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290 - In den Gärten von Sha'mar

290 - In den Gärten von Sha'mar

Titel: 290 - In den Gärten von Sha'mar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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an den Boden, rissen finger- bis faustgroße Fleischstücke aus den Leibern. Die Antilopen röhrten in Panik, wollten die große Herde zu Hilfe rufen.
    Die Leitböcke zögerten für einen Moment - und eilten dann weiter, zogen die mehreren Hundert Tiere ihrer Herde hinter sich her. Sie wussten wohl, dass sie gegen diese gespenstischen, mindestens armlangen Fleischfresser keine Chance hatten. Das Wohl der Gemeinschaft hatte vor dem Schicksal des Einzelnen zu stehen.
    Aruulas Hände krallten sich schmerzhaft in einen von Matts Oberarmen. Alle sahen sie zu, wie immer mehr der Wurmgeschöpfe ans Tageslicht drangen. Sie lebten verborgen im Uferschlamm des kleinen Gewässers um nun, da es Beute zu schlagen gab, mit unglaublicher Vehemenz über ihre Opfer hereinzubrechen. Entlang einer Strecke von gut und gern fünfhundert Metern riss der Erdboden auf.
    Es war ein Gemetzel. Die so verzweifelt klingenden Schreie verstummten, Blut färbte den Sand dunkelrot. Die Würmer fielen in ihrer unglaublichen Gier sogar übereinander her. Meterhohe Knäuel bildeten sich.
    Schweigend sahen Matt und seine Begleiter aus der Sicherheit ihres Luftschiffs zu, während sie sich immer weiter vom Ort des Geschehens entfernten. Einzig Xij Hamlet kümmerte sich kaum um den Kampf des Lebens unter ihnen. Sie fuhr mit einem Tuch über ihren Kampfstock und reinigte ihn.
    Allmählich beruhigten sich die Würmer. Die Löcher, mit denen sie das Land perforiert hatten, verschwanden allmählich wieder. Zurück blieben bleiche Gerippe und eine Vielzahl toter Würmer. Doch auch darum kümmerte sich die Natur bereits: Die Kolks, die das Geschehen bislang aus der Höhe beobachtet hatten, tauchten nun hinab und bedienten sich an den schlappen Körpern. Sie bekamen ein Festmahl serviert, von dem sie wohl einige Zeit zehren würden.
    »Mein Hungergefühl hat gerade drastisch nachgelassen«, sagte Alastar und wandte sich von der Reling ab. »Ich schlage vor, dass wir erst wieder zu Boden gehen, wenn wir das Gebirge hinter uns gelassen haben.«
    »Eine ausgezeichnete Idee.« Matt verkniff sich ein Lächeln. Es war nicht leicht, auf alle Befindlichkeiten seiner Weggefährten Rücksicht zu nehmen. Allesamt besaßen sie ausgeprägte Charaktere. Weder Rulfan, noch Xij, noch Alastar und schon gar nicht Aruula ließen sich gerne etwas sagen. Seine Rolle als Anführer dieses kleinen Trupps wurde jede Minute ihrer Reise in Frage gestellt.
    Ein Unwetter dräute am Horizont. Erste Blitze zerfurchten das Firmament, schwarze Wolkenbänke kündigten Regen an.
    »Ich fürchte, allzu lange können wir trotzdem nicht in der Luft bleiben«, seufzte Matt und deutete auf die dunklen Wolken. »Da kommt was auf uns zu, in das ich lieber nicht geraten möchte…«
    ***
    Matt Drax dachte an die Lehrinhalte zum Faradayschen Schutzkäfig, die er während seiner Schulzeit vermittelt bekommen hatte, und hoffte inständig, dass sie zutrafen.
    Draußen tobte ein Unwetter, das ihn fürchten ließ, dieser Landstrich wäre dem Untergang geweiht. Blitze zuckten aus der Dunkelheit herab und verfingen sich in den kümmerlichen Resten eines ehemaligen Dorfs. Dort ragte das Eisengestell eines mutmaßlichen Wasserturms hoch, unmittelbar daneben zog ein Funkmast weitere Schläge an.
    Sie hatten ihr Luftschiff so tief wie möglich über der Erdoberfläche vertäut und zwei lange Kabel als Blitzableiter zu Boden gelassen. Das über die Ballonhülle gezogene Geflecht leitete die elektrischen Schläge in den Boden ab; die Gondel blieb isoliert, wenn alles richtig vertäut worden war.
    »Laviniaa zürnt«, murmelte Aruula und drückte sich eng an Matt. »Wir sollten ihr ein Opfer bringen.«
    Matt war verblüfft. Aruulas Götterglaube war für ihn mehr ein metaphorisches Festhalten an alten Gewohnheiten, aber nichts, was sie tatsächlich praktizierte. »Ein Opfer?«, fragte er. Seinem Magen ging es gar nicht gut. Die Gondel schwankte im Sturm heftig hin und her.
    »Laviniaa ist nur schwer zu besänftigen. Werfen wir Alastar über Bord.«
    »Das ist doch wohl nicht dein Ernst?«
    Aruula grinste ihn schief an. »Natürlich nicht.«
    Obwohl sie es glaubhaft sagte, wusste Matt, dass sie nicht traurig gewesen wäre, Alastar auf diese Weise loszuwerden. Der Chefexekutor hatte nicht nur den Tod einer ganzen Guulsippe zu verantworten, die Aruula hatte schützen wollen [1] - er trug darüber hinaus ein Gerät bei - oder vielmehr in sich, das Aruulas telepathische Kräfte blockierte. Matt vermutete ein technisches

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