3 - Wächter des Zwielichts
willst du überhaupt wissen, ob sie noch hier sind? Vielleicht sind es die üblichen Städter, die ins Umland gefahren sind, um zu jagen. Du solltest die Augen besser aufhalten, Anton.«
»Irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie noch hier sind«, murmelte ich. Das stimmte, obwohl ich nicht erklären konnte, woher ich diese Überzeugung nahm. Im Dorf war alles sauber... Und Werwölfe stromern selten länger als einen Tag in ihrem Wolfskörper herum.
»Überprüf die Nachbardörfer«, riet Edgar mir. »Zumindest das, in dem die Hexe ihre Einkäufe gemacht hat. Obwohl... das wird nichts bringen. Nach einer erfolglosen Jagd ziehen sie sofort den Schwanz ein und verstecken sich ... Ich kenne ihre Natur.«
Ich nickte. Der Rat hatte, obwohl reichlich elementar, etwas für sich. Ich hätte gleich die Gegend abklappern sollen, statt hinter einer harmlosen Hexe herzujagen. Ein toller Detektiv - den das Fuaran interessierte ... nicht die alltägliche, öde Arbeit. Verbrechensvorbeugung, wie es zu Sowjetzeiten so schön hieß. »Viel Glück, Edgar«, sagte ich.
»Dir auch, Anton.« Nach kurzem Nachdenken fügte Edgar hinzu: »Ach, übrigens, die Situation ist ganz interessant, weil in den Fall mit der Hexe beide Wachen involviert sind. Du vertrittst sozusagen die Interessen der Nachtwache. Aber ich glaube, dass Sebulon auch jemanden schickt... solange die Lage noch nicht geklärt ist.« Ich seufzte. Mit jeder Stunde wurde das Ganze verzwickter.
»Ich kann mir schon vorstellen, wen er schickt«, erwiderte ich. »Sebulon genießt es, mir kleine gemeine Überraschungen zu bereiten.«
»Du solltest dich lieber darüber freuen, dass er sich keine großen gemeinen Überraschungen ausdenkt«, blaffte Edgar. »Die kleinen musst du halt ertragen. Niemand kann die Natur eines Menschen ändern, wenn dein Freund ein Dunkler ist, dann wird er auch als Dunkler sterben.«
»Kostja ist längst tot. Und er ist kein Mensch, sondern ein Vampir. Ein Anderer.«
»Was macht das für einen Unterschied aus?«, fragte Edgar finster. Er steckte die Hände in die Taschen seiner teuren Hosen, die er so vorzüglich zu tragen verstand, sackte leicht in sich zusammen und betrachtete die am Horizont untergehende rote Sonne. »Alles ist eins in dieser Welt, Wächter...«
Hm! Die Arbeit bei der Inquisition wirkt sich doch seltsam auf die Anderen aus! Lässt sie einen nihilistischen Blick aufs Leben werfen. Nimmt ihnen alle Ideale ...
»Viel Glück«, wiederholte ich und machte mich daran, den Hügel hinabzusteigen. Während Edgar sich ohne Rücksicht auf seinen Anzug ins Gras legte und in den Himmel starrte.
Sechs
Auf halbem Weg zum Haus traf ich Xjuscha und Romka. Die beiden Kinder gingen zügig die staubige Straße entlang, hielten sich bei den Händen. Ich winkte ihnen zu.
»Ihre Nadjuschka ist mit ihrer Omi zum Fluss hinuntergegangen!«, rief Xjuscha mir sofort entgegen.
Ich musste grinsen. Alles in allem bekam Ljudmila Iwanowna nur selten ein »Oma« zu hören - doch wie jede Moskauer Frau um die fünfzig hasste sie diese Bezeichnung. »Schön, sollen sie ruhig noch spazieren gehen«, sagte ich. »Haben Sie die Wölfe schon gefunden?«, rief Romka. »Nein, deine Wölfe sind verschwunden«, erwiderte ich.
Oder hätte ich aus psychotherapeutischen Gründen sagen sollen, ich hätte die Wölfe gefangen und einem Zoo übergeben? Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, dass der Junge nach seiner Begegnung mit den Tiermenschen irgendwie verängstigt war. Arina hatte wirklich gute Arbeit geleistet.
Auf dem Weg nach Hause begrüßte ich noch ein paar weitere Dorfbewohner. Swetlana hatte meine Hängematte okkupiert - mit einer Flasche Bier und dem Fuaran. Phantasie oder Wahrheit? in der Hand, dessen letzte Seite sie bereits erreicht hatte. »Interessant, oder?«, fragte ich.
»Hm«, nickte Swetlana. Das Bier trank sie ohne Umschweife direkt aus der Flasche. »Lustiger als Mumins wundersame Inselabenteuer von Tove Jansson. Mir ist jetzt klar, warum früher nicht alle Geschichten der Mumins gedruckt worden sind. Die letzten sind absolut nichts für Kinder. Tove Jansson muss in einem tiefen Loch gesteckt haben, als sie sie geschrieben hat.«
»Auch eine Schriftstellerin hat das Recht auf Niedergeschlagenheit«, erklärte ich.
»Wenn sie Kinderbücher schreibt, dann nicht«, widersprach Swetlana scharf. »Kinderbücher sollen gut sein. Sonst ist es wie bei einem Traktorfahrer, der das Feld schief pflügt und dann sagt: >Ich bin heute so traurig, da
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