Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
ihnen kann eine fremde Gestalt annehmen. Will die Inquisition etwa von jedem einzelnen Anderen Moskaus das Gedächtnis überprüfen?« Viteszlav runzelte die Stirn.
    »Eben, das würde nichts bringen«, versicherte Geser. »Ich könnte mich nicht einmal für meine eigenen Mitarbeiter verbürgen, geschweige denn für die Anderen, die nicht in den Wachen arbeiten.«
    »Wir werden ihn in einen Hinterhalt locken«, erklärte Edgar. »Und wenn der Verräter erneut auftaucht...«
    »Er wird nicht wieder auftauchen«, erklärte Viteszlav müde. »Das ist nicht mehr nötig.«
    Lächelnd betrachtete Geser den düster dreinblickenden Vampir. Dann verlosch sein Lächeln mit einem Mal. »Ich bitte euch, die Wohnung meines Sohnes zu verlassen. Zur Unterzeichnung des Protokolls erwarte ich euch im Büro. Heute Abend um sieben Uhr.«
    Viteszlav nickte und verschwand. Kurz darauf tauchte er jedoch wieder auf. Leicht konfus.
    »Zu Fuß, zu Fuß«, erklärte Geser. »Ich habe das Zwielicht hier geschlossen. Vorsichtshalber.«
    Ich tappte den Inquisitoren und Kostja hinterher, der über alle Maßen glücklich war, nach Hause zu können.
    »Anton«, rief Geser mir nach. »Vielen Dank. Du hast gute Arbeit geleistet. Komm heute Abend zu mir.«
    Ich antwortete nicht. Wir gingen an den noch immer völlig teilnahmslosen Bodyguards vorbei, und ich scannte sorgfältig die Aura desjenigen, der mir verdächtig vorgekommen war. Nein, kein Anderer. Ein Mensch. Lange würde ich jetzt kein Land sehen...
    Der in seine Gedanken vertiefte Viteszlav schwieg und überließ Kostja und Edgar den langen Kampf mit den Schlössern. Nur einmal linste er zu mir herüber. »Lädst du mich auf einen Kaffee ein, Wächter?«, fragte er. Ich nickte. Warum eigentlich nicht?
    Schließlich hatten wir denselben Fall bearbeitet. Und hatten uns gemeinsam blamiert - ungeachtet aller Lobesworte, die Geser für mich fand. 

Sieben
    Eine komische Gesellschaft: ein junger Vampir aus der Tagwache, zwei Inquisitoren und ein Lichter Magier.
    Und alle saßen wir friedlich in der großen leeren Wohnung, warteten, bis das Wasser in der Mikrowelle heiß war, um löslichen Kaffee aufzubrühen. Ich hatte sogar Kostja erlaubt einzutreten, und jetzt saß er wieder auf dem Fensterbrett, allerdings auf der Innenseite. Nur Viteszlav stand.
    »Ich bin nicht mehr an Russland gewöhnt«, sagte er, während er nachdenklich vor dem Fenster auf und ab ging. »Ich bin entwöhnt. Ich erkenne dieses Land nicht wieder.«
    »Stimmt, das Land hat sich verändert! Es werden neue Häuser gebaut, neue Straßen...«, setzte ich begeistert an.
    »Verschon mich mit deiner Ironie, Wächter«, fiel Viteszlav mir ins Wort. »Das meine ich nicht. Vor siebzig Jahren lebten in eurem Land die diszipliniertesten Anderen. Sogar die Wachen agierten im Rahmen des Zulässigen...« »Und jetzt lassen alle die Zügel schießen?«, mutmaßte ich. Viteszlav schwieg.
    Ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Was auch immer er sein mochte, dieser Prager Vampir aus der Inquisition, aber heute hatte man ihn mit Schimpf und Schande durch den Dreck gezogen. Zum ersten Mal hatte ich miterlebt, wie die Inquisition sich blamiert hatte. Sogar Geser hatte sie wohl nicht gefürchtet, aber immer als unüberwindbare Kraft anerkannt. Und plötzlich trickste er sie aus. Leicht und raffiniert.
    Was hatte sich auf der Welt verändert? War die Inquisition zur dritten Partei geworden? War sie nur noch eine der an diesem Spiel beteiligten Seiten? Die Dunklen, die Lichten und die Inquisition? Oder die Dunklen, die Lichten und das Zwielicht?
    In der Glaskanne brodelte das Wasser. Ich goss die auf dem Fensterbrett aufgestellten Tassen auf. Stellte Kaffeepulver, Zucker und ein Päckchen Milch bereit.
    »Gorodezki, du weißt, dass heute der Große Vertrag verletzt worden ist?«, fragte Viteszlav plötzlich. Ich zuckte mit den Schultern.
    »Du brauchst nicht zu antworten«, sagte Viteszlav. »Mir ist auch so klar, dass du es verstanden hast. Jemand aus der Nachtwache hat die Inquisition zu dieser unüberlegten Handlung gedrängt ... Und danach hat die Wache das Recht bekommen, diesen einen Menschen auf ihre Seite zu ziehen. Ich glaube nicht, dass er der Nachtwache einen großen Vorteil bringen wird.«
    Das glaubte ich auch nicht. Timur Borissowitsch würde nicht lernen, die Kraft des Zwielichts zu nutzen. Er würde sein langes Leben bekommen, er würde die Möglichkeit haben, kleine magische Tricks zu vollführen, die geheimen Gedanken seiner

Weitere Kostenlose Bücher