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3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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sie damit nicht im Mindesten.
    »Ich habe ja nicht gesagt, dass Sie sich geirrt hätten. Sie haben sich absichtlich nicht an das Rezept gehalten. Mit dem Ergebnis ...« Er legte eine Pause ein.
    »Mit welchem Ergebnis?«, empörte sich Arina. »Der fertige Trunk ist getestet worden! Er hatte genau die Wirkung, die er haben sollte!«
    »Mit dem Ergebnis, dass die Wirkung des Kräutertranks unverzüglich einsetzte«, sagte Edgar. »Die Nachtwache ist noch nie eine Sammelstätte für dumme Idealisten gewesen. Die Lichten haben genau gewusst, dass alle zehntausend Versuchspersonen, die mit einem Schlag die kommunistische Moral übernehmen, verloren sind. Die Wirkung des Kräutertranks hätte allmählich einsetzen müssen, damit die Remoralisation in vollem Umfang erst in zehn Jahren zum Tragen gekommen wäre, also im Frühjahr 1941.«
    »Sicher«, erwiderte Arina vernünftig. »Mein Trank war ja auch entsprechend.«
    »Der Kräutertrank hat praktisch sofort gewirkt«, widersprach Edgar. »Wir haben nicht gleich durchschaut, was da vor sich ging, doch bereits nach einem Jahr hatte die Zahl der Probanden um die Hälfte abgenommen. Weniger als einhundert Menschen haben bis 1941 überlebt, nämlich diejenigen, die die Remoralisation überwinden konnten ... indem sie eine gewisse moralische Flexibilität an den Tag legten.«
    »Och, wie betrüblich.« Arina hob bedauernd die Hände. »Schlimm, schlimm, schlimm... die armen kleinen Menschen...« Sie setzte sich wieder. Schielte zu mir herüber. »Was ist, Lichter?«, fragte sie. »Glaubst du auch, dass ich den Dunklen in die Hände gearbeitet habe?«
    Sollte sie lügen, dann tat sie das ausgesprochen überzeugend. Ich zuckte mit den Achseln.
    »Ich habe alles genau richtig gemacht«, meinte Arina stur. »Die Hauptzutaten wurden ins Mehl gemischt... Wissen Sie eigentlich, wie schwierig in jenen Jahren Sabotage gewesen ist? Als Verzögerungsmittel für das Elixier diente einfacher Zucker ...« Abermals hob sie die Hände. Dann sah sie Edgar triumphierend an. »Daran muss es gelegen haben! Hungerjahre, die Menschen haben den Zucker geklaut... Deshalb hat das Elixier zu schnell gewirkt...«
    »Eine interessante Version«, kommentierte Edgar, während er seine Papiere durchblätterte.
    »Mich trifft keine Schuld«, erklärte Arina fest. »Der Operationsplan ist abgesegnet worden. Wenn die Weisen der Wachen derart simple Sachen nicht bedenken, wessen Schuld ist das dann?«
    »Das ist ja alles schön und gut«, versicherte Edgar und hielt ein Blatt Papier hoch. »Allerdings haben sie das erste Experiment an den Arbeitern der Brotfabrik vorgenommen. Hier ist Ihr Bericht, erkennen Sie ihn? Danach hätten sie keinen Zucker mehr stehlen dürfen. Damit bleibt nur eine Möglichkeit: Sie haben die Operation mit Absicht in den Sand gesetzt.«
    »Wollen wir nicht weitere Versionen in Betracht ziehen?«, sagte Arina kläglichen Tones. »Zum Beispiel...«
    »Zum Beispiel die Aussagen Ihrer Freundin Luisa gegen sie«, schlug Edgar vor. »Darüber, dass sie zufällig beobachtet hat, wie Sie an den Tagen, an denen die Operation durchgeführt wurde, mit einem bislang noch nicht identifizierten Lichten Magier Kontakt gehabt haben, mit dem sie sich bei den Tribünen der Pferderennbahn getroffen haben. Darüber, dass sie beide lange miteinander gestritten und gefeilscht haben, bis der Lichte Ihnen schließlich ein Päckchen aushändigte und Sie nickten. Anschließend haben sie beide sich die Hand geschüttelt. Luisa konnte sogar einen Satz aufschnappen: >Ich mache es, und es wird kein Jahr vergehen ...< Mir ist erinnerlich, dass es Ihnen während der Dauer des Experiments verboten war, mit Anderen Kontakt aufzunehmen. Das stimmt doch, oder?« »Ja«, sagte Arina und senkte den Kopf. »Lebt Luschka noch?«
    »Leider nicht«, antwortete Edgar. »Doch ihre Aussagen sind zu Protokoll genommen worden...«
    »Schade ...«, murmelte Arina. Worauf sie dieses >schade< bezog, erklärte sie nicht. Aber man brauchte nicht viel Phantasie, um darauf zu kommen, dass Luisa noch einmal Glück gehabt hatte.
    »Können Sie uns sagen, mit welchem Lichten Sie in Kontakt gestanden haben, was Sie zu tun versprochen und was Sie von ihm bekommen haben?«
    Arina hob den Kopf und lächelte mich bitter an. »Zu dumm...«, bemerkte sie. »In was für dumme Situationen ich immer gerate ... wegen Kleinigkeiten. Wie mit dem Teekessel...«
    »Arina, ich bin gezwungen, Sie zwecks weiterer Befragungen mitzunehmen«, erklärte Edgar.

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