2946 - Deborah - verzweifelt gesucht
und zeigte, was er von Timothy Bradshaws Aktion hielt.
»Wo ist Deborah?«, lautete die Überschrift. Darunter drei Fotos der Verschwundenen. Sie zeigten eine durchschnittlich hübsche, überdurchschnittlich gestylte Blondine, die eifrig so tat, als sei das ganze Leben ein einziger Spaß, bestehend aus Shopping, Party und Glamour.
»Hohe Belohnung ausgesetzt für Hinweise darauf, wo sich die junge Frau zurzeit aufhält«, murmelte Phil mit immer entsetzter werdendem Gesichtsausdruck vor sich hin. »Ja, ist denn der Mann total verrückt!«
Inzwischen hatte der Mord an Marjorie Bradshaw in den Medien einen riesigen Hype ausgelöst. Das Verschwinden ihrer Tochter hatten wir bisher aus der Presse herausgehalten. Und nun das! Jetzt wäre die Sache in Windeseile herum.
»Schau mal, was als Kontaktadresse angegeben ist.« Ich deutete auf die Anschrift von Myrna Barnes’ Büro.
»Lass uns hinfahren, damit dieser Aufruf sofort wieder von der Bildfläche verschwindet.«
Das musste mir Phil nicht zweimal sagen. Wenige Minuten später saßen wir im Jaguar und kurvten durch den morgendlichen Verkehr.
Durch die Glastür von Myrna Barnes’ PR-Agentur sahen wir, dass die Sekretärin bereits anwesend war.
»Agents«, sagte sie erschrocken, als sie uns kommen sah. »Myrna ist noch nicht hier. Sie kommt normalerweise erst gegen zehn.«
»Geben Sie uns ihre Privatadresse. Und dann nehmen Sie bitte unverzüglich diese Meldung über Deborah Bradshaw aus dem Netz.«
»Aber das geht doch nicht …«, wandte sie unsicher ein.
»Doch, das geht. Ich helfe Ihnen.« Phil zog sich bereits einen Stuhl heran und platzierte sich neben die verwirrte Schreibkraft.
»Ich fahre zu Myrna Barnes. Die Adresse bitte«, erinnerte ich die paralysiert wirkende Frau. Sie nannte mir eine Anschrift unweit des Rubin Museum of Art an der West 17th Street. Ich drehte mich auf dem Absatz um, denn ich hatte keine Zeit zu verlieren.
***
Myrna Barnes öffnete die Tür zu ihrem Apartment und prallte erschrocken zurück, als sie mich sah.
»Agent Cotton, was wollen Sie denn hier?« Ihre Stimme klang wenig erfreut.
»Können Sie sich das nicht denken? Sie behindern die Arbeit des FBI und bringen eine junge Frau in Lebensgefahr!«
Sie bedachte mich mit einem missmutigen Blick, ließ mich aber doch herein. Das Loft der PR-Managerin war nicht besonders groß, aber mit ausgesuchtem Geschmack sehr teuer eingerichtet. An den gekalkten Wänden hingen Gemälde vorwiegend junger Künstler, die gerade an der Schwelle zum Ruhm standen. Falls Myrna diese Sachen rechtzeitig gekauft hatte, waren sie jetzt ein Vielfaches ihres Kaufpreises wert.
Die Einrichtung bestand aus einer eleganten Ledersitzlandschaft, die um einen niedrigen Tisch aus lackiertem Treibholz und einer massiven Glasplatte arrangiert war, und einigen Sideboards. Auf einem davon stand eine ultramoderne Musikanlage, ein paar herumliegende Jazz-CDs zeigten den Geschmack der Wohnungsinhaberin.
Myrna Barnes war hinter den Tresen der offenen Küche getreten. Der Duft nach frisch gepresstem Orangensaft lag in der Luft. Ein Becher Joghurt, eine Flasche Milch und eine Tüte mit Fertigmüsli standen auf der Theke.
»Nun, Agent Cotton, ich nehme nicht an, dass Sie mit mir frühstücken möchten.«
»Nein, Miss Barnes, das möchte ich nicht. Mein Partner ist gerade dabei, mit Ihrer Sekretärin den Aufruf aus dem Internet zu entfernen. Hoffen wir, dass er noch keinen allzu großen Schaden angerichtet hat.«
Myrna warf mir einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte.
»Wer hat Sie beauftragt, diese Belohnung auszusetzen?«
»Mister Bradshaw. Er ist mein Auftraggeber. Schon vergessen?« Ihre Stimme war spitz. Sie hob das Glas mit Saft und trank ruhig ein paar Schlucke.
»Mister Bradshaw ist seit gestern unter ständiger Beobachtung. Wir überwachen seine Telefone und sein Internet. Wie hat er Sie kontaktiert?«
Myrna setzte das Glas mit einem lauten Knall ab und fuhr sich wenig damenhaft mit dem Handrücken über die Lippen. Sie sah verwirrt aus und ich begriff, dass sie von der Überwachung nichts gewusst hatte.
»Ihr Telefon!« Meine Stimme klang so hart und kompromisslos, dass Myrna Barnes meiner Aufforderung sofort nachkam.
Während die PR-Agentin nervös mit einem Löffel spielte, scrollte ich mich schnell durch das Bedienungsmenü.
Unter Timothy hatte sie zwei private Nummern abgespeichert, von einer davon war sie am Vortag angerufen worden. Ich zögerte nicht lange und drückte die
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