3 Die Rinucci Brüder: Unter der goldenen Sonne Roms
dass mir gar nicht zum Lachen zu Mute ist, dachte er.
Damit war der Abend beendet. Lächelnd versicherten sie sich noch einmal, dass es nur ein harmloser Kuss gewesen sei, und sagten sich gute Nacht.
Luke lag noch lange wach und grübelte. Netta war die gescheiteste Frau, die er kannte. Sie hatte recht, er hätte Minnie am liebsten sogleich zum Traualtar gezerrt. Doch das konnte er sich aus dem Kopf schlagen.
Als Netta am nächsten Abend erfuhr, dass sie einen neuen Boiler bekommen würde, war sie überglücklich und wollte das Ereignis feiern.
„Warte doch damit, bis das Gerät installiert ist“, schlug Minnie vor.
„Warum das denn? Dann wird noch einmal gefeiert“, antwortete Netta.
„Ach ja, das hätte ich mir denken können.“
„Seid ihr euch näher gekommen, du und Luke?“, fragte Netta.
„Nein, wir gehen wie Geschwister miteinander um.“
„Hat er noch nicht …?“ Netta war entsetzt.
„Nein, hat er nicht.“
„Dann hast du dir keine Mühe gegeben.“ Ärgerlich verschwand Netta.
Minnie gestand sich ein, dass Lukes Küsse sie aus dem seelischen Gleichgewicht gebracht hatten. Seine Stärke, seine Entschlossenheit und seine Kraft hatte sie in dem Moment, als er die Lippen auf ihre presste, als überaus erregend empfunden, obwohl sie sich sonst darüber ärgerte. Es kam ihr vor, als hätte sie es mit zwei verschiedenen Männern zu tun. Der eine Mann machte sie zornig, und sie sah in ihm einen Gegner, und der andere ging ihr unter die Haut, und sie sehnte sich nach ihm. Sie war verwirrt und fühlte sich seltsam hilflos. Aus lauter Verzweiflung hatte sie ihm Nettas Plan verraten, um sich und ihn abzulenken. Es hatte die gewünschte Wirkung gehabt, er hatte sich zurückgezogen. Dennoch konnte sie die Gefühle nicht unterdrücken, die er in ihr geweckt hatte und mit denen sie sich ganz besonders nachts herumquälte.
Minnie stellte sich auf die Galerie und blickte in den Innenhof mit den in allen möglichen Farben blühenden Geranien, auf die das Licht aus den vielen Fenstern fiel. Dann sah sie auf zum Himmel und betrachtete die Sterne.
Wie oft hatte sie nach Giannis Tod wehmütig und sehnsüchtig in die unendliche Weite geblickt? Jetzt kam ihr alles nur kalt und leer vor, und sie ging wieder hinein zu Luke, der auf sie wartete. Er war ein unmöglicher Mensch und brachte sie zum Wahnsinn, doch seine Nähe hatte auch etwas Tröstliches. Am nächsten Abend fand die Party statt, und Luke wurde von allen als Held und Retter gefeiert. „Musst du so eine saure Miene machen?“, fragte er Minnie leise und lächelte sie an.
„Das tue ich gar nicht“, entgegnete sie. „Ich gönne es dir, dass du so beliebt bist.“
„Lügnerin“, flüsterte er an ihrem Ohr.
Wenig später spürte sie, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Er wirkte angespannt, und
Schweißperlchen standen auf seiner Stirn. Minnie gesellte sich zu ihm und schickte die junge Frau, die mit ihm flirtete, weg.
„Du solltest dich hinlegen“, riet sie ihm.
„Unsinn. Es geht mir gut.“
„Nein. Du hast Schmerzen, und deshalb verabschieden wir uns jetzt.“
Er nickte, und sie redete kurz mit Netta. Dann führte sie ihn entschlossen aus dem Raum und die Treppe hinunter zu ihrem Apartment.
„Du kannst dir sicher vorstellen, was die Leute jetzt denken, oder?“ Er verzog die Lippen. „Weil wir so früh verschwunden sind?“
„Ja. Netta erwartet vermutlich, dass du ihr morgen etwas ganz Bestimmtes erzählst. Was willst du ihr sagen?“
„Nichts. Ich werde nur lächeln, das macht sie rasend.“
Er wies auf seinen bandagierten rechten Arm und die Hand. „Wie sollte ich ihrer Meinung nach …?“ „Ach, wenn du vorsichtig wärst, würdest du es schaffen“, scherzte sie, und er lachte.
Im Wohnzimmer ließ er sich sogleich auf das Sofa sinken.
„Warum hast du nicht gesagt, dass du Schmerzen hast?“
„Wahrscheinlich aus Stolz. Ich habe Bewegungsübungen mit dem Arm gemacht und ihn vielleicht überanstrengt“, antwortete er.
„Hast du wenigstens die Schmerztabletten genommen?“
„Nein. Ich will versuchen, endlich wieder ohne Medikamente auszukommen.“
„Lass den Arzt entscheiden, wann du sie absetzen kannst.“ Sie brachte ihm ein Glas Mineralwasser und zwei Tabletten, die er dankbar schluckte.
„Und jetzt gehst du ins Bett“, forderte Minnie ihn auf. „Ich helfe dir.“
Luke widersprach ihr nicht und ließ sich von ihr beim Ausziehen helfen. Als er nur noch den Slip anhatte, legte er sich erleichtert hin, und
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