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307 - Späte Vergeltung

307 - Späte Vergeltung

Titel: 307 - Späte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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abzuschütteln, bestand keine Gefahr.
    Sie befand sich erneut in einem viereckig gemauerten Saal. Auf einem mannshohen Sockel in der Mitte sah sie den Silbernen Kessel . Für einen Moment hielt sie fasziniert den Atem an. Er ruhte auf einem breiten, sich nach oben verjüngenden Fuß und besaß seitlich zwei große Henkel. Auf dem Deckel befand sich die stilisierte Figur eines Mannes, der den Fuß auf einen Totenschädel oder etwas ähnlich Rundes stellte. [3]
    Neben dem Silbernen Kessel lag die Leiche eines weiteren Unglücklichen. Er schien noch nicht allzu lange tot zu sein und trug einen grauen Mantel aus grobem Leinen. Die Kriegerin griff sich das Kleidungsstück und schlüpfte hinein. So fühlte sie sich gleich etwas besser geschützt. Vorsichtig tastete sie nach dem Silbernen Kessel . Es schien so, als könnte sie ihn problemlos an sich nehmen.
    In diesem Moment klirrte es. Ninian fuhr herum. Sie sah gerade noch, wie der Bihänder in hohem Bogen durch den Raum flog und sich zwei-, dreimal auf dem Boden überschlug. Und bis in ihre Reichweite rutschte!
    Ninian nahm die Waffe an sich. Erleichtert stellte sie fest, dass der Scorpoc ihr nicht folgte. Was hinderte ihn daran? Verließ er die Röhre nie? Aber was hatte dann den Mann hier drin getötet?
    Ninian erfuhr es im nächsten Augenblick. Aus der weiterführenden Röhre am gegenüberliegenden Ende des Raums drang Rauch. Aus der Dunkelheit tastete sich eine riesige Klaue! Sie war verkrümmt und wirkte fast wie die Wurzeln eines Baumes.
    Ein übermannsgroßes Insekt schob sich hinterher. So etwas hatte Ninian noch nie zuvor gesehen. Es ging wie ein Mensch auf zwei Beinen, leicht vornüber gebeugt. Sein Kopf wirkte wie ein Helm.
    Gleich darauf stand Ninian vieren dieser Biester gegenüber. Sie stellte sich ihnen zum Kampf.
    Die Wesen mussten etwas anderes als Insekten darstellen, denn sie besaßen einen Blutkreislauf. Und dieses Blut verteilte sich nun großzügig im Raum. Als Ninian alle vier getötet hatte, sank sie keuchend auf die Knie. Der blutüberströmte Bihänder lag auf ihren Oberschenkeln.
    Plötzlich kribbelte es in ihrem Nacken. Ninian warf sich sofort zur Seite. Ein fünftes Biest hatte sich aus der Röhre geschoben und stürzte sich nun mit einem weiten Sprung auf sie. Ninian wehrte es mit einem Fußtritt ab und konnte es im Infight schließlich besiegen, indem sie ihm das Genick brach.
    Jetzt war der Weg für die Kriegerin frei. Sie nahm den Silbernen Kessel an sich und erreichte einen weiteren Raum, der völlig leer war. Es dauerte ein paar Minuten, in denen sie immer hektischer wurde, bis sie die flache ovale Aussparung in Brusthöhe an einer Wand bemerkte.
    Ninian überlegte einen Augenblick. Dann drückte sie den Sockelboden des Silbernen Kessels in die Öffnung. Sie hatte richtig vermutet: Der Sockel passte exakt.
    Es knirschte leise, als sich plötzlich eine Tür in der Wand öffnete. Ninian trat in strahlendes Licht und wurde von drei Erleuchteten empfangen, die ihr Schwerter entgegen reckten.
    Habe ich die Zeit überschritten?, durchfuhr es sie. Werden sie mich nun töten?
    Doch wider Erwarten begrüßten die Männer Ninian höflich, nahmen ihr den Silbernen Kessel ab und führten sie zu Meister Chan.
    »Gute Leistung, sehr gute Leistung sogar«, sagte der Reenscha. »Du hast es in zwei großen und vierzig kleinen Zeiteinheiten geschafft, Ninian. Das ist besser als Alastars Leistung. Du hast den Posten also. Knie vor mir nieder, meine neue Chefexekutorin, damit ich dich auf mich einschwören kann.«
    ***
    Oktober 2527, Südschottland
    Ich musste fort, um etwas zu erledigen. Bitte macht euch keine Sorgen und sucht nicht nach mir. In längstens drei, vier Wochen bin ich zurück. Xij
    Die junge, knabenhafte Frau schaute noch einmal die Worte an, die sie in sorgfältiger Handschrift auf ein Blatt Papier geschrieben hatte. Dann legte sie die Nachricht auf das unberührte Kopfkissen und verließ auf leisen Sohlen ihr Zimmer.
    In den bewohnten Bereichen von Canduly Castle brannten die ganze Nacht über Fackeln. Xij schlich durch das Treppenhaus und den Wohntrakt von Rulfan und Myrial. Als sie an der massiven Eichentür vorbeikam, hinter der der Wohnsaal lag, hörte Xij Stimmen. Sie schienen ziemlich erregt zu sein. Stritt da jemand?
    Die Tür stand einen Spaltbreit offen. Xij wurde neugierig und spähte hindurch. Rulfan und Myrial saßen vor einem prasselnden Kaminfeuer. Der Burgherr hielt seinen schlafenden Sohn auf den Armen und wiegte ihn

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