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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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jedoch nicht. Alles lief ja mit Zustimmung beider Wachen...«
    Eine interessante Neuigkeit! Was das wohl für eine Mission sein mochte, die sowohl die Dunklen wie auch die Lichten guthießen?
    »Arina hat ihre Mission brillant erfüllt«, fuhr Edgar fort. »Die Wachen haben sie sogar belobigt... Wenn ich mich nicht irre, haben ihr die Lichten das Recht auf dunkle Magie zweiten Grades eingeräumt.«
    Eine Geschichte, mit der nicht zu spaßen war. Mit einem Nicken nahm ich die Information zur Kenntnis.
    »Mit der Zeit kamen der Inquisition jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Arinas Vorgehen«, berichtete Edgar in sachlichem Ton. »Es tauchte der Verdacht auf, sie sei im Zuge ihrer Arbeit von einer der beiden Seiten beeinflusst worden und habe dann in deren Interesse gehandelt.« »Und von welcher Seite?«
    »Der lichten«, antwortete Edgar finster. »Eine Hexe hilft den Lichten - das klingt unwahrscheinlich, nicht wahr? Ebendeshalb hat man sie auch lange Zeit überhaupt nicht in Verdacht gehabt, doch irgendwann gab es zu viele indirekte Hinweise auf einen Verrat... Die Inquisition beorderte Arina ... zu einem Gespräch. Daraufhin verschwand diese. Eine Zeit lang suchte man nach ihr, aber in jenen Jahren, na ja, du weißt selbst, wie das damals gewesen ist...«
    »Worin bestand denn eigentlich ihre Aufgabe?«, fragte ich, ohne wirklich mit einer Antwort zu rechnen.
    Edgar seufzte. »Manipulation des Bewusstseins von Menschen ...«, sagte er dann aber. »Eine vollständige Remoralisation.«
    Ich schnaubte. Welches Interesse sollten die Dunklen denn daran gehabt haben?
    »Das erstaunt dich?«, brummte Edgar. »Hast du eigentlich eine Ahnung, was so eine Remoralisation bedeutet?« »Ich habe sie sogar durchgeführt. Bei mir selbst.«
    Ein paar Sekunden lang sah Edgar mich überrascht an. Dann nickte er. »Ach ... ja. Natürlich. Dann ist es nicht schwer, das Ganze zu erklären. Eine Remoralisation ist ein relativer Prozess, kein absoluter. Letzten Endes gibt es in der Welt eben keine allgemein gültige Moral. Deshalb zwingt die Remoralisation einen Menschen zwar, sich absolut ethisch zu verhalten, jedoch nur im Rahmen seiner moralischen Grundwerte. Grob gesagt, wird ein papuanischer Kannibale, der das Verspeisen seines Feindes nicht für ein Verbrechen hält, sein Gelage seelenruhig fortsetzen. Aber das, was die Moral ihm verbietet, wird er dann in der Tat unterlassen.« »Das ist mir klar«, sagte ich.
    »Siehst du, und diese Remoralisation damals war eben nicht ganz relativ. Bestimmten Menschen - von etlichen hast du sicher gehört, aber Namen tun hier nichts zur Sache - ist die kommunistische Ideologie ins Bewusstsein gepflanzt worden.«
    »Der moralische Kodex zum Aufbau des Kommunismus«, brummte ich.
    »Der war damals noch nicht erfunden«, antwortete Edgar sehr ernst. »Aber etwas in der Art wird es wohl gewesen sein. Diese Menschen fingen an, in völliger Übereinstimmung mit den Normen zu handeln, die als kommunistische Ethik deklariert worden sind.«
    »Ich kann mir vorstellen, welches Interesse die Nachtwache daran hatte«, sagte ich. »Die kommunistischen Prinzipien haben viel für sich... Aber das Interesse der Dunklen?«
    »Die Dunklen wollten sich überzeugen, dass eine oktroyierte, lebensunfähige Ethik zu nichts Gutem führt. Dass die Opfer des Experiments entweder den Verstand verlieren, sterben oder anfangen, entgegen der Remoralisation zu handeln.«
    Ich nickte. Was für ein Experiment! Was waren da schon die Naziärzte, die Körper verstümmelten! Hier kamen die Seelen unters Messer...
    »Empört dich das Verhalten der Lichten?«, fragte Edgar einschmeichelnd.
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin überzeugt, dass sie diesen Menschen nichts Böses wollten. Sondern darauf hofften, dass ein solches Experiment zum Aufbau einer neuen, einer glücklichen Gesellschaft führt.« »In der KPdSU bist du nicht gewesen?« Edgar grinste.
    »Nur bei den Pionieren. Gut, den Kern des Experiments habe ich verstanden. Aber warum wurde dafür ausgerechnet eine Hexe herangezogen?«
    »In diesem Fall war die Anwendung von Hexerei weitaus ökonomischer als der Einsatz von Magie«, erklärte Edgar. »Das Objekt des Experiments waren Tausende von Menschen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichem gesellschaftlichen Status. Kannst du dir vorstellen, welche Kräfte Magier hätten sammeln müssen? Eine Hexe konnte das jedoch mit einem Kräutertrank bewerkstelligen...« »Hat sie den ins Trinkwasser

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