2950 - Es ist nie zu spät zum Sterben
wie Spinnenbeine über ihr Gesicht. Der Ursprung war eine Schusswunde mitten auf der Stirn.
Und auch bei Jarmila McCauly gab es noch eine zweite Schusswunde in der Herzgegend.
»Ja, die Parallelen sind wirklich mehr als eindeutig«, stellte ich tonlos fest.
»Sieht nach der Inszenierung eines Racheplans aus«, äußerte sich Lieutenant Rita McCauly. Als ich sie ansah, zuckte sie wie beiläufig mit den Schultern. »Das ist mein spontaner Eindruck, Agent Cotton. Und der basiert immerhin auf einigen Jahren Berufserfahrung in der Homicide Squad. Ein bisschen lernt man da schon darüber, aus welchen Gründen ein Mensch einen anderen für gewöhnlich umbringt und wie sich das in den Einzelheiten widerspiegelt, die man am Tatort vorfindet.«
»Ich habe Ihnen nicht widersprochen«, gab ich zurück.
»Wir haben uns bereits in der Nachbarschaft umgehört. Seit drei Tagen hat niemand die Frau mehr gesehen. Sie kommt aus Puerto Rico, arbeitet als Raumpflegerin für einen Putzdienst. Eine Kollegin, die auch für diesen Dienst tätig ist, wohnt ebenfalls hier im Haus. Ihre Angaben stimmen, denn wir haben entsprechende Unterlagen in der Wohnung gefunden.«
»Drogen?«, fragte ich.
»Nein. Wir haben ihre Daten überprüft. Da scheint es überhaupt keine Flecken zu geben. Keine Straftaten, kein Verstoß gegen die Aufenthaltsgesetze, und selbst ihre Sozialversicherungsnummer ist in Ordnung.«
»Wir sollten mit dieser Arbeitskollegin mal sprechen«, schlug Phil vor. »Gibt es sonst noch jemanden, der mehr über sie weiß?«
Rita McCauly schüttelte den Kopf. »Nein, es scheint sich hier jeder in erster Linie um seinen eigenen Kram zu kümmern. Und Jarmila Mendozas Familie lebt in Puerto Rico. Sie hatte hier keine weiteren Angehörigen.«
Ich trat an die Leiche heran, nahm mein Smartphone hervor und verglich die Bilder von den Steinen, die man Dexter in den Mund gesteckt hatte, mit dem Stück, das aus Jarmila Mendozas Mund herausragte. »Ohne dass ich jetzt behaupten will, ein Experte dafür zu sein, aber das scheint dieselbe Sorte zu sein.«
»Wenn wir wüssten, woher diese Steine genau kommen, dann wären wir vielleicht auch dem Täter schon dichter auf der Spur«, glaubte Phil.
»Das muss doch herauszukriegen sein!«
***
Die Arbeitskollegin, die zusammen mit Jarmila Mendoza bei derselben Gebäudereinigungsfirma gearbeitet hatte, hieß Della Patterson und wohnte einen Stock tiefer. Sie war ebenfalls Mitte dreißig und hatte bis vor einem Jahr bei einer Investmentfirma gearbeitet. »Jetzt bin ich froh, mich mit dieser Putzerei über Wasser zu halten, nachdem man unsere Abteilung so zusammengestutzt hat, dass fast nichts davon übrig geblieben ist«, berichtete sie uns. »Leider sieht es in der Finanzbranche immer noch nicht besser aus.«
»Dann kennen Sie Jarmila Mendoza seit einem Jahr?«, fragte ich.
»Nein, ich kannte sie schon vorher. Allerdings nur flüchtig. Und auch wenn wir danach oft zusammen eingesetzt wurden, sind wir uns nie besonders vertraut gewesen. Sie hat ab und zu mal etwas über ihre Familie in Puerto Rico erzählt, aber das war es auch schon. Wissen Sie, zuletzt haben wir in den Majestic Apartments am Central Park West die Böden zum Glänzen gebracht. Kennen Sie das Gebäude?«
»Liegt in der Nähe von Strawberry Fields und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Dakota Apartments «, gab ich zurück.
»Dann wissen Sie ja, was für ein Riesenklotz das Majestic ist. Unser Boss hat sehr viele zusätzliche Kräfte einstellen müssen, als er den Auftrag dort bekam. Darunter auch Jarmila.«
»Jarmila soll schon ein paar Tage nicht zur Arbeit gekommen sein.«
»Ja, stimmt.«
»Hat Sie das nicht gewundert?«
»Sicher. Aber Jarmila hatte noch einen zweiten Job.«
»Wissen Sie, als was? Und wo?«
»Tut mir leid, das weiß ich nicht. Aber sie hat mal erwähnt, dass sie vielleicht bald was Besseres in Aussicht hätte.« Die Zeugin zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe mich schon gewundert, dass sie einfach nicht mehr aufgetaucht ist. Aber, mein Gott, ich konnte ja nicht wissen, dass ihr was passiert ist.«
»Nein, das konnten Sie nicht«, gab ich ihr recht.
Della Patterson sah mich an. »Ich mache mir trotzdem Vorwürfe«, bekannte sie. »Wenn ich …« Sie sprach nicht weiter, sondern schluckte nur angestrengt. Schließlich fuhr sie mit belegter Stimme fort: »Ich hätte nur etwas hartnäckiger sein müssen, dann wäre sie zumindest früher gefunden worden.
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