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291 - Die heilige Stadt

291 - Die heilige Stadt

Titel: 291 - Die heilige Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Trotzdem schaffte sie es, den Kadaver auf die Felswand zuzuschieben und ihn schließlich auf einem Vorsprung zwischen spitzen Felsnadeln zu verankern.
    Triumphierend stellte Manil'bud den Schneidemodus des Kombacters ein. Mosh'oyot konnte ihre Gefühlslage an der Farbe des Scheitelwulstes, der sich ins Dunkelrote verfärbt hatte, genau erkennen. Mit der Energieklinge durchtrennte die Jungmutter den Schuppenpanzer am Hals der Bestie, danach die Unterhaut und die Muskelstränge, bis sie endlich auf die Halsschlagader stieß und sie aufschnitt.
    Ekelhaft stinkendes Blut schoss ins Wasser und breitete sich wie ein Schlierenteppich aus. Mosh'oyot spürte ein würgendes Gefühl in der Kehle, obwohl er aus seinem Überlebenstrieb heraus selbst zum Blutsäufer und Fleischfresser geworden war. Er würde sich allerdings bis zu seinem Lebensende nicht daran gewöhnen.
    Bei Manil'bud schien das anders zu sein. Sie hing jetzt an der Halsschlagader der toten Bestie und soff wie eine Verdurstende das Blut in sich hinein. Dabei zuckte und wand sie sich in einer Weise, als diene dieser unglaubliche und unwürdige Vorgang nicht nur ihrem Überleben, sondern bereite ihr darüber hinaus Vergnügen, vielleicht sogar Lust.
    Mosh'oyot hatte es bisher noch nicht genau ergründet, hegte aber den Verdacht, dass dem tatsächlich so war. Und das verstärkte sein würgendes Gefühl noch. Er erinnerte sich daran, dass es solche Fälle auch auf dem Rotgrund schon gegeben hatte, wenn auch sehr vereinzelt. Es war pervers, Fleisch zu fressen, nicht nur, weil es die Drüse an der Schädelbasis anregte, die der Sitz der Angriffslust im Besonderen und des Bösen im Allgemeinen war. Die natürliche Nahrung der Hydree waren Pflanzen, Algen und Plankton. Immer schon gewesen.
    Mosh'oyot seufzte leise. Er zögerte einen Augenblick. Dann schwamm er dem Teppich aus hochsteigenden Blasen entgegen, den seine Gefährtin in ihrem zuckenden, orgiastischen Blutrausch produzierte, und tauchte in ihn ein.
    Manil'bud fuhr herum, als sie den Schatten neben sich bemerkte. »Ah, du bist es«, sagte sie und hielt einen Augenblick inne. »Komm, Mosh'oyot, trink mit mir. Wir müssen bei Kräften bleiben.«
    Der gierige Ausdruck in den Augen der Jungmutter erschreckte Mosh'oyot. Er konnte nicht verhindern, dass sich sein Scheitelwulst ins Dunkelviolette verfärbte und so seine Angst sichtbar werden ließ. Trotzdem sah er es als seine Pflicht an, Manil'bud zu mahnen.
    »Ich will nichts trinken, Jungmutter, denn ich bin noch satt von der letzten Mahlzeit. Sie ist noch kein Licht her. Auch du kannst nicht hungrig sein, denn du hast mehr gegessen und getrunken als ich. Deswegen wäre es nicht nötig gewesen, den Kombacter einzusetzen. Seine Energie geht zur Neige, da solltest du sie nicht unnötig verschwenden.«
    Ein aggressives Rasseln stieg aus der Kehle der Jungmutter. Manil'bud schwamm blitzschnell an ihren Begleiter heran. Ihre Arme schossen vor, die Hände verkrallten sich in den Halsschuppen Mosh'oyots. Sie schüttelte ihn ein paarmal, ohne dass er sich gegen die mit großer Kraft geführte Attacke wehren konnte. Als er bereits befürchtete, sie breche ihm den Hals, ließ sie ihn wieder los und wich zurück.
    »Pass auf, was du sagst, Alter«, klackerte sie ihn an und hatte sich dabei noch immer nicht richtig unter Kontrolle. »Ich weiß schon, was ich tue. Und wenn's dir nicht passt, dann geh doch deiner eigenen Wege. Wenn du bei mir bleiben willst, dann sag mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe, verstanden? Wenn ich mich recht erinnere, bist du ganz allein an unserer Lage schuld. Hindere mich also nicht, stark zu bleiben, um unser Überleben zu sichern.«
    »Schon gut«, murmelte Mosh'oyot schockiert und machte eine Geste der Demut. Er wusste nur zu genau, dass er bei ihr bleiben musste. Wäre er auf sich alleine gestellt, bedeutete das sein sofortiges Todesurteil. Andererseits begann nun das, was er schon die ganze Zeit befürchtet hatte. Und auch das konnte seinen Tod herbeiführen.
    Wie immer ich mich auch entscheide, ich treibe doch nur das Dunkle mit dem Finsteren aus…
    Mosh'oyot wandte sich ab, als die Jungmutter begann, nun auch große Stücke Muskelfleisch aus dem Kadaver herauszutrennen und gierig zu fressen. Ja, es war ein Fressen, so wie Tiere es taten, und in diesem Moment war Manil'bud nicht mehr als ein Tier.
    Für einen kurzen Moment wünschte sich der Hochrat auf den Rotgrund zurück, raus aus diesem Albtraum und wieder hinein in das

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