3. Reich Lebensborn E.V.rtf
nächste.
»Kommen Sie mit mir nach oben ... ich hab’ noch etwas Gutes zu trinken da!«
»Damenwahl!« schreit Westroff-Meyer und klatscht in die kurzfingrigen Hände.
Doris bleibt sitzen. Ihr Stuhl wird zum Block auf dem Mädchenmarkt.
Da kommt Hauptsturmführer Kempe auf sie zu. Er lächelt verlegen.
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»Damenwahl!« ruft der Heimleiter zum zweiten Male. Er schleudert das Wort Doris ins Gesicht.
»Quatsch!« sagt Kempe. Er nickt. »Würden Sie mal mit mir tanzen?« fragt er.
Doris erhebt sich mit schweren Füßen, verwirrt und doch befreit.
»Ja, sicher.«
»Ick seh’ schon die janze Zeit, wie Sie hier rumdrucksen ...«
Sie stehen auf dem Parkett. Doris läßt sich willenlos führen.
»Was macht Klaus?« fragt er.
»Ich hab’ noch keine Post von ihm, Herr Kempe.«
»Nennen Sie mir ruhig Horst«, erwidert der
Hauptsturmführer. »Und vor mir brauchen Se keene Angst zu haben.«
»Wenn Se wollen«, fährt Kempe grinsend fort, »tanze ick den janzen Abend mit Ihnen.«
»Warum?« fragt Doris zerstreut.
»Doris ... vastehn Sie mir nich falsch.«
Das Mädchen lächelt.
»Da jibt’s keine Mißverständnisse«, brummelt er weiter,
»der Klaus jefällt mir ... Sie sind knorke ... Ihr beide zusammen seid prima ... und det is alles.«
»Sie sind ein feiner Kerl, Horst«, erwidert das Mädchen herzlich.
»Hörn Se bloß uff«, überspielt er seine Verlegenheit, »sonst gloob ick’s selbst noch ...«
Sie lachen beide. Die Stunde verliert jede Peinlichkeit, selbst jetzt, da Klaus weg ist. Doris erlebt, daß Kempe das Versprechen, von dem sie nichts weiß, ernst nimmt. Und so werden sie Freunde. Ohne Gewicht, ohne Verpflichtung, ohne Wunsch, ohne Belastung. Die abschätzenden Blicke der 138
anderen können Doris nicht mehr bedrohen. Kempe und das Mädchen tanzen den ganzen Abend.
Und Sturmbannführer Westroff-Meyer freut sich. Vergeblich. Als Doris gegen elf Uhr auf ihre Stube geht, grinst er vor sich hin, steht auf, geht auf den Hauptsturmführer zu.
»Na, Kempe, altes Schlachtroß!« sagt er feixend,
»gratuliere!«
Der SS-Offizier sieht auf den Erbsenzüchter hinunter. Er grinst ihn an.
»Zu wat, Sturmbannführer?«
»Zur neuen Braut«, antwortet der Heimleiter, und klopft Kempe jovial auf die Schulter.
»Keine Ursache.«
Westroff-Meyer kneift ein Auge zu.
»’nen Schnaps?« fragt er wohlwollend.
»Von Ihnen?«
»Warum nicht?« versetzt der Heimleiter gespreizt, »oder hältst du mich für einen Duckmäuser?«
»’nen Schnaps nehm’ ich von jedem«, antwortet Kempe. Der Sturmbannführer geht voraus, in sein Büro. Das Parfüm der Sekretärin schlägt seinem Begleiter entgegen, süßlich und schwül. Das Radio läuft auf halben Touren. Die Polster des Sessels sind so eingedrückt, als ob eben jemand gegangen wäre. Der Führer blickt gläsern und heldisch von der Wand. Die Tolle auf seiner Stirn paßt für ein Parteibüro so gut wie für ein Boudoir.
»Auf die Zukunft!« schmettert Westroff-Meyer und kippt den Schnaps mit einem Zug. »... Du kannst ruhig du zu mir sagen, Kamerad.«
»Denn jib mir noch eenen«, erwidert Kempe trocken. Der Heimleiter nickt zufrieden. Alkohol ist im Heim 139
verboten. Aber was Jupiter nicht erlaubt ist, darf der Ochse zu sich nehmen. Er betrachtet Kempe unsicher, schenkt ihm willig nach. Er spürt den Frontgeruch und denkt: Wir von der SS sind doch tolle Hunde ...
»Ich wollte dir schon lange mal sagen, daß ich sehr zufrieden mit dir bin, Kamerad Kempe ...«, sabbert er los.
»Na ja ...«
»Nein, wirklich ... du bist der Typ, den wir brauchen: gesund, ehrlich, gradheraus ... das ist unser Deutschland!« Der Heimleiter geht um Kempe herum. »Ich hab’ mit Vergnügen gesehen«, fährt er fort, während er dem Hauptsturmführer gegen die Brust tippt, »daß die kleine Korff jetzt in die richtigen Hände kommt ... ja, ja ...«
Kempe wischt sich den Schnaps vom Mund.
»Wieso?« fragt er träge.
»Meinen Segen habt ihr«, strahlt Westroff-Meyer. Er tritt einen Schritt zurück, betrachtet Kempe von oben bis unten.
»Und ihr paßt bestens zusammen ...«
Der Pionieroffizier hebt einen Mundwinkel.
»Red’ keinen Bockmist, Sturmbannführer«, antwortet er dann gelassen, »das Mädchen ist verlobt.«
»Verlobt ...«, grinst der Heimleiter. Seine Hand wuchtet auf seine Schenkel. Dann gießt er Schnaps nach. »Das laß mal meine Sorge sein«, sagt er väterlich, »darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen.«
»Warum?«
»Verlobt ...«,
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