2946 - Deborah - verzweifelt gesucht
Wahlwiederholung. Es tutete lange, aber niemand hob ab. Myrnas Augen waren dunkel, als ich ihr das Gerät zurückgab. Ob vor Sorge oder aus Wut, konnte ich nicht erkennen.
»Deborah ist Mister Bradshaws einziges Kind, ich verstehe, dass er außer sich ist vor Sorge. Aber mit dem, was Sie beide gerade tun, gefährden Sie das Leben der jungen Frau. Kein Pluspunkt für einen besorgen Vater.«
Myrna Barnes wandte sich ab. Die Art und Weise, wie sie dabei ihre Hand schützend unter ihren Bauch legte, sprach Bände. Im Gegensatz zum Vortag trug sie an diesem Morgen Sportkleidung. Eine blaue Yogamatte, die im hinteren Teil des Lofts auf dem Fußboden lag, zeigte, warum. Unter der Kleidung, die eng anlag, zeichnete sich deutlich ein kleiner Babybauch ab.
Myrna Barnes hatte meinen Blick bemerkt und nahm die Hand hastig weg.
»Sie erwarten selbst ein Kind, habe ich recht? Sein Vater würde doch vermutlich auch Verantwortungsbewusstsein zeigen und nichts davon halten, es in Gefahr zu bringen.«
Die PR-Managerin schaute mich irritiert an, bevor sie heftig antwortete: »Sein Vater zeigt Verantwortungsbewusstsein. Auch jetzt schon. Er will seine Tochter zurück. Das FBI scheint ja nicht besonders schnell voranzukommen!«
Wütend griff sie nach ihrem Glas und stürzte den Rest des Safts hinunter.
Einen Moment lang dachte ich, ich hätte mich verhört. Aber dann begriff ich, dass Myrna sich tatsächlich vor Wut verplappert hatte.
»Sie erwarten ein Kind von Timothy Bradshaw?«
Sie wurde blass, als sie begriff, dass sie mir unbedacht etwas verraten hatte.
»Und wenn schon. Er lässt sich scheiden, und … Oh!« Sie schlug erschrocken die Hand vor den Mund und krümmte sich leicht zusammen. Dann, urplötzlich, fing sie an zu weinen.
»Das ist alles zu schrecklich. Ich weiß einfach nicht mehr, was mit mir los ist. Die Schwangerschaft, der Mord an Marjorie, die Geschichte mit Deborah.« Sie schwieg so abrupt, wie sie begonnen hatte.
»Waren Sie am Sonntagabend mit Timothy Bradshaw zusammen?«
Sie nickte, verkrampft und unter Tränen.
»In Ihrem Büro?«
Wieder nickte sie.
»Er sagt etwas anderes!«
Erschrocken blickte sie auf, strich sich mit den Fingern das Wasser aus den Augen und schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Wir waren zusammen. Er war es nicht. Er hat Marjorie nicht umgebracht!«
»Ihre Aussage kann nicht stimmen. Wollen Sie auch in Verdacht geraten?«
Sie schüttelte den Kopf und drückte sich gleich darauf die Hand auf den Mund.
»Moment«, würgte sie hervor, dann verschwand sie eilig im Badezimmer.
Schwangerschaftsübelkeit ist weit verbreitet, bei Myrna Barnes schien sie besonders schlimm zugeschlagen zu haben. Immer wieder hörte ich würgende Geräusche, dazwischen lief die Wasserspülung. Dann, endlich hörte ich, wie sie sich die Hände wusch und ausgiebig gurgelte. Als sie aus dem Bad kam, war ihr Gesicht leichenblass und ihre Hände zitterten.
»Werden Sie mir jetzt die Wahrheit sagen?«
»Agent Cotton, wenn ich das tue, also – falls ich eine falsche Aussage gemacht habe, werde ich dann verhaftet?«
Sie schien beunruhigt, aber ich versicherte ihr, dass wir noch an einem Punkt der Ermittlungen waren, an dem sie glimpflich davonkommen würde.
»Also gut. Ich sage Ihnen, wie es war. Ohne Wenn und Aber.« Sie seufzte und sank auf ein quadratisches Sitzelement, bat mich mit einer einladenden Handbewegung, ihr gegenüber Platz zu nehmen.
»Timothy hat mich am Sonntagabend angerufen, er wollte wissen, wie es mir ging, weil ich am Morgen starke Schmerzen hatte. Während wir sprachen, erhielt er einen zweiten Anruf und bat mich, kurz in der Leitung zu bleiben. Danach wirkte er hektisch und nervös. Es ging um einen wichtigen geschäftlichen Termin. Etwas, das ganz kurzfristig sein persönliches Erscheinen erforderte. Er war ungehalten, ja fast wütend darüber, dass jemand ihn an so einem wichtigen Abend damit behelligte. Ich wusste also, dass er nicht bei der Spendengala gewesen sein konnte. Gegen zwei Uhr morgens rief er mich erneut an, völlig verzweifelt. Er war ins Apartment zurückgekehrt und hatte seine Frau gefunden, tot, ermordet. Timothy war außer sich. Er bat mich, ihm ein Alibi zu geben. Wir seien im Büro gewesen, wegen einer geschäftlichen Sache. Das ist alles, was ich weiß.«
»Er sagte nicht ausdrücklich, in seinem Büro?«
»Nein«, Myrna schüttelte den Kopf. »Weichen unsere Aussagen in diesem Punkt voneinander ab?«
Das konnte ich ihr bestätigen.
»Wo waren Sie
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