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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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leer. Überhaupt musste niemand dringend irgendwohin...
    Seufzend setzte ich mich ins Gras unter einen Apfelbaum, der schon lange einfach wild wucherte und nicht mehr trug. Ich aß ein riesiges Stück Brot mit Wurst und trank den Kwass. Und, um meinem Wohlbefinden noch eins drauf zu geben, beförderte ich das Buch über das Fuaran auf magische Weise durchs Fenster. In der Hoffnung, dass meine Schwiegermutter noch schlief und das levitierende Ding nicht sah... Beim zweiten Stück Brot vertiefte ich mich in die Lektüre. Die, ehrlich gesagt, höchst aufschlussreich war!
    Zu jener Zeit, als das Fuaran geschrieben worden war, gab es all die gelehrten Ausdrücke wie »Gene«, »Mutation« samt der ganzen biologischen Schlauheit, die heutzutage die Natur der Anderen erklären soll, noch nicht. Deshalb hat das Hexenkollektiv, das das Buch verfasst hatte (insgesamt fünf Autorinnen, die nur mit Vornamen aufgezählt wurden) auf Formulierungen wie »Neigung zu Zauberkunst«, »Veränderung der Natur« und dergleichen zurückgegriffen. Zu den Autorinnen gehörte auch Arina, worüber sich die Hexe gestern jedoch in aller Bescheidenheit ausgeschwiegen hatte!
    Im ersten Kapitel diskutierten die belesenen Hexen lange über die Natur der Anderen selbst. Sie gelangten zu folgendem Schluss: In jedem Menschen findet sich »eine Neigung zur Zauberei«. Das Niveau dieser »Neigung« ist bei allen unterschiedlich. Als Bezugsgröße kann man das natürliche Niveau der Magie nehmen, die über die ganze Welt ausgebreitet ist. Wenn die »Neigung« bei einem Menschen stärker ist als das Niveau der Magie in seiner Umwelt, dann wächst er zu einem ganz gewöhnlichen Menschen heran! Er wird nicht ins Zwielicht eintreten können und nur in seltenen Ausnahmen, wenn es zu Schwankungen des natürlichen magischen Niveaus kommt, wird er etwas Seltsames wahrnehmen. Wenn die »Neigung« in einem Menschen jedoch schwächer ist als in seiner Umwelt, wird er sich das Zwielicht zunutze machen können!
    Das klang höchst merkwürdig. Ich selbst hatte immer angenommen, die Anderen seien Menschen mit stark entwickelten magischen Anlagen. Die Hexen vertraten genau den entgegengesetzten Standpunkt.
    Als Beispiel führten sie eine komische Analogie an: Einmal angenommen, die Temperatur betrüge weltweit 36,5 °C. Dann würden die meisten Menschen, deren Körpertemperatur ja höher ist, Wärme abgeben und damit »die Natur aufheizen«. Die wenigen jedoch, deren Körpertemperatur aus irgendeinem Grund unter 36,5 °C liegen sollte, würden die Wärme aufnehmen. Wenn nun der permanente Strom von Kraft auf sie stößt, können sie diese Kraft nutzen, während die wärmeren Menschen ziellos »die Natur aufheizen«.
    Eine interessante Theorie. Ich hatte mich mit verschiedenen möglichen Erklärungen zu unserer Entstehung und den Unterschieden zu den Menschen auseinander gesetzt. Auf diese war ich bislang nicht gestoßen. Sie hatte etwas Demütigendes...
    Doch was spielte das für eine Rolle! Am Ergebnis änderte sie nichts! Es gab Menschen, und es gab Andere ... Ich las weiter.
    Das zweite Kapitel war den Unterschieden zwischen »Magiern und Zauberinnen« einerseits und »Hexen und Hexenmeistern« andererseits gewidmet. Zu dieser Zeit wurden mit dem Wort »Hexenmeister« nicht Dunkle Magier bezeichnet, sondern alle »Hexen männlichen Geschlechts«, also alle Anderen, die Artefakte verwendeten. Das Kapitel war interessant, und ich hatte den Eindruck, Arina habe es geschrieben. Es lief darauf hinaus, dass es im Prinzip keine Unterschiede gebe. Eine Zauberin operiert unmittelbar mit dem Zwielicht, aus dem sie Kraft abzieht, um verschiedene magische Handlungen zu vollführen. Die Hexe schafft zunächst ein »Kleinod«, das die Kraft des Zwielichts speichert und über einen langen Zeitraum eigenständig funktioniert. Der Vorteil der Zauberinnen und Magier ist der, dass sie keine Utensilien, Stäbe oder Ringe, Bücher oder Amulette brauchen. Der Vorteil der Hexen und Hexenmeister ist der, dass sie, nachdem sie einen brauchbaren Artefakt kreiert haben, in ihm einen derartigen Vorrat an Kraft speichern können, wie man ihn nur mit äußerster Anstrengung auf einen Schlag aus dem Zwielicht abziehen könnte. Die Schlussfolgerung drängte sich von selbst auf, doch Arina formulierte sie auch explizit: Ein vernünftiger Magier wird sich nicht gegen Artefakte sperren, ein kluger Hexenmeister versuchen zu lernen, auch direkt mit dem Zwielicht zu arbeiten. Nach Auffassung der Autorin

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