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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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werden wir »in hundert Jahren erleben, wie die größten und hochmütigsten Magier sich nicht mehr zu schade sind, Amulette zu benutzen, während es durch und durch orthodoxen Hexen nicht mehr zum Nachteil gereicht, ins Zwielicht einzutreten«.
    Mit dieser Prognose lag sie absolut richtig, daran ließ sich nicht rütteln. In der Nachtwache arbeiten hauptsächlich Magier. Aber Artefakte benutzen wir ständig...
    Ich ging in die Küche, brach mir noch Brot ab und goss mir Kwass ein. Sah auf die Uhr: sechs Uhr morgens. Irgendwo bellten zwar schon die ersten Hunde, aber das Dorf schlief noch.
    Das dritte Kapitel behandelte die zahlreichen Versuche von Anderen, einen Menschen in einen Anderen zu verwandeln - in der Regel trieben Liebe oder der eigene Vorteil die Anderen dazu -, aber auch die Versuche von Menschen, zu einem Anderen zu werden, nachdem sie auf die eine oder andere Weise hinter die Wahrheit gekommen waren.
    Ausführlich wurde auf die Geschichte von Gilles de Rais eingegangen, dem Waffengefährten von Jeanne d'Arc. Jeanne war eine sehr schwache Dunkle, eine »Hexe siebten Ranges«, was sie im Übrigen nicht daran hinderte, größtenteils edle Taten zu vollbringen. Über Jeannes Tod wurde höchst nebulös berichtet, selbst eine Andeutung, sie habe den Blick der Inquisitoren abgelenkt und sich vom Scheiterhaufen retten können, fehlte nicht. Ich hegte da so meine Zweifel: Jeanne hatte den Großen Vertrag verletzt, indem sie ihre menschlichen Beziehungen magisch geregelt hatte, sodass auch unsere Inquisition ein Auge auf die Vollstreckung der Strafe gehabt hatte. Und deren Blick lenkt niemand ab ... Die Geschichte des unglückseligen Gilles de Rais wurde dagegen weitaus detaillierter wiedergegeben. Sei es aus Liebe, sei es aus Verschrobenheit oder Nachlässigkeit, jedenfalls hatte Jeanne ihm alles über die Natur der Anderen erzählt. Der junge Ritter, für seine Kühnheit und seinen Edelmut berühmt, geriet auf Abwege. Man konnte also, so sinnierte er, magische Kraft bei ganz normalen Menschen sammeln, bei jungen und gesunden Menschen. Dafür müsste man sie nur peinigen, dem Kannibalismus frönen und die dunklen Kräfte um Hilfe bitten... Kurzum, der Mann wollte ein Dunkler Anderer werden. Er quälte mehrere hundert Frauen und Kinder, wofür er - ebenso wie für unterlassene Zinszahlungen - am Ende ebenfalls auf dem Scheiterhaufen landete.
    Aus dem Text ging hervor, dass selbst die Hexen dieses Vorgehen nicht billigen konnten. Die empörten Seitenhiebe gegen die Klatschbase Jeanne ließen sich nicht überlesen, die nicht druckreifen Beinamen für ihren übergeschnappten Waffengefährten sprachen für sich. Die Schlussfolgerung dagegen fiel trocken und wissenschaftlich aus: Es gebe absolut keine Möglichkeit, die »Neigung zur Zauberei« bei einem gewöhnlichen Menschen zu nutzen, um ihn in einen Anderen zu verwandeln. Denn ein Anderer zeichnet sich nicht durch seine größere »Neigung« aus, die der blutrünstige und dumme Gilles de Rais zu erreichen hoffte, sondern durch seine geringere! Daher machten alle grausamen Experimente ihn nur mehr und mehr zum Menschen ...
    Das klang überzeugend. Ich kratzte mir den Nacken. Also ... meine magische Veranlagung war also weitaus geringer als die des Alkoholikers Onkel Kolja? Und nur deshalb konnte ich mir das Zwielicht zunutze machen? Na so was... Swetlana hätte demnach wohl eine noch geringere »Neigung«?
    Und sollte Nadjuschka dann theoretisch überhaupt nicht magisch veranlagt sein? Weshalb die Kraft sich schier in sie ergoss? Ungehemmt, ohne jedes Problem? So sind sie, die Hexen, immer für einen Spaß zu haben!
    Das nächste Kapitel diskutierte die Frage, ob es möglich sei, das Niveau der Kraft der Natur anzuheben, damit sich eine höhere Zahl von Menschen in Andere verwandelte. Das Ergebnis bot nicht viel Trost: nein. Denn die Kraft nutzen nicht nur die Anderen, die im Prinzip zeitweise auf Magie verzichten konnten. Auch das blaue Moos, die einzige bekannte Pflanze, die in der ersten Zwielicht-Schicht wächst, fraß begeistert Kraft. Je mehr Kraft es gab, desto stärker würde das Zwielicht-Moos wachsen. Möglicherweise gab es in tieferen Schichten weitere Kraftverbraucher... Daher stellt das Kraftniveau eine Konstante dar. Als ich diesen Ausdruck in dem alten Buch las, musste ich schmunzeln.
    Danach folgte die Geschichte des Fuaran. Der Titel ging auf den Namen einer alten orientalischen Zaubermeisterin zurück, die unbedingt aus ihrer Tochter eine Andere

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