Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
3 - Wächter des Zwielichts

3 - Wächter des Zwielichts

Titel: 3 - Wächter des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
»Im Namen der Inquisition...«
    »Versuch es doch mal, Zweitrangiger«, entgegnete Arina amüsiert. Und verschwand.
    »Sie ist ins Zwielicht eingetaucht!«, rief ich, während ich mich von der Wand abstieß und mit dem Blick meinen Schatten suchte. Edgar zögerte jedoch noch eine Sekunde: Er prüfte erst, ob die Hexe nicht unseren Blick abgelenkt hatte.
    Wir tauchten fast gleichzeitig in die erste Schicht ein. Leicht verängstigt sah ich zu Edgar hinüber. In wen er sich wohl in der Zwielicht-Welt verwandelt hatte?
    Gut, das ging. Nur minimale Veränderungen. Bloß weniger Haare.
    »Tiefer!« Energisch fuchtelte ich mit der Hand. Edgar schüttelte den Kopf, hob die Hand vors Gesicht - die ihn förmlich aufzusaugen schien. Beeindruckend, diese Tricks der Inquisitoren.
    In der zweiten Schicht, in der das Häuschen sich in eine Holzhütte verwandelt hatte, blieben wir stehen und sahen uns an. Arina war auch hier natürlich nirgends zu entdecken.
    »Sie ist weiter in die dritte Schicht...«, flüsterte Edgar. Er hatte jetzt überhaupt keine Haare mehr, dafür einen lang gestreckten Schädel, der wie ein Entenei aussah. Sonst war alles in Ordnung, das Gesicht fast menschlich. »Kannst du das auch?«, fragte ich. »Einmal habe ich es schon geschafft«, antwortete Edgar ehrlich. Unser Atem wölkte auf. Obwohl es uns nicht sehr kalt vorkam, kroch ein eisiger Schauder heran... »Ich habe es auch schon einmal geschafft«, gestand ich.
    Wir drucksten herum wie selbstbewusste Schwimmer, denen plötzlich klar wird, dass der Fluss vor ihnen zu stürmisch und zu kalt ist. Keiner wollte den ersten Schritt machen. »Anton... hilfst du mir?«, fragte Edgar schließlich.
    Ich nickte. Wozu hatte ich mich denn sonst ins Zwielicht gestürzt?
    »Gehen wir ...«, sagte der Inquisitor, wobei er konzentriert zu Boden sah.
    Kurz darauf traten wir in die dritte Schicht ein, in die normalerweise nur Magier ersten Grades vordringen dürfen. Die Hexe war nirgends zu sehen.
    »Ein komischer Sinn ... für Humor ...«, flüsterte Edgar, während er sich umsah. Die Hütte aus Zweigen war in der Tat beeindruckend. »Anton ... sie hat es selbst gebaut... sie kann sich hier lange aufhalten...«
    Langsam - der Raum um mich herum widersetzte sich abrupten Bewegungen - ging ich zur »Wand«. Bog die Zweige auseinander. Schaute hindurch. Das sah absolut nicht wie die Menschenwelt aus.
    Am Himmel zogen gleißende Wolken - Stahlspäne, in Glyzerin getaucht. Statt der Sonne loderte weit, weit oben eine glutrote Feuerwolke, der einzige Farbfleck im grauen Höhenrauch. Um uns herum erstreckten sich bis zum Horizont jene knorrigen, flachen Bäume, aus denen die Hexe ihr Haus gebaut hatte. Doch ob das wirklich Bäume waren? So blattlos, nur mit diesem eigenartig verflochtenen Geäst...
    »Anton, sie ist noch tiefer gegangen. Anton, sie steht außerhalb jeder Kategorie«, sagte Edgar hinter mir. Ich drehte mich um und sah den Magier an. Dunkelgraue Haut, ein kahler, langgezogener Schädel, eingefallene Augen ... Immerhin Menschenaugen. »Wie sehe ich aus?« Edgar bleckte die Zähne zu einem Lächeln. Was er nicht hätte tun sollen: Er hatte spitze kegelförmige Zähne. Wie ein Hai.
    »Nicht sehr gut«, gab ich zu. »Aber vermutlich sehe ich auch nicht besser aus, oder?«
    »Das ist nur äußerlich«, antwortete Edgar ungerührt. »Kannst du dich halten?«
    Das konnte ich. Das zweite Abtauchen in diese Tiefe des Zwielichts fiel mir schon leichter.
    »Wir müssen in die vierte Schicht gehen!«, sagte Edgar. In seinen Augen - da konnten es hundertmal die eines Menschen sein - glühte das Feuer des Fanatismus.
    »Stehst du außerhalb jeder Kategorie?«, fragte ich zurück. »Edgar, mir wird schon die Rückkehr schwer fallen!« »Wir können unsere Kräfte vereinigen, Wächter!«
    »Wie?« Ich war verwirrt. Sowohl Dunkle als auch Lichte kennen den Kraftkreis. Aber das ist eine gefährliche Sache, die mindestens drei oder vier Andere erfordert ... Außerdem: Wie sollten lichte und dunkle Kraft vereinigt werden?
    »Lass das meine Sorge sein!« Edgar schüttelte energisch den Kopf. »Anton, sie verschwindet! Sie verschwindet in die vierte Schicht! Vertrau mir!« »Einem Dunklen?«
    »Einem Inquisitor!«, fuhr mich der Magier an. »Ich bin Inquisitor, klar? Anton, vertrau mir, ich befeh...« Edgar verstummte, um dann in freundlicherem Ton hinzuzufügen: »Ich bitte dich!«
    Keine Ahnung, was mich packte. Jagdeifer? Der Wunsch, diese Hexe zu erwischen, die Tausende von

Weitere Kostenlose Bücher