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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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geplündert, Deserteure erschossen...«
    »Aber das waren doch unsere Leute! Deshalb waren sie im Recht!«
    »Und jetzt sind unsere Leute im Recht. Und unsere Leute - das sind die Lichten.«
    »Das heißt, du empfindest es so«, stellte Kostja klar. »Und deswegen erhebst du keine Einwände?« Ich nickte.
    »Ha ...«, meinte Kostja verächtlich. »Dann nenn mir wenigstens ein zündendes Argument dafür.« »Wir trinken kein Blut«, entgegnete ich.
    Kostja stellte die Tasse auf den Boden. Erhob sich. »Ich danke dir für die Gastfreundschaft. Ich gebe dir deine Einladung, deine Wohnung zu betreten, zurück.«
    Dann blieb ich allein - in der großen leeren Wohnung, in trauter Zweisamkeit mit den nicht vollständig geleerten Tassen, der offenen Mikrowelle und dem verbliebenen Wasser im Kessel...
    Warum hatte ich es in der Mikrowelle warm gemacht? Eine einzige Handbewegung - und das Wasser hätte direkt in den
    Ich holte das Handy heraus und wählte Swetlanas Nummer. Sie meldete sich nicht. Vermutlich ging sie gerade mit Nadjuschka spazieren, hatte das Handy aber wie üblich zu Hause liegen lassen...
    In meinem Innern herrschte durchaus nicht diese Unbeschwertheit, die ich vorzutäuschen versucht hatte.
    Was machte uns denn nun wirklich zu den besseren Anderen? Intrigierten, kämpften und täuschten wir etwa nicht? Ich brauchte eine Antwort. Wieder mal. Und nicht von dem Schlaukopf Geser, der mich in ein Geflecht aus Worten einzuspinnen verstand. Und nicht von mir selbst, denn ich traute mir nicht mehr. Ich brauchte eine Antwort von einem Menschen, dem ich vertraute.
    Und ich musste verstehen, wie Geser die Inquisition ausgetrickst hatte.
    Denn wenn er etwas beim Licht geschworen hatte und das eine Lüge war... Wofür kämpfte ich dann?
    »Soll doch alles ...«, setzte ich an, verstummte dann aber. Du darfst nicht fluchen - das bringt man dir bereits in den ersten Tagen nach der Initiierung bei. Und jetzt hätte ich beinahe die Kontrolle verloren... Soll doch alles... Soll es doch einfach sein.
    In dem Moment läutete es an der Tür. Als hätte jemand erraten, dass ich jetzt auf gar keinen Fall allein sein wollte.
    »Herein!«, rief ich durchs Zimmer, denn ich erinnerte mich, dass die Tür nicht verschlossen war.
    Die Tür ging auf, und Lass steckte den Kopf herein. Mein Nachbar sah sich um. »Störe ich?«, fragte er. »Nein, komm rein.«
    Lass kam ins Zimmer, sah sich um. »So schlimm sieht es hier doch gar nicht aus ...«, kommentierte er. »Noch ein Klo ... Vielleicht könnte ich mich noch mal hier duschen? Jetzt oder heute Abend... Das war nämlich nicht schlecht.«
    Ich steckte die Hand in die Tasche und tastete nach dem Schlüsselbund. Stellte mir vor, wie die Schlüssel anschwollen und sich spalteten... Dann warf ich Lass das neu entstandene Bund zu. »Fang!«
    »Warum das?«, fragte Lass, während er die Schlüssel betrachtete.
    »Ich muss wegfahren. Du kannst die Wohnung solange nutzen.«
    »Wo nun endlich mal ein normaler Mensch hier eingezogen ist«, schmollte Lass. »Das ist echt nicht nett. Fährst du bald weg?«
    »Gleich«, antwortete ich. Mit einem Mal war mir klar geworden, wie dringend ich Swetka und Nadja sehen wollte. »Vielleicht komme ich noch mal wieder.« »Vielleicht aber auch nicht?« Ich nickte.
    »Das ist echt nicht nett«, wiederholte Lass und kam auf mich zu. »Ich habe hier bei dir einen MD-Player gesehen ... Nimm das.« Ich nahm die kleine Scheibe an mich.
    »Kampfprothesen«, erklärte Lass. »Mein Album. Hör sie aber nicht, wenn Frauen und Kinder in der Nähe sind!« »Gut.« Ich drehte die Scheibe in den Händen. »Vielen Dank.«
    »Hast du irgendwelche Probleme?«, fragte Lass. »Entschuldige, ich will mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen, aber du siehst wirklich hundserbärmlich aus...«
    »Nein, es ist nichts«, riss ich mich zusammen. »Ich vermisse meine kleine Tochter. Ich fahr jetzt zu ihr ... Meine Frau ist mit ihr auf der Datscha, ich hatte hier noch was zu erledigen...«
    »Das geht vor«, pflichtete Lass mir bei. »Man darf es einem Kind gegenüber nicht an Aufmerksamkeit mangeln lassen. Obwohl: Dass ihre Mutter bei ihr ist, ist natürlich das Wichtigste.« Ich starrte Lass an.
    »Die Mutter ist trotz allem das Wichtigste für ein Kind«, behauptete Lass mit der Miene eines Wigotski, Piaget oder sonstigen Experten für Kinderpsychologie. »Das ist biologisch bedingt. Wir, die Männchen, denken doch in erster Linie an die Weibchen. Und die Weibchen eben an die

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