Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
29 - Im Lande des Mahdi III

29 - Im Lande des Mahdi III

Titel: 29 - Im Lande des Mahdi III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
vorsichtig mußte ich sein. Zunächst durfte er mich nur an der Sprache erkennen. Darum antwortete ich, ohne sie zu verstellen:
    „Er ist weder ein schöner Mann, noch kann man ihm sonst etwas Außerordentliches ansehen. Ich glaube, wenn du ihn erblicktest, würdest du enttäuscht sein.“
    „Vielleicht verstellt er sich?“
    „Das ist möglich.“
    Ich bemerkte, daß Ssali beim Klang meiner Worte aufhorchte, mich erst sehr scharf ansah und dann die Augen schloß. Wollte er etwa das frohe Strahlen derselben verbergen? Das gab mir den Mut zu der Bemerkung:
    „Richtig ist, daß er ein eifriger Jäger ist. Ehe er den Raïs Effendina traf, ist er am blauen Nil in der Oase Khoi gewesen und dann hinauf zur Musallah el Amwat geritten, wo er die berühmte Bärin der Unsterblichkeit getötet hat.“
    „Eine Bärin der Unsterblichkeit? Davon hat man mir noch nichts erzählt!“
    „Es ist aber trotzdem wahr. Dann hat er mit dem großen Araberstamm der Bebbeh Freundschaft geschlossen und einen von ihnen, den er im Khan zu Khoi traf und den man zum Sklaven machen wollte, aus der Gefangenschaft befreit, was nur dadurch möglich wurde, daß die beiden sich so verhielten, als ob sie sich noch nie gesehen hätten.“
    „Das muß sehr unterhaltend zu hören sein, und ich bitte dich, es mir morgen zu erzählen, wo ich mehr Zeit habe als jetzt.“
    Nach diesen Worten wendete sich der ahnungslose Mann wieder an Ssali Ben Aqil:
    „Du wirst auch heut abend nichts zu essen bekommen und morgen mit dem Christen zusammengekettet werden. Da könnt ihr miteinander von der Liebe sprechen, die du suchest, ohne sie zu finden!“
    „Ich habe sie gefunden“, antwortete Ssali in ganz anderem Ton als bisher. „Ich bin überzeugt, daß ich morgen bei ihm sein werde, und freue mich darauf, wie die Blume sich nach langem Winter auf die Sonne des Frühlings freut. Allah gebe dir in dieser Nacht einen ruhigen Schlaf und am Morgen ein fröhliches Erwachen, o Jumruk el Murabit!“
    Er hatte mich erkannt und verstanden und war, als er jetzt fortgeführt wurde,überzeugt, daß ihn nun die ‚Faust des Heiligen‘ nicht mehr festhalten und martern könne. Die Wünsche, welche er in Beziehung auf den ruhigen Schlaf und das fröhliche Erwachen aussprach, waren natürlich ironisch gemeint, und wenn ein Mann in seiner Lage ironisch werden kann, dann muß er überzeugt sein, daß es nicht so schlimm um ihn stehe, wie von seinen Peinigern angenommen wird.
    Bald wurde das Aschia gesprochen, das Gebet nach der Dämmerung, wenn es ganz dunkel geworden ist, und dann schickte Jumruk nach fünf Männern, welche kommen und uns begleiten sollten. Als der Bote fort war, fragte er mich:
    „Verstehst du die Sprache der Schilluk, o Ben Sobata?“
    „Ja“, antwortete ich, meiner Rolle getreu.
    „Und die der Nuehr?“
    „Auch.“
    „Ist dir auch diejenige der Dinka bekannt?“
    „Nein.“
    Es wäre, weil ich jetzt zum erstenmal jenseits des weißen Nils gewesen sein wollte, vielleicht aufgefallen, wenn ich auch hier bejahend geantwortet hätte, und doch war mir grad diese Sprache ziemlich geläufig geworden, weil ich während unseres Aufenthaltes südlich dieses Flusses täglich Gelegenheit gehabt hatte, mich in ihrem Gebrauch zu üben. Seine drei Fragen wären unter andern Verhältnissen nicht die Veranlassung gewesen, mein Mißtrauen zu erregen, unter diesen Umständen aber fielen sie mir auf, zumal sie ohne allen Zusammenhang gestellt wurden. Als ich die dritte verneinte, nickte er befriedigt mit dem Kopf und sprach dann von etwas vollständig anderem. Was hatte er für einen Grund gehabt, sich nach meiner Sprachfertigkeit zu erkundigen? Ich brauchte gar nicht lange zu warten, um denselben kennenzulernen. Es trat nämlich ein sehr reichlich bewaffneter Kerl ein, der wahrscheinlich keine untergeordnete Stelle bekleidete, denn er war ungewöhnlich gut gekleidet und grüßte mit einem vertraulichen Kopfnicken anstatt mit der Verbeugung, welche ein gewöhnlicher Mann nicht hätte unterlassen dürfen. Schon öffnete er den Mund, um zu sprechen, aber Jumruk gab ihm einen hastigen Wink, zu schweigen und sagte in entschuldigendem Ton zu mir:
    „Du mußt verzeihen, wenn ich gegen dich, der du mein Gast bist, die Unhöflichkeit begehe, mit diesem Mann in einer Sprache zu reden, welche du nicht verstehst; die arabische ist ihm vollständig unbekannt.“
    Als der Eingetretene das hörte, machte er ein erstauntes Gesicht, war aber so klug, seinen Zügen dann schnell einen

Weitere Kostenlose Bücher