geri erstaunt. „Der Mahdi soll endlich gekommen sein? Und dieser heilige Mann lehrt, daß der Sklavenhandel keine Sünde sei?“
„Sogar daß er befohlen sei! Er wird schon durch diese Lehre allein das Christentum besiegen, welches die Sklaverei verbietet und also keine Männer hat, sich gegen uns zu wehren, die wir Hundertausende bewaffneter Sklaven gegen die Ungläubigen aussenden können. Sie werden also grad durch diejenigen niedergeworfen und zerschmettert, welche sie in Schutz nehmen wollen. Allah verderbe sie!“
„Zunächst möge er diesen einen Christen vernichten, der es gewagt hat, sich an uns zu vergreifen und deine Füße mit den Stöcken der Bastonade zu berühren!“
„Das wird er tun; ich bin ganz überzeugt davon! Allah kann unmöglich wollen, daß wir das neue, große Licht des Islam nur aufgehen sehen sollen, um uns hier ruhmlos von dem Raïs Effendina abschlachten zu lassen. Jetzt aber schweig! Ich habe über unsere Lage und über die Rettung aus derselben nachzudenken, und wenn ich spreche, werden die Schmerzen meiner Füße um das Doppelte vermehrt. Wenn ich diesen Giaur in meine Hände bekomme, soll er Qualen erleiden, als ob er hundert Füße hätte, auf die ihm die Bastonade gegeben worden ist.“
Sie hüllten sich nun in Schweigen; das heißt, so weit es sich auf gesprochene Worte bezog, denn still verhielt sich Abu Reqiq keineswegs, sondern sein Stöhnen und Seufzen ertönte ebenso fort, wie es das ganze, von mir belauschte Gespräch begleitet hatte. Weil es für mich nun keine Hoffnung gab, noch mehr zu hören und zu erfahren, entfernte ich mich leise von der Stelle, an welcher ich gelegen hatte, und kehrte zu den El Homr zurück. Als Ben Nil mich von weitem kommen sah, war er so klug, aufzuspringen und auch die anderen zum Aufstehen zu veranlassen. Diese vielen aufgerichteten Gestalten boten mir eine willkommene Deckung, daß ich mich in einem kleinen Bogen dem Platz nähern konnte, ohne von Abu Reqiq und Geri gesehen zu werden. Auf diese Weise blieb es diesen beiden unbekannt, daß ich nicht nur vom Lagerplatz weg, sondern sogar bei ihnen gewesen war.
Als wir uns dann wieder gesetzt hatten, warf mir Ben Nil einen fragenden Blick zu, den ich mit einem leichten Nicken des Kopfes beantwortete. Nun wußte er, daß es mir gelungen war, den Sklavenhändler und seinen Mülasim zu belauschen. Es war inzwischen der Inhalt der Taschen der Händler verteilt worden, der besonders bei Abu Reqiq reichlich ausgefallen war, wenn er auch nicht aus Gold bestanden hatte.
Mich beschäftigte natürlich das, was ich gehört hatte. Also Mohammed Achmed, der Fakir el Fukara, spielte sich jetzt als Heiliger, sogar als Mahdi auf! Ich konnte nicht daran zweifeln, daß es sich um dieselbe Person handelte, die wir in der Chala kennengelernt hatten. Seine Reise noch Kordofan war erwähnt worden; er war uns auf der Rückreise von dort begegnet. Die schwere Krankheit seiner Füße, welche er sich durch seine fromme Entsagung zugezogen haben sollte, war nichts als eine Folge der Bastonade, die ihm der Raïs Effendina hatte geben lassen, und daß er diesen und mich gern in seine Gewalt haben wollte, daß war mir leicht erklärlich; er wollte Rache nehmen, natürlich auch an mir, obgleich ich mich seiner erbarmt hatte, als er mit zerschlagenen Füßen im Sumpf lag. Wie er von dort weg und nach der Insel Aba gekommen war, das konnte mir gleichgültig sein; es genügte mir, zu wissen, daß er auf irgendeine Weise wieder heimgelangt war.
Um so wichtiger war mir der Ort, welchen der Händler El Michbaja genannt hatte. In welcher Gegend mußte er gesucht werden? Ich kannte keinen Ort dieses Namens am Nil, Ben Nil, den ich nachher fragte, auch nicht, und als ich mich später bei seinem Großvater erkundigte, hatte dieser ihn ebensowenig gehört und meinte, daß es eine ganz neu angelegte Niederlassung sein müsse. Zwischen unserer Fahrt stromaufwärts und jetzt waren allerdings Monate vergangen, denn ich erzähle nur die hervorragenden Ereignisse derselben, und die Zeit unserer Abwesenheit war mehr als lang genug, daß aus dem Fakir el Fukara inzwischen hatte ein Heiliger werden können und am Ufer des Nils ein Ort entstanden war, den es damals noch nicht gegeben hatte.
Dieser Ort schien aber nicht nur uns unbekannt zu sein; das ging aus seinem Namen hervor. El Michbaja heißt ‚das Versteck‘; es handelte sich also wahrscheinlich um eine geheimgehaltene Stelle, an welcher verkäufliche Sklaven
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