3. Reich Lebensborn E.V.rtf
Deutschland schwebten, mit Tonnen von Tod und Tränen in den Rümpfen.
Der Staffelkapitän flog nicht in der Rotte, sondern allein. Bereits jetzt, im Spätherbst des Jahres 1941, hatten die deutschen Jäger gegen eine mehrfache Übermacht anzutreten. Ein abziehender Bomberverband hatte den Alarmstart ausgelöst, Klaus suchte die blaue Wüste ab. Sein scharfer Blick sah sofort die vermutlich mit Motorschaden hinter dem Pulk zurückgebliebene »Lancaster«. Er stieß seitlich von oben auf sie herab. Seine Bordkanone spuckte die Kanzel auseinander. Die Maschine trudelte schwarzqualmend gemächlich nach unten.
Jetzt erst, fast zu spät, bemerkte Klaus die begleitende
›Spitfire‹. Er wich ihr im Sturzflug aus, zog die Maschine steil nach oben und leitete damit ein Luftduell ein, wie es zu dieser Zeit noch möglich war. Auch der Gegner suchte Höhe. Klaus holte das Letzte heraus, setzte zu einem Looping an, stellte die 143
Maschine auf den Kopf, schoß und traf in diesem Moment. Er drehte, um seinen Feldflughafen anzufliegen. Sein Benzinvorrat war fast zu Ende. Da stieß er auf den dritten Gegner. Er wollte ihm ausweichen. Aber in plötzlicher Gleichgültigkeit flog er ihn frontal an. Der Abstand verringerte sich rasend. Sie waren auf gleicher Höhe. Es sah aus, als ob sie sich rammen wollten. Der Tommy schoß zuerst. Die Garbe zischte über den Oberleutnant hinweg. Er biß auf die Zähne und riß den Abzug seines MGs durch. Während er die Maschine hochriß, sah er den Gegner mit weggesägter Tragfläche nach unten stürzen.
Klaus Steinbach landete beinahe mit dem letzten Tropfen Sprit. Er vergaß, seine Erfolgsmeldung über Sprechfunk weiterzugeben. Die Bordmechaniker wollten ihn auf die Schulter heben. Er wehrte benommen ab.
Da stand auf einmal sein Kommodore neben ihm.
»Gut gemacht«, sagte Oberstleutnant Berendsen, und kaute auf seinem Zigarrenstummel herum. Er bemerkte es nebensächlich, ohne Freude, ohne Teilnahme. Er lief seit Tagen mit grüblerischem Gesicht herum. Seit sich Klaus vom Lebensborn-Heim zurückgemeldet hatte, versuchte der Kommodore über die Luftflotte gegen den rassischen Irrsinn zu protestieren.
Der General benahm sich ganz undienstlich. Er rief ihn an und sagte:
»Hören Sie, Berendsen, wir sind Flieger und sonst nichts ... diese SS-Geschichten gehen uns nichts an ... Stellen Sie einfach keine Leute mehr zum Lebensborn ab, verstanden?«
»Verstanden«, antwortete der Kommodore.
Aber damit war für ihn der Fall nicht erledigt. Alles, was er bisher übersehen und überhört hatte, stand in ihm auf und rebellierte. Der Mann, der immer den Gegner frontal angriff, wußte, auf einmal nicht mehr, ob dieser Gegner vorne oder in 144
seinem Rücken war ...
Der dreimalige Erfolg des Oberleutnants Klaus Steinbach, der im Wehrmachtsbericht erwähnt wurde, sollte an diesem Abend im improvisierten Kasino des Feldflughafens gefeiert werden. Bei diesen Gelegenheiten wußten die Offiziere nicht mehr, ob sie auf das eigene Leben oder auf das Sterben des Feindes tranken. Vielleicht war der Schnaps längst Selbstzweck geworden, der das Gestern bedeckte und das Morgen vernebelte, der das Bewußtsein ertränkte und den verlorenen Glauben an den Sieg durch einen Siegesrausch ersetzte.
Sie standen auf, als der Kommodore erschien, ihnen zunickte und am Kopfende der Tafel Platz nahm. Zu seiner Rechten saß
Klaus. Links von ihm Hauptmann Albrecht, der Adjutant. Die Stühle waren bis zum letzten Platz besetzt – Wie die Betten in den Frontlazaretten. Die Gesichter waren teilweise neu, anonym fast, wie der Heldentod ...
»Weitermachen!« sagte der Kommodore schleppend. Er griff nach dem Glas. Seine Hand zitterte. Je mehr er trank, desto nüchterner wurde er. Ruckartig stand er auf.
»Meine Herren«, sagte er fest, »ich trinke auf die Erfolge des Oberleutnants Steinbach.«
Die Hand fuhr zum dritten Knopf, das Glas zum Mund. Die Ordonnanzen gossen sofort nach. Oberstleutnant Berendsen wartete.
»Es ist ein Brauch«, fuhr er dann fort, »das Glas auf den obersten Führer und Feldherrn zu leeren ...« Gleichzeitig nahm er sein Glas und schleuderte es gegen die Wand. Klaus erschrak. Mein Gott, dachte er, jetzt also wird er protestieren, trunken vor Zorn, und zornig im Trunk, wird sich um Kopf und Kragen bringen, und ich trage die Schuld.
»Meine Herren«, begann Berendsen wieder. Er stand auf und schob das Ritterkreuz etwas auf die Seite, »was wir hier 145
machen, wie wir hier kämpfen, das brauche ich
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