2950 - Es ist nie zu spät zum Sterben
Verpackungen darauf, es der Justiz möglichst schwer zu machen.«
Dr. McFadden führte uns anhand einiger Beispiele vor, wie ihr Programm funktionierte, und vor allem wurde sie nicht müde, uns daran zu erinnern, dass die daraus resultierenden Übereinstimmungen eben nicht die vom Gesetz geforderte Eindeutigkeit aufwiesen.
Trotzdem waren die Resultate interessant.
Es gab eine Liste von fünf Personen, deren in unseren Datenbanken gespeicherten Fingerabdrücke auffällige Übereinstimmungen mit den Spurfragmenten aufwiesen. »Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Personen die Beutel angefasst haben.«
»Aber ich verstehe Sie richtig: Wir können aufgrund dieser Erkenntnisse trotzdem keine Haftbefehle beantragen«, meinte Mr High stirnrunzelnd, während er seine Hände in den tiefen Taschen seiner Flanellhose vergrub.
»Das trifft leider zu«, nickte Dr. McFadden. »Andererseits reichen die von mir dargestellten Anhaltspunkte, um weitere Beweise beschaffen zu können – etwa bei Hausdurchsuchungen. Und dann müssen Sie nur noch die Puzzleteile zusammenfügen und die Staatsanwaltschaft daraus eine wasserdichte Anklage formulieren lassen.«
Alles lief darauf hinaus, dass wir jetzt jede Menge Namen hatten, die wir der Reihe nach durchgehen konnten. Da gab es also die Liste derer, die irgendwie mit den Bestrafungsritualen zu tun hatten, wie sie vor zehn Jahren kurzzeitig mal praktiziert worden waren, und die Liste von Personen, die Dexter Cruz immerhin geschäftlich so nahe gestanden hatten, dass sie sein Rauschgift anfassen durften.
Ich fragte, ob es da irgendeine Überschneidung gab. Leider war das nicht der Fall.
Aber das wäre wohl auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.
***
Es war schon sehr spät, als Phil und ich das Bundesgebäude an der Federal Plaza verließen und in meinem Jaguar Richtung Upper Westside fuhren. Ein paar Stunden Schlaf würden uns immerhin noch bleiben.
Phil unterdrückte ein Gähnen.
Wir hatten gerade die Ecke erreicht, an der ich Phil immer absetzte, als uns ein Anruf erreichte.
»Um diese Zeit kann das nichts Gutes bedeuten«, meinte mein Partner.
Ich aktivierte die Freisprechanlage. Im Display des Smartphones sah ich, dass es Mr High war, der uns zu erreichen versuchte.
»Es gibt einen zweiten Mord, bei dem jemandem Steine in den Mund gestopft wurden«, berichtete uns unser Chef.
Die Tote war in ihrer Wohnung gefunden worden – zwei Blocks von der Ecke entfernt, an der ich Phil normalerweise abends absetzte und morgens abholte. Die Homicide Squad des zuständigen Reviers der City Police war schon bei der Arbeit – und natürlich begaben wir uns auch dorthin.
Die relativ große Anzahl von Einsatzfahrzeugen machte es unmöglich, in unmittelbarer Nähe des Wohnblocks zu parken, sodass wir ein Stück laufen mussten.
Das Opfer hieß Jarmila Mendoza, war fünfunddreißig Jahre alt und alleinstehend. Ihre Wohnung lag im achten Stock – ein winziges Ein-Zimmer-Apartment, an dessen Tür uns Lieutenant Rita McCauly von der zuständigen Homicide Squad erwartete. »Schön, dass Sie da sind.«
»Sie scheinen die aktuellen Ermittlungen und Fahndungsaufrufe des FBI ja intensiv zu verfolgen, wenn Sie gleich an uns gedacht haben«, sagte ich.
»Das mit den Steinen ist ja nun auch wirklich ungewöhnlich«, bekannte Rita McCauly. »So ungewöhnlich, dass die Parallelen nicht zu übersehen sind – selbst dann, wenn man sich mit den Einzelheiten Ihres Falles nur oberflächlich auskennt.«
Die Tatsache, dass Dexter Cruz der Mund mit Steinen gefüllt worden war, hatten wir zwar den Kollegen der City Police mitgeteilt und sie stand natürlich auch in unseren Fahndungsdossiers. Allerdings war es bisher vermieden worden, die Medien darüber zu informieren, um zumindest einen gewissen ermittlungstaktischen Vorteil zu behalten.
Dass so etwas mit der Zeit durchsickerte, wenn quasi sämtliche Polizeieinheiten des Landes vom NYPD bis zum letzten County Sheriff über das Datenverbundsystem NYSIS Zugang zu diesen Daten haben, lag auf der Hand. Aber das wurde hoffentlich noch etwas dauern. Und abgesehen davon waren wir auf die Unterstützung der Kollegen einfach angewiesen.
Die Tote saß in ihrer Couch – allerdings nicht ganz so aufrecht, wie es bei Dexter Cruz der Fall gewesen war. Der Kopf war etwas zurückgefallen, der Mund stand dadurch ein Stück offen. Einer der grauen Steine, die man ihr in den Mund gesteckt hatte, ragte ein Stück heraus. Spuren aus getrocknetem Blut zogen sich
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