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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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einmal den von der mitleidigen Swetlana gebrachte Flachmann angerührt. Onkel Kolja brummte vor sich hin: Springt der Motor mal nicht an, Lass mich und meinen Kumpel ran. Auf Zehenspitzen entfernte ich mich vom Schuppen.
    Zum Kuckuck mit dem Wagen... Swetlana stattete mich aus, als wolle ich nicht einen Waldspaziergang machen, sondern müsse in der Taiga überleben.
    Eingepackte Brote, eine Flasche mit Obstsaft, ein gutes Taschenmesser, Streichhölzer, ein Döschen mit Salz, zwei Äpfel und eine kleine Taschenlampe.
    Außerdem überprüfte sie, ob mein Handy noch geladen war. Angesichts der bescheidenen Ausmaße des Waldes war das Handy durchaus nicht überflüssig: Im Notfall könnte ich auf einen Baum klettern - von dort würde ich mit Sicherheit eine Verbindung kriegen.
    Meinen MD-Player packte ich selbst ein. Während ich jetzt langsam Richtung Wald marschierte, hörte ich Simowje swerej. 
      
Die alte Stadt schlief längst schon ein, 
    Es zittert der gequälte Stein, 
    Die Nacht, bedroht von Todespein, 
    Hüllt sich in Schweigen. 
    Die alte Stadt schlief längst schon ein, 
    Nun spricht der fahle trübe Schein 
    Zu euch als Echo - dürft ihm kein 
    Vertrauen zeigen. 
     
    In Bücherein schläft Band an Band, 
    Voll sind die Scheuern bis zum Rand, 
    Genies verlieren den Verstand 
    Des Nachts auf Wacht. 
    Das Dunkel hat mit schwerer Hand 
    Die Unterschiede fortgebannt: 
    Das Kapitol, die Kerkerwand 
    Sind gleichgemacht. 
     
    Große Hoffnungen, noch heute Abend auf die Hexe zu stoßen, hegte ich nicht. Besser sollte ich morgen früh aufbrechen, obendrein mit einem Team. Aber ich wollte die Verdächtige ja unbedingt selbst finden! Und einen Blick in das Buch Fuaran werfen.
    Am Waldrand blieb ich kurz stehen, um mir die Welt durchs Zwielicht anzusehen. Nichts Besonderes. Nicht die geringste Spur von Magie. Nur in der Ferne, über unserem Haus, blinkte weißer Feuerschein auf. Eine Zauberin ersten Grades ist von weither zu erkennen... Gut, weiter. Ich hob meinen Schatten auf und trat ins Zwielicht ein.
    Der Wald verwandelte sich in wabbeligen Höhenrauch, in Düsternis. Nur einzelne, nur die größten Bäume hatten in der Zwielicht-Welt einen Doppelgänger. Wo waren die Kinder aus dem Wald gekommen?
    Ich fand ihre Spur relativ schnell. In ein paar Tagen würde die zarte Kette von Abdrücken wohl geschmolzen sein, aber jetzt ließ sie sich noch erkennen. Kinder hinterlassen klare Spuren, in denen viel Kraft liegt. Klarer sind nur noch die Spuren von Schwangeren.
    Von der Botanikerin fand ich keine Spuren. Freilich, sie konnten auch verschwunden sein. Aber vermutlich achtete diese Hexe seit langem darauf, keine Spuren zu hinterlassen.
    Die Spuren der Kinder hatte sie allerdings nicht beseitigt! Warum nicht? Aus Nachlässigkeit? Der berühmte russische Schlendrian? Oder absichtlich? Aber Rätselraten würde ich hier bestimmt nicht veranstalten.
    Ich speicherte die Fußabdrücke der Kinder in meinem Gedächtnis ab und trat aus dem Zwielicht. Die Spuren sah ich nun zwar nicht mehr, spürte jedoch, wohin sie führten. Ich konnte mich auf den Weg machen.
    Zunächst maskierte ich mich jedoch noch sorgfältig. Natürlich ließ sich das nicht mit jener Schutzhülle vergleichen, die Geser für mich geschaffen hatte. Trotzdem würde mich ein Magier, der schwächer war als ich, für einen Menschen halten. Womöglich überschätzten wir die Kräfte dieser Hexe?
    Die erste halbe Stunde sah ich mir meine Umgebung aufmerksam an, betrachtete jedes verdächtige Gebüsch durchs Zwielicht und wirkte hin und wieder einen einfachen Suchzauber. Kurzum, ich ging strikt nach Lehrbuch vor, wie ein disziplinierter Anderer, der eine Razzia durchführt.
    Dann reichte es mir. Um mich herum war Wald, ein kleiner, nicht ganz gesunder Wald, der aber immerhin noch nicht den Touristen zum Opfer gefallen war. Ob das vielleicht daran lag, dass der ganze Wald nur fünfzig mal fünfzig Kilometer maß? Immerhin trieben sich hier allerlei Waldbewohner wie Eichhörnchen, Hasen und Füchse herum. Wölfe - echte, keine Werwölfe - gab es in ihm natürlich nicht. Auf die können wir allerdings auch gut verzichten. Dafür gab es allerlei Essbares: Einmal setzte ich mich neben einen Strauch mit wilden Himbeeren und pflückte innerhalb von zehn Minuten die bereits leicht vertrockneten, süßen Früchte. Dann stieß ich auf eine ganze Siedlung von Steinpilzen. Aber was heißt Siedlung? Auf eine wahre Metropole! Große, nicht wurmstichige

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