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310 - Auf gewagtem Kurs

310 - Auf gewagtem Kurs

Titel: 310 - Auf gewagtem Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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diesem Augenblick gar nicht daran, was in dieser Kajüte erst vor wenigen Wochen geschehen war? Tumaara blickte schaudernd zur Wand mit der Koje und den beiden lederbezogenen Schemeln davor, dann zu Aruula. Sie schlief in dieser Kajüte, in der Lusaanas Geist vielleicht noch immer wachte.
    »Dort ist sie gestorben«, flüsterte sie, überwältigt von der Erinnerung. »Genau da, neben deinem Stuhl, auf ihrem Krankenlager.«
    Aruula schwieg. Wollte sie denn gar nichts zum Tod Lusaanas sagen? In dieser Kajüte hatte die Königin Aruula zur Nachfolgerin bestimmt und ihr Leben ausgehaucht. Sie war den schweren Verletzungen erlegen, die die blonde Kriegerin Xij ihr mit einem Kampfstab beigebracht hatte.
    »Warum willst du mich sprechen?«, frage Aruula. Tumaara suchte in ihrem Gesicht nach Spuren von Emotionen, aber es gab keine. Wenn Aruula trauerte, verbarg sie es gekonnt.
    Sie gab sich einen Ruck und trat näher an den Kartentisch vor dem Stuhl heran. Auch das war irritierend: Aruula ließ niemanden mehr näher als ein paar Schritte an sich heran, als scheute sie die Nähe. »Ich mache mir Sorgen um dich, Aruula. Seitdem du dein Amt angetreten hast, bist du verändert und kapselst dich ab. Es ist, als ob ein Schatten auf deiner Seele liegt.«
    Aruula lächelte und machte eine Bewegung mit der Hand, als wollte sie Fleggen vertreiben. »Es geht mir gut, du brauchst dir keine Gedanken zu machen.«
    Tumaara beugte sich vor. »Aber das tue ich. Was geschah in den Ruinen? Und warum treibst du den Krieg gegen die Nordmänner so voran, trotz aller Gefahren, die ein plötzlicher Wintereinbruch mit sich bringt? Auch ich finde, dass wir gegen die Lokiraa-Krieger ziehen müssen – aber warum diese Eile? Was steckt wirklich dahinter? Suchst du Ablenkung, weil Maddrax dich verlassen hat?«
    In Aruulas Mimik veränderte sich nichts. »Damit hat es nichts zu tun.«
    Tumaara ließ nicht locker. »Woran liegt es dann?«
    Die Königin schloss die Augen und senkte den Kopf. Fast wirkte sie, als wollte sie lauschen . »Ich habe... Visionen«, flüsterte sie. »In meinen Träumen sehe ich den Tod unserer Kriegerinnen. Auch Bahafaas Tod.«
    Zum ersten Mal seit Langem hatte Aruulas Stimme nicht diesen harten Unterton. Echte Gefühle schwangen in ihren Worten mit. »Das tut mir leid, Schwester«, sagte Tumaara. »Trotzdem: Du hättest dich nicht zu einem Kriegszug im Winter hinreißen lassen dürfen.«
    Aruula sah auf. »Es ist die Entscheidung der Königin«, antwortete sie. Der emotionale Klang war wieder aus ihrer Stimme verschwunden. »Versteh bitte, dass ich allein verantwortlich bin für unser Volk und auch allein entscheide. Diese Last ruht auf meinen Schultern, nicht auf deinen.«
    Tumaara fuhr zurück. Ihr Verständnis wandelte sich in Ärger. Sie ballte die Hände zu Fäusten und hieb auf den Kartentisch. »Verdammt, Aruula, hör damit auf! Ja, du bist die Königin, erwählt von und durch Wudans Willen und seine Gnade! Warum erkennst du diese Ehre nicht als das, was sie ist, und tust so, als sei sie eine Last? Und warum weihst du uns nicht mehr in deine Sorgen und Nöte ein? Hast du nicht selbst kurz vor deiner Krönung gesagt, du wüsstest, wie dringend wir dich brauchen?«
    Aruula stand auf. Das weiße Gewand der Königin zierte sie wie keine Zweite. Der rote Mantelsaum fiel vom Stuhl zum Boden. Ihre Stimme klang streng. »Ich weiß, dass ihr mich braucht. Aber vielleicht braucht ihr mich weit mehr, als ich euch. Und vielleicht, Tumaara, gefällt dir dieser Umstand nicht.«
    Eine Weile starrten sie einander schweigend an. Der Moment hätte ewig andauern können, wenn nicht plötzlich ein Getöse aufgeklungen wäre, das von draußen kam.
    »Was ist das?« Alarmiert hob Tumaara den Kopf zur hölzernen Decke. »Ein Sturm?«
    Aruula griff nach ihrem Schwert. Die Tür der Kajüte flog auf. Juneedas zerfurchtes Gesicht erschien. »Aruula, Tumaara, kommt schnell! Das müsst ihr euch ansehen!«
    Sie stürmten die schmale Treppe hinauf und sprangen an Deck. Hastig ließen sie die Heckaufbauten hinter sich und eilten an die Bugreling. Tumaara fasste sich mit der Hand an die Brust. Ihr Herz schlug laut und schmerzhaft. Der harte Rhythmus pulsierte in ihren Ohren.
    »Ihr Götter!«, brachte sie hervor. Sie konnte kaum glauben, was sie sah: Über den schäumenden Wogen des kalten Sunds schwebte ein Ding in der Luft, wie sie noch keines erblickt hatte.
    »Ein Raumfahrzeug«, flüsterte Aruula.
    Ein Teil der Kuppel des Gefährts öffnete sich,

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