3 - Wächter des Zwielichts
ich nicht«, murmelte ich. »Normalerweise plapper ich allerlei Unsinn zusammen. Aber ich habe nicht damit gerechnet, im Wald einer so schönen Frau zu begegnen, das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht.«
Die »so schöne Frau« lachte. »Und diese Worte? Sind die auch Unsinn? Oder die Wahrheit?« »Die Wahrheit«, gestand ich.
»Kommen Sie rein.« Sie machte einen Schritt zur Seite. »Vielen Dank, hier bekomme ich nicht oft Komplimente zu hören...«
»Hier kommen wohl auch nicht oft Leute vorbei«, bemerkte ich, während ich das Haus betrat und mich umsah.
Keine Spuren von Magie. Eine etwas merkwürdige Einrichtung für ein Haus mitten im Wald, aber warum auch nicht. Und in der Tat: ein Bücherschrank mit alten Folianten ... Aber die Frau hatte nichts von einer Anderen an sich.
»Hier in der Nähe sind zwei Dörfer«, erklärte die Frau. »Das, zu dem ich die beiden Kinder gebracht habe, und eins, das etwas größer ist. Dort mache ich meine Einkäufe, der Laden hat jeden Tag auf. Aber mit Komplimenten werde ich da nicht überschüttet.« Sie lächelte erneut. »Ich heiße Arina. Nicht Irina, sondern Arina.«
»Anton«, stellte ich mich vor. Um dann mit meiner exzellenten Grundschulbildung zu glänzen: »Arina wie die Kinderfrau Puschkins?«
»Genau, ihr zu Ehren wurde ich so genannt«, lächelte die Frau. »Mein Vater hieß Alexander Sergejewitsch, meine Mutter war besessen von Puschkin. Fanatisch, wenn man so will. Und deshalb habe ich diesen Namen bekommen...«
»Und warum nicht Anna, zu Ehren der Kern? Oder Natalja, zu Ehren der Gontscharowa?«
»Sie stellen Fragen ...« Die Frau schüttelte den Kopf. »Meine Mutter glaubte, all diese Frauen hätten in Puschkins Leben eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Sicher, sie dienten ihm als Quelle der Inspiration, aber als Mensch hat er ihretwegen sehr gelitten ... Während seine Kinderfrau ... Sie hat nichts verlangt, hat Sascha hingebungsvoll geliebt...« »Sind Sie Philologin?«, ließ ich einen Versuchsballon steigen.
»Was hätte eine Philologin hier im Wald verloren?«, amüsierte sich Arina. »Setzen Sie sich, ich mache Ihnen einen Tee, einen wohlschmeckenden Kräutertee. Alle Welt ist jetzt hinter Mate, Rooibosch und diesen ganzen ausländischen Sachen her. Aber ein Russe, das sagen ich Ihnen ganz offen, braucht diesen exotischen Kram nicht. Unsere eigenen Kräuter reichen völlig. Oder normaler Tee, der schwarze, schließlich sind wir keine Chinesen, die grünes Wasser trinken. Oder Waldkräuter. Das können Sie gleich selbst feststellen...« »Sie sind Botanikerin«, meinte ich niedergeschlagen.
»Richtig!« Arina lachte. »Und Sie sind bestimmt nicht Romans Vater?«
»Nein, ich ...«, ich geriet ins Stocken und flüchtete zur bequemsten Ausrede. »Ich bin ein Freund seiner Mutter. Vielen Dank, dass sie die Kinder gerettet haben.«
»Nun habe ich sie gleich gerettet«, meinte Arina lächelnd. Sie stand mit dem Rücken zu mir und gab getrocknete Kräuter in die kleine Kanne, in der der Sud aufgebrüht wurde. Hiervon einer Prise, davon ganz wenig, ein Löffel von dem hier ... Unwillkürlich blieb mein Blick an dem Teil der ausgeblichenen Jeans hängen, der den kräftigen Hintern umspannte. Irgendwie wusste ich sofort, dass ihr Hintern straff war und jede Anzeichen der Lieblingskrankheit städtischer Damen, der Zellulitis, vermissen ließ. »Xjuscha ist ein kluges Mädchen, die beiden hätten auch allein wieder herausgefunden.« »Und die Wölfe?«, fragte ich.
»Was für Wölfe, Anton?« Erstaunt sah Arina mich an. »Ich habe schon den beiden gesagt: Das war ein streunender Hund. Woher sollten in einem Wäldchen wie diesem Wölfe kommen?«
»Ein wilder Hund, noch dazu mit Jungen, kann ebenfalls gefährlich sein«, bemerkte ich.
»Hm ... vermutlich haben Sie Recht.« Arina seufzte. »Auf alle Fälle glaube ich, dass der Hund sich nicht auf die beiden gestürzt hätte. Hunde fallen Kinder nur selten an, man muss ein Tier schon sehr reizen, damit es dergleichen tut. Menschen sind weitaus gefährlicher als Tiere...« Wogegen sich in der Tat nichts einwenden ließ...
»Langweilen Sie sich nicht, so im tiefen Wald?«, wechselte ich das Thema.
»Ich bin doch nicht hierher verbannt«, amüsierte sich Arina. »Ich bin nur den Sommer über hier, um meine Dissertation zu schreiben. Die Ethnogenese einiger Kreuzblütler in Mittelrussland.«
»Sie wollen promovieren?«, fragte ich ein wenig neidisch. Aus irgendeinem Grund bedauerte ich noch immer,
Weitere Kostenlose Bücher