2946 - Deborah - verzweifelt gesucht
zwischen halb zwei und zwei Uhr?«
Sie blickte erschrocken auf, fasste sich schnell.
»Als Timothy anrief, kam ich gerade hierher zurück. Ich war in der Nachtapotheke hier um die Ecke und habe mir ein Schmerzmittel besorgt.«
Dann hatte sie für die Mordzeit ein Alibi – im Gegensatz zu ihrem Geliebten.
»Miss Barnes, Sie müssen mich jetzt ins Field Office begleiten, wo Ihre Aussage schriftlich aufgenommen wird. Bitte, ziehen Sie sich etwas an.«
Sie versuchte, mich davon abzubringen, indem sie mir zusagte, später am Tag freiwillig zu kommen, aber ich ließ nicht locker. Ihre Aussage war wichtig, denn nun verfügte Timothy Bradshaw über kein Alibi mehr.
Als Myrna in ihrem Ankleidezimmer verschwand, rief ich im Field Office an und bat darum, zwei Agents ins New Claridge zu schicken, um Timothy Bradshaw und seine Securityleute festnehmen zu lassen. Außerdem musste Agent Andy Summer davon unterrichtet werden, damit er seinen Schützling bis zum Eintreffen der Verstärkung nicht aus den Augen ließ. Danach sprach ich mit Phil.
»Wir haben den Aufruf aus dem Netz genommen. Anhand der bisherigen Reaktionen ist aber anzunehmen, dass bereits eine große Anzahl von Leuten den Text gelesen und womöglich weitergeleitet hat.«
Jetzt mussten wir davon ausgehen, dass ein eventueller Entführer von Deborah unter Druck geriet. Keine gute Situation. Fast noch beunruhigender war aber, dass sich immer noch kein Kidnapper gemeldet hatte.
***
Als ich eine knappe Stunde später mit Myrna Barnes im Field Office eintraf, kam uns Phil bereits mit sorgenvoller Miene entgegen.
»Mister Bradshaw hat sich aus dem Staub gemacht«, raunte er mir zu. »Er oder einer seiner Security-Leute hat Agent Summer außer Gefecht gesetzt, bevor ihn der Anruf unseres Büros bezüglich der Festnahme von Bradshaw erreichte. Unser Verdächtiger muss den Braten gerochen haben. Aber wie?«
Abrupt blieb ich stehen. »Er ist geflüchtet?«
Phil nickte. Myrna Barnes neben mir blickte unbeteiligt zu Boden, als ich mich zu ihr umdrehte.
»Nun ist mir alles klar. Ihre angebliche Übelkeit, das Hinauszögern Ihrer Aussage und dass Sie Zeit geschunden haben, indem Sie nicht gleich mit hierher wollten. Sie haben ihn gewarnt, als Sie im Bad waren. Leider ist er jetzt verdächtiger als vorher – um nicht zu sagen, er ist unser Hauptverdächtiger!«
Vermutlich hatte Myrna Timothy eine SMS geschickt und ihn gewarnt, dass sein Alibi geplatzt war. Wir würden es sehen, denn nun hatten wir allen Grund, ihr Mobiltelefon zu beschlagnahmen und auszuwerten.
Myrnas Augen verengten sich zu Schlitzen. »Er ist unschuldig. Ich weiß es. Er wird versuchen, es zu beweisen.«
»Das sollte er uns überlassen, er hat mit seiner Internet-Aktion bereits genug Schaden angerichtet«, warf Phil scharf ein.
»Was ist mit den Security-Männern? Haben wir eine Chance, über ihren Arbeitgeber herauszufinden, wo sie stecken? Sie müssen ja noch bei Bradshaw sein.«
»Keine Chance, Jerry. Die Firma hat ihren Geschäftssitz auf den Cayman Islands. Sie schicken ihre Leute von dort aus überall hin. Agent Summer hat uns gesagt, dass einer der beiden nach dem Zusammentreffen mit dir bereits abgezogen wurde. Bradshaw könnte aber mit dem anderen unterwegs sein. Der hat Summer außer Gefecht gesetzt.«
»Scheint, als stünde hier Bradshaws Anordnung über allem.«
»Kann ich dann wieder gehen?«, mischte sich Myrna Barnes in unser Gespräch ein.
»Sie werden jetzt erst einmal Ihre Aussage machen und dann prüfen wir, ob wir Sie wegen Behinderung von Ermittlungen gleich hierbehalten. Auch Ihr Alibi muss überprüft werden. Da Sie ein Kind von Bradshaw erwarten, können wir ein Mordmotiv nicht ausschließen«, antwortete ich ihr.
Phils Augen wanderten bei meinen Worten interessiert zu Myrna Barnes. Er sagte nichts, bis ich die PR-Agentin hatte zur Vernehmung abführen lassen.
»Falls Myrna Marjorie umgebracht hat, vielleicht weil sie ihrem Glück mit Timothy im Weg stand, wo ist dann Deborah?«, stellte ich laut die Frage, die immer noch unbeantwortet war.
***
Als Timothy Bradshaw das Vibrieren des Mobiltelefons spürte, wurde er sofort von einer starken Nervosität erfasst. Dieses Gerät war nur für die Kommunikation mit weniger als einer Handvoll Menschen gedacht. Dazu gehörte seine Geliebte Myrna, und es war deren Klingelzeichen, das ihn nun erreichte. Drei Mal surrte das Telefon, dann blieb es kurz stumm.
»Ich gehe ins Bad«, kündigte Bradshaw den beiden Männern an,
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