29 - Im Lande des Mahdi III
ergrimmt mit deinen Zweifeln, darum hat er die Trübsal über dich ausgegossen, in deren Flut du untergehen wirst, wenn du dich nicht zu seiner heiligen Terika bekehrst. Wenn du das aber tust, so wird er dich erhöhen, denn Allah hat dir die Gabe der überwältigenden Rede verliehen. Er ist der Mahdi, nach welchem du so lange vergeblich suchtest!“
„Ich suche nicht mehr nach dem Mahdi, sondern nur noch nach der Liebe“, klang es matt und hohl zwischen den farblosen Lippen hervor.
„Liebe! Das ist der Wahnsinn, mit welchem du auch den Heiligen so oft geärgert hast. Du hast ihm sogar von jenem ungläubigen Wurm erzählt, dem du die Ansteckung zu dieser deiner Geisteskrankheit verdankst. Du sollst erfahren, daß wir ihn kennen. Der Teufel hat ihm den Weg nach dem Sudan gewiesen, wo er den Eingang zur ewigen Verdammnis findet.“
„Chodeh – o Gott!“ rief da Ssali aus, indem er sich mit einem schnellen Ruck hoch aufrichtete. „Kara Ben Nemsi Effendi befindet sich am Bahr el Abiad?“
„Ja. Er wird in einigen Stunden von der ‚Faust des Heiligen‘ zermalmt oder zerschmettert werden!“
Da flog es wie ein Schimmer der einstigen Begeisterung über das Gesicht des Gefangenen; er hob die Rechte wie zur heiligen Beteuerung und rief:
„Es gibt hier keine Faust, die ihn zerschmettern wird, sondern die seinige wird alle seine Feinde treffen! Ich kenne ihn; die Liebe Gottes ist mit ihm, und keines Menschen Haß kann ihn besiegen!“
„Schweig, Unseliger! Willst du den verfluchten Giaur verteidigen, der ein Feind aller wahren Gläubigen ist? Bedenke, daß du als Sklave verkauft werden sollst, wenn du dein Herz der einzig wahren Lehre nicht öffnest. Dieser Anhänger des Gekreuzigten ist der Todfeind des Murabit und muß zur Hölle fahren. Willst du mit ihm untergehen?“
„Lieber mit ihm in die Hölle, als mit dem Murabit in den seligsten aller eurer Himmel! Sein Glaube führt aus der Hölle in den Himmel; eure haßsprühende Lehre aber macht die sieben Himmel zu Höhlen der Verdammnis. Schau mich nur an! Ist der Schlund des Hasses, in den ihr mich geworfen habt, der wahre, der richtige Weg zu den versprochenen Seligkeiten des Propheten? Sind die Krallen der unverdienten Rache, die ihr mir in den Leib und in die Seele schlagt, etwa die weichen Huri-Arme, welche den Moslem im Jenseits empfangen und umfangen sollen? Indem du diesen Christen erwähntest, hast du alle eure auf mich gerichteten Absichten der Fäulnis übergeben. Du nennst ihn einen Hund, einen Wurm, einen Giaur, aber er allein ist der wahrhaft Gläubige, während eure Seelen häßliche Säcke der Verderbnis sind. Er ist da; er ist in der Nähe! Nun weiß ich, was und für wen ich beten soll!“
„Etwa für ihn, du Zweifler mit dem faulenden Gehirn?“ donnerte ihn Jumruk an.
„Ja, für ihn“, antwortete der Gefragte ruhig.
Da sprang der Gebieter der Michbaja auf, trat hart zu ihm heran und zischte ihm zu:
„So sei dir ein letztes, ein allerletztes Wort gesagt. Ich gebe dir Zeit bis zur nächsten Morgenröte; da wird sich dieser von Allah Verfluchte in meinen Fäusten winden. Bekennst du dich dann zu uns, so sollst du ein hoher und berühmter Führer von vieltausend Gläubigen sein; fährst du aber fort, zu reden wie in diesem Augenblick, so wird dir das große Glück werden, das Schicksal dieses deines vergötterten Giaur zu teilen.“
„Um da meine Entscheidung zu hören, brauchst du nicht bis zur Morgenröte zu warten; ich verzichte auf den Ruhm, den ihr mir bietet, und wähle den Giaur!“
Welche Freude mir dieser Ausspruch verursachte, brauche ich nicht zu sagen. Wie gern hätte ich Ssali einen Wink gegeben, damit er merke, daß ich hier so nahe bei ihm sei. Aber die Vorsicht gebot mir, zu schweigen. Wenn er sich nicht beherrschen konnte, waren die daraus entstehenden Folgen unberechenbar. Es war mir aber nicht bestimmt, diesen Vorsatz des Schweigens auszuführen; Jumruk selbst machte es mir unmöglich. Er trat einen Schritt von Ssali zurück und sagte im Ton des festesten Entschlusses:
„Nun wohl, du sollst deinen Willen haben; dein Schicksal ist besiegelt!“ Und sich zu mir wendend, fuhr er fort: „Ich habe den Giaur noch nicht gesehen; du aber, Ben Sobata, bist mit ihm von Kaka bis fast hierhergefahren und hast ihn also kennengelernt. Sag, ist dieser Hund denn wirklich imstande, jedem Menschen, den er anbellt, den Kopf zu verdrehen?“
Jetzt konnte ich den beabsichtigten Wink geben; aber vorsichtig, außerordentlich
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