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313 - Der verlorene Pfad

313 - Der verlorene Pfad

Titel: 313 - Der verlorene Pfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
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um Maddrax’ Heimat zu erreichen, hätten sie Wochen unterwegs sein müssen.
    Juefaan bekam große Augen, die Barbarin jedoch nahm sich nicht die Zeit zum Staunen. Ein schneller Griff, dann hielt sie den Speer in der Hand, den ihr Maarue überlassen hatte. Die scharfe Eisenspitze nach vorn gerichtet, schritt sie energisch auf den... Indianer zu.
    »Wo kommst du her? Wie heißt du? Was willst du hier?«, fragte Aruula schroff und erwartete eine Antwort in unverständlichem Kauderwelsch. Aber weit gefehlt!
    »Ich stamme aus Salisbury. Mein Name ist Tsheton-wakawa-mani [4] …und ich suche meine Freundin«, sagte der Fremde sanft.
    Aruula zog ein Gesicht, als hätte man ihr einen Sack Tofanen an den Kopf geknallt. Mehr als ein wenig intelligentes » Hä?« brachte sie nicht heraus. Dann riss sie sich zusammen. »Tsheton- was ?«
    »Wakawa-mani«, wiederholte der seltsame Mann. Er wollte einen Schritt auf sie zu machen, doch das erlaubte Aruula nicht. Sofort kam die Speerspitze wieder hoch, gefolgt von einem energischen: »Bleib, wo du bist!«
    Der Mann hob abwehrend die Hände. »Ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
    »Schön. Dann lass es auch!« Ohne den Fremden aus den Augen zu lassen, tastete Aruula nach Juefaan und zog ihn an ihre schützende Seite. Erst dann nahm sie sich die Zeit, Wakawa – sie entschied, es bei diesem einen Namen zu belassen – genauer zu betrachten. Ein Kawiezer [5] thronte auf seinem Schädel, der sich bei näherem Hinsehen als Kopfbedeckung entpuppte. In den Glasaugen des präparierten Tieres spiegelte sich das Lagerfeuer wider.
    Wakawawar ein gutaussehender Mann, wie Aruula bemerkte. Nicht älter als dreißig Jahre. Aber sein Verstand war eindeutig verwirrt, wenn er sich wie ein meerakanischer Ureinwohner nannte und kleidete.
    »Zeig mir deine Waffen!«, verlangte die Kriegerin.
    Er lachte. »Ich besitze keine«, antwortete er dann sanft und schüttelte dabei – ebenfalls sanft – den Kopf. Sein Kawiezerhut verschoss glühende Blicke. »Waffen bringen nur Schmerz und Tod, ich aber glaube an den Frieden! Wer im Einklang mit der Natur lebt, dem gibt sie alles, was er braucht. Freiwillig und ohne Waffen.«
    »Okeeeee«, sagte Aruula gedehnt. »Und jetzt erzähl mal: Wie ist das passiert? Ich meine: Was hat dir derart den Geist verwirrt, dass du dich für einen Indianer hältst?«
    »Oh – du kennst dieses alte Volk?«, antwortete Wakawa mit einer Gegenfrage. »Das ist ungewöhnlich für jemanden aus Britana.«
    »Ich stamme nicht von hier«, sagte Aruula. »Meine Heimat sind die Dreizehn Inseln, aber ich bin weit herumge-«
    Sie verstummte, als irgendwo in dunkler Ferne ein krächzender Ruf erscholl. Aruula fuhr hoch: Das war definitiv kein Kawiezer gewesen! Es klang nach etwas Großem! Richtig groß! Ein Eluu?
    Wakawa zog eine Rassel aus der Tasche. Silberglöckchen erklangen, als er sie über den Kopf hob und schüttelte. Danach hielt er inne und lauschte.
    »Was, bei allen Göttern, tust du da?« Aruula wurde aus dem Burschen nicht schlau.
    »Ich grüße den Westwind«, erklärte Wakawa sanft. »Er bringt meine Freundin Siwa zu mir.«
    »Tziva?«
    »Siwa. Es ist ein alter hebräischer Name. Er bedeutet Strahlender Stern vor dunklen Wolken .«
    Aruula musterte ihn zweifelnd. »Und du kommst wirklich aus Salisbury?«
    »O ja.« Wakawa nickte. »Allerdings nicht direkt aus der Stadt. Ich habe früher im dortigen Bunker gelebt, weißt du? Ich bin einer der letzten überlebenden Technos.«
    Tsheton-wakawa-mani, so stellte sich heraus, hieß mit richtigem Namen Enno Heatherby. Er war für die Pflege und Archivierung gesammelter Datenkristalle zuständig gewesen – damals, vor der Krankheit, als er noch alle Tassen im Schrank hatte.
    Als durch den weltweiten Impuls des erwachenden Wandlers, der alle Tekknik zum Erliegen brachte, die Produktion des Immunserums zusammengebrochen war, hatten nur etwa zehn Prozent der Technos weltweit überlebt; Aruula wusste dies von Maddrax. Auch Heatherby war schwer erkrankt und für tot gehalten worden, als sich Sir Leonard Gabriel mit den Überlebenden nach Landán aufmachte. Doch er hatte überlebt.
    Als er nach Wochen wieder halbwegs bei Sinnen war, hatte ihm die Krankheit den größten Teil der Erinnerungen weggefressen. Eine, die ihm noch verblieben war, handelte von den meerakanische Ureinwohnern. Wakawa vermutete, dass er sich früher, in seinem ersten Leben, intensiv mit diesem Thema befasst hatte. Nun richtete er sein neues Leben ganz danach

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