29 - Im Lande des Mahdi III
daß er es sofort erkennen muß, und sobald es erscheint, hat er es zu melden.“
„Dann wird es angegriffen?“
„Ja.“
„Was soll mit der Besatzung geschehen?“
„Sie kann getötet oder gefangengenommen und als Reqiq verkauft werden; aber zwei sollen unbedingt geschont werden, nämlich der Raïs Effendina und dieser Kara Ben Nemsi Effendi.“
„Warum?“
„Der ‚Heilige‘ will sie haben.“
„Wozu?“
„Das weiß man nicht. Er hat sie sich auf das allerstrengste ausbedungen, und du kannst dir denken, daß man ihm gern gehorsam ist. Wir sind in die Hände dieses Giaur geraten; das ist ein Unglück, welches vorübergehen wird, und bei jedem Unglück pflegt ein Glück zu sein.“
„So auch hier?“
„Ja. Es ist ein Glück für uns, daß der Raïs Effendina grad zu der Zeit angesegelt kommt, in welcher wir uns in El Michbaja befinden werden. Ich bin überzeugt, daß man uns dort die ganze gefangene Besatzung umsonst als Sklaven überlassen wird. Was man nicht tötet, muß verschwinden, und zum Verschwinden lassen bin ich wie kein anderer der richtige Mann.“
„Warst du schon einmal dort?“
„Auch nicht; aber ich kann mich auf Hubahr so verlassen wie auf mich selbst.“
„Ach, Hubahr ist also der, den du vorhin meintest?“
„Ja.“
„Ich habe ihm nicht viel zugetraut, denn er scheint nicht tapfer, sondern ein Feigling zu sein.“
„Feig ist er, ja; er fürchtet sich sogar im hellen Mondenschein, wenn er von weitem die Stimme der Hyäne hört, die ihm gar nichts anhaben kann. Ein Krieger ist er also nicht; aber zum Boten, Führer und Spion, da paßt er ausgezeichnet, und da er für uns nur dieses sein soll, so kann ich nicht mehr von ihm verlangen. Er ist mir von El Michbaja aus nicht nur sehr empfohlen worden, sondern er steht sogar unter dem Schutz des ‚Heiligen‘, den er persönlich kennt, denn er hat bei ihm auf der Insel Aba gewohnt und ist in den frommen Regeln und Satzungen der Terika es Samania einer seiner besten Schüler gewesen.“
„Maschallah – Gott tut Wunder! Wer hätte das von diesem Hubahr gedacht, der mit uns auf den Sklavenhandel gegangen ist und doch vor Angst zusammenzuckt, wenn nur der Hahn seiner eigenen Flinte knackt!“
„Es ist nicht notwendig, daß ein Streiter Allahs auch ein kühner Krieger im irdischen Sinn ist. Der Islam braucht außer den streitbaren Schwertträgern, welche seine Fahne in alle Länder tragen sollen, noch viel nötiger auch kluge, listige Bekenner, von denen ein einziger durch seine Verschlagenheit mehr, viel mehr leisten kann als tausend Asaker, die nur durch die Kraft ihrer Arme wirken. Das hat Mohammed Achmed selbst sehr oft gesagt und gelehrt.“
„So heißt der Heilige?“
„Weißt du das noch nicht? Habe ich noch nie mit dir von ihm gesprochen? Du widmest deine ganze Kraft und alle deine Gedanken dem Sklavenhandel; aber nebenbei solltest du dich doch auch um die Ereignisse und Personen kümmern, welche für den Islam von Wichtigkeit sind. Mohammed Achmed Ibn Abdullahi war ein Anhänger des berühmten Scheich Mohammed Scherif von der Samania. Er entzweite sich mit ihm und ging zur Terika des Scheiches el Gureschi über. Dadurch wurde er berühmt. Er wurde der Fakir el Fukara genannt und wohnte auf der Insel Aba, wo er den Titel eines Sahed erhielt. Er wollte die hervorragenden Anhänger des Islam in den westlichen Gegenden kennenlernen und machte darum eine Reise nach Kordofan. Von da zurückgekehrt, war er eine Zeitlang sehr krank. Er konnte nicht gehen, denn er hatte diese Reise als Sahed meist zu Fuß gemacht und dabei seine Sohlen im heißen Sand so verletzt, daß fast kein Mittel Heilung bringen wollte. Die Schmerzen, welche er infolge dieser seiner Entsagung auszustehen hatte, vermehrten den Ruf seiner Heiligkeit, und es hatten sich in wenigen Wochen so viele Schüler und Jünger um ihn gesammelt, daß er jetzt eine Macht besitzt, wie sie vor ihm noch kein Heiliger besessen hat. Als ich zum letztenmal von ihm hörte, sagte man sogar, er sei der Mahdi, welchen wir schon seit Jahrhunderten erwarten; er werde den reinen, geläuterten Glauben lehren und dann die Streiter des Islam siegreich in alle Gegenden der Erde führen, um überall die grüne Fahne des wahren Glaubens aufzupflanzen. Nun weißt du, wen du unter dem ‚Heiligen‘ zu verstehen hast, und da Hubahr einer seiner besten Schüler ist, wirst du ihm von jetzt an dein Vertrauen schenken, welches du ihm bisher verweigert hast.“
„Allah, Allah,
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