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302 - Wo der Wahnsinn regiert

302 - Wo der Wahnsinn regiert

Titel: 302 - Wo der Wahnsinn regiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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wie sein Körper erstarrte. Alles in ihm war kalt und gefroren.
    Er dachte an seine Träume, die ihn noch immer quälten. Träume von Riesenwellen, die über das Land kamen und alles verschlangen. Waren nicht auch diese Ostmänner mit ihren missgestalteten Körpern wie eine Welle? Sie brandeten an seine Mauern wie die Sintflut des Alten Testaments, mit nur dem einen Wunsch, alles fortzureißen, was er erschaffen hatte.
    »Majestät«, Stefaans Stimme klang eindringlich. »Sie sind weit in der Überzahl. Bitte, ein Schloss kann neu erbaut werden, aber Euer Leben ist zu wertvoll. Gebt den Befehl, den geheimen Gang zu nutzen. Wir müssen uns in den Bunker zurückziehen!«
    Ein Zittern überfiel Masao. Ob Ludwig jemals so schwach gewesen war? »Zurückziehen?«, murmelte er und konnte den Blick nicht abwenden von dem Heer, das sich anschickte, ein umzäuntes Lager am Fuß des Felsens zu bauen, auf dem sein Schloss stand.
    Stefaan packte seinen Arm. »Majestät, seht mich an!«
    Langsam drehte Rudowigu den Kopf und sah dem Mann in die Augen, der fast zehn Jahre jünger war als er selbst. Er sah die Furcht im Gesicht des anderen, aber auch die Hoffnung. Diese Niederlage würde nicht endgültig sein. Hasserfüllt sah er erneut in die Tiefe.
    Hätte er diese Situation vorausgesehen, hätte er ein Mittel entwickelt, das Tod und Verderben über die Barbaren bringen konnte. Die Medizin bot Möglichkeiten, ganze Völker zu vernichten, aber bislang hatte sich nicht die Notwendigkeit ergeben, todbringende Waffen zu entwickeln. In Zukunft würde er vorbereitet sein. Eine solche Niederlage durfte sich nicht wiederholen.
    Aber zuerst musste er in Sicherheit bringen, was noch zu retten war.
    »Öffnet den Gang in die Felsenschluchten«, sagte er heiser. »Von dort aus fliehen wir in den Bunker.«
    ***
    Doyzland, Gegenwart
    Matt sah unentschlossen von der reglosen Xij zu Rudowigu. »Ich möchte meine Begleiterin in diesem Zustand nicht allein lassen.«
    »Dann sollte ich wohl mitkommen«, hörte er zu seiner Überraschung Xij Hamlets Stimme. Sie setzte sich im Bett auf und sah ihn mit wachem Blick an. Matt war sicher, dass sie ihm wieder etwas vorspielte, aber er war zu erleichtert, um deshalb ärgerlich zu sein.
    »Xij. Du sollst dich ausruhen!«
    Der Oberarzt – oder vielmehr der neue König Ludwig , so wie er sich kleidete und benahm – sagte wieder etwas auf Japanisch.
    »Papperlapapp«, übersetzte Stefaan. »Die Kleine soll mit in den Thronsaal kommen. Dort könnt ihr euer Anliegen vorbringen.« Er reichte Xij galant den Arm und sie zog sie aus dem Bett.
    Xij sah sich anerkennend um. »Schicke Hütte.«
    Stefaan hob eine Augenbraue und übersetzte das Gesagte ins Japanische, wobei aus den zwei Worten mindestens zehn wurden. Der »König« nickte erfreut und Matt fügte sich, als er zur Tür deutete. Er sah noch einmal misstrauisch zu Xij, aber sie schien tatsächlich selbst laufen zu können und stützte sich nur leicht auf Stefaans Arm.
    Der geckenhafte Mann übersetzte ihnen weiterhin die Worte Rudowigus: »Wir haben das Schloss vor einigen Jahren erobert. Hier hatte sich eine Barbarenhorde eingenistet, der Lupa-Clan. Wir konnten sie vertreiben und eine Stätte der Heilung einrichten, in dem der Wert des Lebens über allem steht.«
    Matt verkniff sich die Bemerkung, dass diese »Stätte der Heilung« immer noch meilenweit entfernt war von den medizinischen Einrichtungen seiner Zeit. Ansonsten hätte man sich gleich um Xij gekümmert. Stattdessen sagte er: »Das Schloss hat eine lange Geschichte und einen interessanten Erbauer. So weit ich weiß, kam er im Starnberger See ums Leben.«
    Stefaan nickte und tat seine Pflicht. »Sie wissen um die Zeit vor Kristofluu?«, übersetzte er dann für den König. »Kommen Sie aus einem Bunker?«
    Die unverblümte Frage brachte Matt nicht aus dem Konzept. Er betrachtete die Wandteppiche und Gemälde und horchte auf einen fernen Laut, der wie das Fußscharren eines großen Tieres klang. »Nein, aber ich kenne einige Technos.« Er musste vorsichtig sein. Der frühere Weltrat unter Präsident Arthur Crow und die »Meister der Insel« auf der russischen Halbinsel Kamtschatka hatten Japan übel mitgespielt und die Ostmänner auf das Land gehetzt. Seine Bunkerbekanntschaften konnten ihm zum Verhängnis werden, falls der Verdacht aufkam, er befände sich auf einer ehemals gegnerischen Seite.
    Rudowigu nickte nur gelassen und führte sie in einen Saal mit vielen Fenstern und prächtig bemalten

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