3 - Wächter des Zwielichts
Kinder.« In die Wohnung von Timur Borissowitsch ließ man mich ohne Fragen. Die Bodyguards wirkten völlig normal und hatten anscheinend nicht die geringste Vorstellung davon, was hier kürzlich geschehen war.
Geser trank mit seinem frisch gebackenen Sohn Tee im Arbeitszimmer. Das große - fast möchte ich sagen: weitläufige - Arbeitszimmer mit dem massiven Schreibtisch, einem Haufen unnützer Kinkerlitzchen in den Regalen antiker Schränke. Erstaunlich, wie gut sich ihre Geschmäcker vergleichen ließen. Das Arbeitszimmer Timur Borissowitschs glich dem Büro seines Vaters auf ganz bemerkenswerte Weise.
»Komm rein, mein Freund«, lächelte mir Timur Borissowitsch zu. »Siehst du, wie prächtig sich alles gefügt hat.« Er schielte zu Geser hinüber. »Er ist noch jung, hitzköpfig ...«, fügte er dann hinzu.
»Das mit Sicherheit«, pflichtete ihm Geser mit einem Nicken bei. »Was ist passiert, Anton?«
»Wir müssen miteinander reden«, sagte ich. »Unter vier Augen.«
Geser seufzte und sah seinen Sohn an. Der erhob sich. »Ich gehe mal zu meinen Kraftbolzen. Was sollen die sich da die Hosen durchsitzen, die brauchen eine Aufgabe.«
Timur Borissowitsch ging hinaus, Geser und ich blieben allein zurück.
»Raus mit der Sprache, was ist passiert, Gorodezki?«, fragte Geser müde. »Können wir offen reden?« »Ja.«
»Sie wollten nicht, dass Ihr Sohn ein Dunkler wird«, fing ich an. »Das stimmt doch, oder?«
»Würdest du denn zusehen wollen, wie deine Nadjuschka eine Dunkle Zauberin wird?«, antwortete Geser mit einer Gegenfrage.
»Aber Timur wäre unweigerlich zu einem Dunklen geworden«, fuhr ich fort. »Sie brauchten das Recht auf eine Remoralisierung. Deshalb mussten die Dunklen, besser noch die Inquisition in Panik geraten und eine nicht zu rechtfertigende Manipulation an Ihrem Sohn vornehmen...«
»So ist es ja auch gekommen«, sagte Geser. »Also Gorodezki, willst du mir etwas zur Last legen?« »Nein, ich will das Ganze bloß verstehen.«
»Du warst doch dabei, als ich beim Licht einen Schwur abgelegt habe. Ich habe Timur noch nie zuvor getroffen. Ich habe ihm nichts versprochen, ich habe keine Briefe abgeschickt. Und ich habe niemanden für diese Aufgabe angeworben.«
Nein, Geser rechtfertigte sich nicht. Und versuchte nicht, mich einzulullen. Er legte bloß die Bedingungen der Aufgabe dar und wartete vergnügt, welche Antwort sein Schüler geben würde.
»Viteszlav hätte nur noch eine weitere Frage stellen müssen«, meinte ich. »Doch diese Frage war wohl allzu menschlich für ihn...« Geser zwinkerte, als probe er ein Nicken. »Seine Mutter«, sagte ich.
»Viteszlav hat seine eigene Mutter umgebracht«, erklärte Geser. »Nicht aus böser Absicht. Er war ein junger Vampir und hatte sich nicht unter Kontrolle. Aber ... seit dieser Zeit vermeidet er es, dieses Wort auszusprechen.« »Wer ist Timurs Mutter?« »Im Dossier müsste ihr Name stehen.«
»Da kann jeder x-beliebige Name stehen. Es heißt, Timurs Mutter sei bei Kriegsende verschwunden ... Aber ich kenne eine Frau, eine Andere, die zu dieser Zeit in einen Vogelkörper gebannt worden ist. Nach dem Dafürhalten der Menschen ist sie gestorben.« Geser schwieg. »Konnten Sie ihn wirklich nicht früher finden?«, fragte ich.
»Wir waren davon überzeugt, dass Timur tot ist«, antwortete Geser leise. »Es war Olga, die sich nicht damit abfinden wollte. Und nachdem sie rehabilitiert worden war, machte sie sich wieder auf die Suche...«
»Sie hat ihren Sohn gefunden. Und ihm das voreilige Versprechen gegeben«, schloss ich.
»Frauen dürfen sich solche Gefühle leisten«, sagte Geser trocken. »Selbst die weisesten Frauen. Aber Männer sind dazu da, ihre Frau, ihr Kind zu verteidigen. Das ist alles sehr rational und überlegt organisiert.« Ich nickte. »Verurteilst du mich?«, wollte Geser neugierig wissen. »Anton?«
»Wer bin ich, Sie zu verurteilen?«, entgegnete ich. »Ich habe selbst eine Tochter, eine Lichte. Und die würde ich auch nicht dem Dunkel überlassen.«
»Danke, Anton.« Geser nickte und entspannte sich merklich. »Ich bin froh, dass du mich verstehst.«
»Ich frage mich nur, wie weit Sie für Ihren Sohn und Olga gegangen wären«, bemerkte ich. »Swetlana hat doch etwas gespürt, nicht wahr? Welche Gefahr hat mir gedroht?«
Geser zuckte mit den Schultern. »Vorgefühle, darauf darf man sich nicht verlassen.«
»Wenn ich beschlossen hätte, der Inquisition die Wahrheit zu sagen ...«, fuhr ich fort. »Wenn ich
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