3. Die Connor Boys: Diese Nacht kennt kein Tabu
stehe ich in Ihrer Schuld."
Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Sie schulden mir nichts."
„Sie haben ausgeharrt und mich gerettet. Dafür möchte ich mich erkenntlich zeigen. Was möchten Sie haben? Diamanten, Rubine, ein Abendessen?"
Ob ihm wohl bewusst ist, wie locker er mit mir spricht, dachte Si mone. Fast, als würden wir uns schon lange kennen. Plötzlich fürchtete sie, Michael Connor könne ihr gefährlich werden. Der Mann wirkte auf sie anziehend und interessant. Dabei wusste sie doch genau, wie wenig sie ihren Gefühlen vertrauen durfte. „Ich mache mir nichts aus Edelsteinen, und danke, Sie müssen mir kein Essen spendieren", wehrte sie rasch ab. „Mir reicht es vollkommen, falls es Ihnen recht ist, wenn ich mich nach den Sachen meiner Großmutter umsehen darf."
„Ich dachte, das hätten wir schon geklärt. Natürlich können Sie sich umsehen, meinetwegen jetzt sofort. Tun Sie so, als wären Sie hier zu Hause. Ich würde Ihnen gern beim Suchen helfen, aber erstens habe ich noch zu tun, und zweitens kenne ich mich in dem Haus genauso wenig aus wie Sie. Meine Brüder oder ich haben nichts Persönliches hier. Also untersuchen Sie ruhig alles, auch Schubladen und Schränke."
„Es dauert bestimmt nicht lange."
„Sicher nicht."
Simone zögerte. „Ich finde es nett von Ihnen, dass Sie mir so ver trauen. Aber ich verspreche Ihnen, vorher alles zu zeigen. Ich nehme nichts mit, ohne zu fragen."
„Simone, ich habe nicht den Eindruck, dass Sie eine Diebin sind", versetzte er trocken. „Und ich hoffe sehr, dass Sie etwas fin den. Ich bin nämlich neugierig geworden, was unsere Großeltern verbunden hat."
„Ich auch." Reine Untertreibung. Simone war mehr als neugie rig, was die Vergangenheit ihrer Großmutter betraf. Sie hatte regelrechte Angst davor, auf was sie stoßen würde. Aber das konnte sie schlecht sagen.
3. KAPITEL
Wie lange würde Simone wohl brauchen, um sich im Haus umzusehen? Eine Stunde? Vielleicht zwei? Nicht, dass es Michael etwas ausmachte. Er ging geradewegs in die Bibliothek, setzte seine Brille auf und plagte sich erneut mit den Computerkabeln herum.
Mehrmals wurde er vom Telefon unterbrochen. Alles geschäftli che Anrufe, bis auf einen. Sein Bruder Seth wollte wissen, ob er gut angekommen sei. Das gab Michael die Möglichkeit, ihm von Simone und der direkten Verbindung zu ihrem Großvater zu erzählen.
„Ich werde verrückt. Jetzt wissen wir wenigstens, warum der Alte den Besitz in Maine gehabt hat", bemerkte Seth. „Wegen einer Geliebten. Das ist eigentlich nicht verwunderlich bei den vielen Frauen in Gramps Leben. Aber nur für einen Seitensprung ist das Haus zu kostspielig gewesen. Da muss doch noch mehr hinterstecken."
„Vielleicht. Simone sieht sich gerade um. Hast du zufällig alte Koffer, Schachteln oder so etwas Ähnliches gesehen?"
„Ich nicht. Ich meine aber, Gordon hätte etwas von Truhen auf dem Dachboden gesagt, um die er sich kümmern wollte. Dann hatte er es aber wohl vergessen."
„Was für ein Zufall", versetzte Michael trocken. „Als du hier warst, habe ich etwas von wundervollen Antiquitäten gehört, die es sich lohnen würde zu verkaufen, wenn nicht sogar zu behalten. Wie ich festgestellt habe, sind sie noch immer hier. Scheint mir, ihr hattet beide eine Gedächtnislücke. Wirklich erstaunlich, findest du nicht?"
„He, es kann sein, dass ich sehr mit Samantha beschäftigt..."
„Kann sein? Kann sein? Gordon redet seit Weihnachten nur noch von Kirstin. Du bist genauso hoffnungslos vernarrt in Sam."
Seth konnte Hänseleien nicht hinnehmen, ohne das letzte Wort zu behalten. „Lachst du etwa? Pass schön auf dich auf, Bruder! Wir haben dich gewarnt, vergiss das nicht. Der Zauber, der auf dem Haus liegt, erwischt jeden."
Wie es doch selbst die Starken erwischen kann, dachte Michael, als er den Hörer wieder auflegte. Gordon hatte ihm auch diesen geheimnisvollen Unsinn erzählt. Sein jüngster Bruder war Musiker, äußerst kreativ und gefühlsbetont. Da war es kein Wunder. Seth hingegen war Zimmermann, immer vernünftig, praktisch veranlagt und logisch denkend - bis er Samantha begegnet war. Auf einmal machte es ihm Spaß, von der Zauberkraft des Hauses zu sprechen. Die Liebe hatte ihm offensichtlich den Verstand geraubt.
So etwas konnte Michael nicht passieren. Nicht nach Carla. Nie wieder. Doch während er das Kabel vom Computer zum Modem führte, ertappte er sich dabei, wie er an Simone denken musste.
„Donnerwetter, sie ist schön,
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