Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
313 - Der verlorene Pfad

313 - Der verlorene Pfad

Titel: 313 - Der verlorene Pfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Seidel
Vom Netzwerk:
aus.
    Er streifte sein bisheriges Dasein ab und wurde zu einem Teil der Natur, mit allen Konsequenzen. Wakawa aß kein Fleisch, denn es gehörte seinen vierbeinigen oder geflügelten Brüdern. Er ernährte sich vegetarisch, und auch das nicht ohne darüber nachzugrübeln, ob Brabeelen oder wilde Tofanen womöglich auch Schmerz empfanden.
    Nur Aruulas Frage, woher eigentlich seine Lederkleidung kam, brachte ihn etwas aus der Balance. Er erklärte, dass ein »Bruder Hirsch« ihm seine Haut im Sterben überlassen hatte, nachdem Lupas ihn gerissen hatten. »Und nun sage mir, was du und der Junge hier in meinem Wald suchen«, schloss er.
    Aruula beschloss, nicht auf die Formulierung » mein Wald« einzugehen. »Etwas zu essen und ein bisschen Schlaf«, antwortete sie knapp. »Morgen früh ziehen wir weiter, deinem Westwind entgegen. Wir wollen in die Highlands, zu einer Burg namens Canduly Castle.«
    »Die kenne ich!«, sagte Wakawa überrascht. »Sie gehört dem Sohn von Sir Leonard Gabriel, dem früheren Prime von Salisbury!«
    Aruulas Herz schlug schneller. »Du weißt nicht zufällig, wo sie steht, oder?«
    »Doch, sicher.« Der Techno mit dem Kawiezerhut nickte. »Ich habe da mal ein paar verrostete Techno-Geräte hingebracht – wertloses Zeug im Vergleich zu den Blumen am Wegesrand. Ihre Schönheit ist mit nichts...«
    »Ja, ja, schon gut! Wie komme ich von hier aus am schnellsten zur Burg?«, unterbrach ihn Aruula ungeduldig.
    Wakawa ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Mit sanfter Stimme beschrieb er der Barbarin den Weg nach Canduly Castle. Es machte sie wahnsinnig, seiner tranigen Schmusestimme zu lauschen – doch was sollte sie tun? Sie war auf Hilfe angewiesen, wenn sie Rulfan finden wollte, und das wollte sie unbedingt.
    Jemand zupfte an ihrem Ärmel. Aruula ließ Wakawa weiter säuseln und wandte sich dem kleinen Mann an ihrer Seite zu.
    »Ich bin so müde, Aruula!«, murmelte Juefaan. Er hatte Mühe, die Augen offen zu halten.
    »… und wenn du auf den prächtigen Wiesen mit ihren Kräutern und Wildblumen angekommen bist, kannst du die Burg schon sehen«, hörte sie im Hintergrund, als sie sich zu Juefaan beugte.
    »Komm, ich suche dir einen sicheren Schlafplatz!«, flüsterte sie, nahm ihn an die Hand und zog ihn mit sich auf die andere Seite des Lagerfeuers.
    Wakawa schwadronierte noch immer über die Kräuter und Wildblumen von Canduly Castle, als Aruula schon zwischen den Felsen kniete und Juefaan dick vermummte, damit er die Nacht über nicht fror.
    Plötzlich schrak sie zusammen. Da war er wieder, der unheimliche Eluuruf, dieses Mal erheblich lauter als zuvor! Er kam aus der Nähe, möglicherweise vom Ende des Waldpfades.
    Aruula drückte Juefaan dicht an den unteren Felsenrand. »Mach dich ganz klein!«, flüsterte sie. »Und beweg dich auf keinen Fall!«
    Lautlos schlich sie vom Lager des Jungen fort – ganz die Kriegerin, die sie war – und nahm in der Vorwärtsbewegung ihren Speer auf. Dabei ließ sie das letzte bisschen Helligkeit am Himmel nicht aus den Augen. Ihr Blick wurde kalt und lauernd, ein deutlicher Hinweis darauf, wie gefährlich diese schöne Frau in Wirklichkeit war.
    Wakawa hatte erneut seine Glöckchenrassel gezogen. Breitbeinig stand er mitten auf dem Weg und schwenkte sie herum.
    »Siwa!«, rief er lockend. »Siiiwaa!«
    Er musste gespürt haben, dass Aruula ein Stück hinter ihm war. Zwischen seinen Lockrufen blickte er über die Schulter zurück und sagte lächelnd: »Ich glaube, sie kommt! Es ist mir noch nie gelungen, sie nahe heranzuholen – Siwa braucht viel Platz, sie ist ja auch ein großes Mädchen. Aber diesmal könnte es gelingen, und dann sehe ich sie endlich aus der Nähe!«
    Der ehemalige Techno klang wie ein Kind, das mit Begeisterung von einem neuen Spielzeug schwärmte. Doch was da plötzlich über den Tannenwipfeln auftauchte, war alles andere als ein Spielzeug.
    Aruulas Augen weiteten sich. »Runter vom Weg!«, rief sie erschrocken. »Das ist ein Eluu, verdammt!«
    Der Mann aus Salisbury bewegte sich nicht. Enno Heatherby streckte verzückt die Arme aus. Sah seinem Tod direkt ins Gesicht, ohne es zu begreifen.
    Über dem Waldpfad segelte die Bestie heran – ein riesiger mutierter Eulenvogel, der mühelos einen Wakudastier aufnehmen und wegschleppen konnte. Im Anflug schwenkte er den Körper hoch und streckte seine entsetzlichen Krallenfüße aus.
    Aruula hob den Speer, zielte auf die gefiederte Brust. Doch der Geisteskranke stand im Weg. Sie brüllte

Weitere Kostenlose Bücher