3. Reich Lebensborn E.V.rtf
geschleudert, und ein schlaksiger Junge mit einem strahlenden Gesicht stieg aus. Doris wollte nach ihm greifen, wollte ihm etwas sagen ... im nächsten Urlaub, Klaus ... – da stand wieder der SS-Sturmbannführer Westroff-Meyer vor ihr.
»Es ist mein Wunsch, es ist der Wunsch des ganzen Volkes, daß diese edelsten Männer, die an dem Lehrgang teilnehmen, eure Partner werden ... ich will nicht verhehlen, daß sich der Lebensborn aus dieser Begegnung ein Kind erwartet ...«
Er hob sofort abwehrend die Hände.
»Am liebsten wäre es uns, wenn ihr euch zu einer Ehe mit diesen Männern entschließen könntet. Aber ...«, fuhr er gedehnt fort, »die Bewegung kann ihren Nachwuchs nicht mehr dem Zufall überlassen ... deshalb müssen wir im großen, im ganz großen Stil, künftig die Elternauswahl treffen ... auch da, wo eine Ehe unmöglich ist, die sonst den vollen Schutz des Nationalsozialismus genießt.«
Er entlastete seine strapazierten Stimmbänder, sprach jetzt weich und gefällig:
»Und ihr werdet sagen: und wo bleibt die Liebe? Jawohl«, gab er sich selbst die Antwort, »die Bewegung ist auch für die Liebe. Aber nur zwischen geeigneten Partnern ... Die 31
schmutzige, schwüle, sinnliche Erotik herkömmlicher Art ... –
das muß einmal deutlich gesagt werden – ist eine jüdische Erfindung, die wir nicht weit genug von uns weisen können. Wir wollen Sauberkeit statt Schmutz! Wir fordern Verantwortung statt Kitsch ...! Wir erwarten keine Kinder des Zufalls, sondern Garanten des Reiches!«
Die 14 Arbeitsmaiden des Führerinnenlehrgangs erschraken in Linie zu einem Glied. Selbst Lotte zuckte zusammen, lächelte mit fahlen Lippen. Aber dann wurden ihre Augen groß, gläubig. Ihr Gesicht rötete sich, gab die Antwort: sie war bereit. Als erste.
Erika schüttelte ganz einfach den Kopf. Irene sah auf den Boden. Sie wollte aktive RAD-Führerin werden. Sie hatte zu tun, was man ihr befahl.
Vor Doris drehte sich alles. Niemals, dachte sie! Das kann kein Mensch von mir verlangen, nicht einmal der Führer, der vielleicht von dieser Sache gar nichts weiß.
Sie schwiegen. Sie schwitzten. Sie husteten. Sie wagten es nicht, einander anzusehen. Sie brauchten noch Zeit, um die ungeheuerliche Forderung zu verdauen.
»Ich muß noch einmal sagen«, fuhr der Sturmbannführer fort, »daß alles freiwillig ist. Ihr seid bei dem Lehrgang nicht genötigt, euch zu etwas zu entschließen, zu dem ihr hinterher nicht stehen könnt ...«
Er suchte wieder schnell und einschüchternd ihre Augen.
»Ihr seid als Vorkämpferinnen auserwählt. Seid stolz darauf, Vorposten für Großdeutschland zu sein! Ich weiß, die Zeit ist noch nicht reif, um euer Opfer ganz zu erfassen ... vielleicht sind eure Eltern noch zu sehr im Gestern verwurzelt, um eure einmalige Tat zu begreifen ... vielleicht habt ihr persönliche Gründe, sie nicht offenkundig werden zu lassen ... Wir haben deshalb Vorkehrungen getroffen, euch unter den vollen Schutz der Bewegung zu stellen ...«
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Wieder senkte er die Stimme. Wieder kämpfte er einen Augenblick mit der Verlegenheit. Und wieder siegte die Routine über den Anstand.
»Es wird keine Eintragung eurer Kinder in das standesamtliche Register erfolgen ... ihr werdet sie in einem Heim des Lebensborns zur Welt bringen, der sie dann geschlossen zu guten Deutschen, zu Nationalsozialisten erzieht
... ihr dürft sie in den besten Händen wissen. Sie werden die Führergeneration von morgen stellen. Die Sorge um sie nimmt euch der Staat ab. Ihr werdet weder seelisch, noch wirtschaftlich durch sie belastet sein ... und ihr sollt euch auch nicht an euren Partner gebunden fühlen ... Wir erwarten noch viel mehr von euch: ihr sollt heiraten. Und ihr sollt dann mehrfache Mütter werden ... aber das erste Kind für Adolf Hitler!«
Er redete noch zehn Minuten, in einer seltsamen Mischung aus Aufruhr und Besänftigung, dem üblichen Rotwelsch der Partei. Er nützte die Verwirrung der Mädchen aus. Er peitschte sie mit Worten. Er streichelte sie mit Phrasen. Er ließ sie nicht zum Nachdenken kommen.
Und dann rief er sie einzeln in den Nebenraum, zur endgültigen Verpflichtung für den Lebensborn. Er wollte sich jede noch einmal einzeln vornehmen.
13 Arbeitsmaiden blieben zurück, sagten nichts, lösten sich dann allmählich in Gruppen auf, die halblaut miteinander sprachen. Am Fenster standen Doris, Lotte und Erika, die in einer Barackenstube wohnten.
»Was sagt ihr jetzt?« fragte Erika.
»Unmöglich!« erwiderte
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