2948 - Undercover ins Jenseits
Zwei-Gallonen-Kanister bewegte, sprang Barber auf und hatte sofort seine SIG in der Rechten, während er mit der Linken ein menschliches Genick umfasst hielt und den Kopf des erfolglosen Wasserdiebs nach unten drückte. Im weichen Licht der untergehenden Sonne erkannte er einen seiner Mitreisenden, der offenbar zu wenig Wasser mitgenommen hatte und sich nun bedienen wollte. Doch generell war es selten eine gute Idee, sich mit Barber anzulegen.
»Bitte, Señor, bitte: nicht schießen!«
»Wie heißt du?«
»Bitte, bitte, Señor, nicht schießen. Es ist alles ein Missverständnis.«
»Wie ist dein Name?«
»Ich heiße Perez, Sir!«
Der junge Mann mit den schwarzen, lockigen Haaren begann zu zittern, als ihm klar wurde, dass die Waffe in Barbers Hand, deren Lauf auf seinen Kopf zeigte, kein Spielzeug war.
»Perez, ich glaube, du wolltest mir mein Wasser stehlen. Ich könnte dich dafür erschießen, denn hier gilt kein Gesetz, weißt du?«
»Bitte, Sir, bitte«, der junge Mann weinte jetzt, »bitte tun Sie das nicht, ich habe Frau und Kind.«
Peter Barber wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen abzudrücken, aber trotzdem wartete er noch einen Moment, ehe er die Waffe wieder verschwinden ließ. Ganz so, als müsse er erst überlegen, ob er abdrückte oder nicht.
Er wusste, in dieser Situation musste mehr nicht gesagt werden, deshalb stieß er den etwa 25-jährigen Perez von sich weg und versetzte ihm noch einen Fußtritt. Dann setzte sich Barber wieder und tat so, als sei nichts vorgefallen. Doch innerlich kochte er.
Denn genau das hatte er vermeiden wollen: Erstens wusste jetzt jeder, dass er eine Waffe bei sich trug, und es war klar, dass das Begehrlichkeiten weckte. Zweitens war er als Gringo sowieso aufgefallen und gewann mit seiner Bewaffnung ganz bestimmt kein Vertrauen in der Gruppe. Mit Sicherheit würde er sich jetzt keiner Gruppe mehr anschließen können. Denn ein bewaffneter Gringo, der illegal in die USA einreisen will, der roch 20 Meilen gegen den Wind nach Ärger. Richtigem Ärger.
Barber wusste: Auch wenn jetzt niemand das Thema ansprach – manche würden ihn insgeheim für einen Verräter halten, vielleicht sogar für einen Agenten des US Border Patrol. Sollte die Gruppe von Angehörigen der Grenzpatrouille gestellt werden, würden alle sofort an ihn denken und ihm die Schuld geben. Also traf er einen Entschluss.
Er ging alleine los, am frühen Morgen, die insgesamt zwölf Kilo Wasser im Rucksack verstaut. Nur jeder Vierte wird erwischt, sagte die Statistik.
Er sah sich um in dieser öden, ausgedorrten Gegend. Das Land war flach, und dafür, dass die Wüste von Arizona fast schon in greifbarer Nähe war, wuchsen hier noch ziemlich viele kleine dürre Bäume und Sträucher.
Er überlegte noch, ob es mehr Vor- oder mehr Nachteile hatte, dass er nun alleine, ohne Gruppe unterwegs war, als er meinte, vor sich einen Schrei gehört zu haben. Den Schrei einer Frau. Barber lauschte, diesmal war er sich sicher. Jemand schrie panisch um Hilfe. Er streifte seinen Rucksack ab und spurtete los, die SIG entsichert in der Hand.
***
»Ist ja gut, ihr habt mich ja«, knurrte Rodrigo Sanchez-Alvares, während Agent Jason Smith ihm Handschellen anlegte. »Geht das auch ein bisschen vorsichtiger?« Roddy sah uns aus arroganten Augen an, leistete aber keinen Widerstand. Seine Lippe war geschwollen.
»Was seid ihr für Gestalten? Wer schickt euch? Die Heilsarmee? Die Hafenpolizei?«
Natürlich hatte er genau verstanden, dass wir vom FBI waren, und er musste auch unsere Marken gesehen haben. Deshalb war klar, dass er darauf aus war, uns zu provozieren. Damit würde er bei uns allerdings auf Granit beißen.
Niemand von uns war gewillt, sich auf dieses Machtspielchen mit dem Mafioso einzulassen.
Ich klopfte den Mann persönlich nach Waffen ab, aber eigentlich interessierte mich seine Brieftasche viel mehr. Ich fand sie in der Innentasche seines Jacketts. Ich zog sie heraus und sah den eben noch großmäuligen Kriminellen herausfordernd an. Ich streifte mir Einmal-Handschuhe über und zog nacheinander verschiedene Ausweise, Führerschein und Kreditkarten hervor. Ich sortierte Führerschein und Reisepass heraus und hielt sie Roddy Rodeo vor die Augen.
»Die hier interessieren mich ganz besonders«, sagte ich, »und ich glaube, Sie wissen auch, warum.«
»Wieso wisst ihr, dass ich hier bin? Seit wann überwacht ihr mich? Wer versorgt jetzt meine Verletzung, hä?«, fragte er, ohne auf meinen Hinweis
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