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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Degen, sondern mit Sportfloretts. Sie deuten den Stoß an, spießen den Feind aber nicht auf.«
    Nach kurzem Zögern nickte Geser. Abermals ergoss sich dichter Qualm in die nebelgraue Rauchwolke.
    »Was denkst du, Anton, kann man Jahrtausende leben und die Menschen nach wie vor bedauern?« »Bedauern?«, fragte ich zurück.
    Geser nickte. »Ja, bedauern. Nicht lieben, denn es steht nicht in unseren Kräften, die ganze Welt zu lieben. Nicht bewundern, denn wir wissen nur zu gut, was das ist, ein Mensch.«
    »Bedauern kann man sie vermutlich«, sagte ich. »Aber wozu brauchen sie Ihr Mitleid, Chef? Es ist leer und unfruchtbar. Die Anderen machen diese Welt nicht besser.«
    »Das machen wir, Anton. Wie auch immer sie jetzt ist, aber genau das tun wir. Glaub einem alten Mann, der schon viel gesehen hat.« »Aber trotzdem...« »Ich warte auf ein Wunder, Anton.« Fragend sah ich Geser an.
    »Ich weiß nicht, auf was für eins. Dass alle Menschen die Fähigkeiten von Anderen bekommen. Dass die Anderen wieder zu Menschen werden. Dass irgendwann die Teilung nicht nach >Mensch oder Anderen vorgenommen wird, sondern nach >gut oder schlecht<.« Geser lächelte sanft. »Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie das vor sich gehen sollte und ob es irgendwann dazu kommt. Aber wenn ..., dann würde ich es vorziehen, auf der Seite der Nachtwache zu stehen. Und nicht in der Inquisition zu sein, dieser starken, weisen, gerechten, allmächtigen Inquisition.« »Ob Sebulon auf dasselbe wartet?«, fragte ich.
    »Vielleicht«, antwortete Geser. »Ich weiß es nicht. Aber lieber habe ich es mit einem alten Feind zu tun, den ich kenne, als mit einem jungen, unberechenbaren Dummkopf. Halte mich für konservativ, aber die Sportfloretts und Sebulon sind mir lieber als ein Baseballschläger und ein progressiver Dunkler Magier.« »Und was raten Sie mir?«
    »Was ich dir rate?« Geser breitete die Arme aus. »Dass du selbst eine Entscheidung triffst. Du kannst uns verlassen und ein normales Leben führen. Du kannst in die Inquisition wechseln ... Ich würde dich nicht daran hindern. Und du kannst in der Nachtwache bleiben.« »Und warten?«
    »Und warten. In dir das Menschliche bewahren, das noch da ist. Dich weder zu Ekstase noch zu Rührung hinreißen lassen, indem du den Menschen ein Licht bringst, das sie nicht wollen. Nicht in Zynismus und Misstrauen verfallen und dich nicht selbst für rein und vollkommen halten. Und das Schwierigste: nicht verzagen, den Glauben nicht verlieren, nicht gleichgültig werden.« »Keine große Auswahl...«, sagte ich. »Ha!« Geser lächelte. »Sei froh, dass du überhaupt eine hast.« Draußen blitzte der Stadtrand von Saratow auf. Der Zug wurde langsamer. Ich saß in einem leeren Abteil und sah auf die kreisende Nadel. Kostja folgte uns weiter. Worauf wartete er? In den Kopfhörern erklang die Stimme von Arbenin: 
      
Zwischen Verrat und Ruchlosigkeit 
    Nur Manna vom Himmel schneit. 
    Von einer Siesta zur nächsten 
    Man uns abfüttert mit Manifesten. 
     
    Einer stirbt, einer verschwindet, 
    Damit meine Wahl auch schon endet. 
    Doch mein siebter Sinn, der flüstert mir: 
    Wir sind nicht wie alle, Anders sind wir. 
     
    Ich schüttelte den Kopf. Wir sind die Anderen. Doch selbst wenn es uns nicht gäbe, würden die Menschen sich und andere gegeneinander abgrenzen. Was auch immer diese Anderen dann ausmachen würde.
    Die Menschen können ohne Andere nicht auskommen. Setze zwei Menschen auf einer unbewohnten Insel aus, dann wird einer ein Mensch und einer ein Anderer. Und der Unterschied besteht darin, dass der Andere immer unter seinem Anderssein leidet. Die Menschen haben es leichter. Sie haben keine Komplexe. Sie wissen, dass sie Menschen sind - und das auch sein sollen. Dass alle das sein sollen. Alle. Für immer. 
      
Wir stehen in der Mitte der Gleise, 
    Verbrennen als Lagerfeuer auf dem Eise. 
    Dabei wollten wir nur Wärme schmecken, 
    Doch das Ziel wir hinter den Mitteln verstecken. 
    So brennen wir nieder bis zur Seele Grund 
    Bei diesem Blick in der Ödnis Schlund. 
     
    Die Tür öffnete sich, und Geser kam ins Abteil. Ich stöpselte die Kopfhörer aus.
    »Schau mal.« Geser legte einen Palm auf den Tisch. Auf dem Display des Organizers kroch ein Punkt über eine Karte, unser Zug. Geser sah flüchtig auf den »Kompass«, nickte und zog selbstsicher mit dem Metallstift eine dicke Linie auf dem Display.
    »Was heißt das?«, fragte ich, während ich das Rechteck

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