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316 - Die Pest in Venedig

316 - Die Pest in Venedig

Titel: 316 - Die Pest in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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sah üblicherweise zu, wenn Todesurteile vollstreckt wurden. Als rechte Hand des Dogen war es dem Hydriten sicher nicht schwergefallen, ihre Todesurteile auch ohne Prozess auszuhandeln.
    Als die Wachen ihn aus dem Käfig holten, wehrte Matt sich mit aller Kraft. Er kassierte weitere Schläge. Einer traf seine Schläfe und ließ ihn fast bewusstlos werden. Sie packten ihn und schleiften ihn neben Xij den Säulen entgegen. Auf dem Platz bildete sich bereits in respektvollem Abstand eine Menschentraube. Gehässige Blicke trafen ihn. Blicke, die ihm sagten, dass er verdient hatte, was mit ihm geschah.
    Vor ihm auf dem Platz standen zwei muskelbepackte Henker mit Schlagkeulen. Sie trugen Masken aus Stoff, die nur die Augen freiließen. Matt und Xij wurden zu Boden gestoßen. Rufe erklangen. Zwischen den unverständlichen Worten hörte Matt die Fragmente »töten« und »Hunde«. Ihm war kalt, sein Herz raste. Trotzdem war er konzentriert. Ein Teil von ihm war immer Soldat geblieben.
    Neben ihm fieberte Xij. Sie schien kaum mitzubekommen, was um sie herum geschah. Vielleicht war das ein Segen. Matt blickte den Savi zornerfüllt an. »Du tötest dein eigenes Volk«, warf er ihm auf Hydritisch vor, um vielleicht doch noch zu ihm durchzudringen.
    Der Savi wandte sich ab, ohne auf seine Worte einzugehen. Er trat ein Stück zurück. Matt sah, wie er den Henkern ein Zeichen gab. Vor ihm in der Menge johlte jemand sensationslüstern. Er sah Menschen gierig Brot verschlingen.
    Doch von einem Moment auf den anderen änderte sich die Stimmung. Schreie erklangen. Die hinteren Reihen stoben auseinander. Die Henker verharrten in ihrem Tun, auch der Savi wirkte irritiert.
    Vor ihnen teilte sich die Menschenmenge – und ein schlanker Izeekepir setzte genau auf die Säulen zu. Der mutierte Eisbär löste Entsetzen aus. In dieser Zeit hatte ihn nie zuvor ein Mensch erblickt.
    Grao! Erleichtert sprang Matt auf die Beine. Grao’sil’aana kam, um ihnen zu helfen. Matt verlor keine Zeit und warf sich trotz seiner Fesseln auf den ungläubig starrenden Savi. Ehe sein Gegner sich wehrte, versetzte er ihm einen Ellbogenstoß ins Gesicht und zog den Schlüssel aus der Tasche der Robe hervor.
    Inzwischen herrschte um ihn herum Panik. Die Menschen flohen, stoben in alle Richtungen auseinander. Matt nutzte die Verwirrung, um seine Ketten zu öffnen.
    Der Savi kam auf die Knie. Er brüllte Befehle. Keiner hörte auf ihn, die wütende Stimme ging im Geschrei der Menge unter.
    Matt schloss auch Xijs Ketten auf. Besorgt stellte er fest, dass sie einen weiteren Anfall hatte. Ihre Haut glühte. »Die lachenden Götter kommen«, schnalzte sie auf Hydritisch. »Das rote Ende!«
    »Xij!« Er packte sie und hob sie hoch. Dabei spürte er, wie das Herz in ihrer Brust hämmerte. Er wandte sich zu Grao’sil’aana um, der die Wachen versprengte. »Komm her, Grao! Nimm Xij!«
    Der Daa’mure kam heran. Seine Gestalt veränderte sich.
    ***
    »Zur Lagune!«, rief Grao’sil’aana und zeigte auf eines der Schiffe, die dort ankerten. »Wir müssen zurück in die Zeitblase!«
    Matt folgte seinen Worten. Mit Xij auf den Armen rannte er Richtung Kai. Grao holte zu ihm auf. Er hatte die Gestalt eines venezianischen Wächters angenommen. Für den Savi musste es so aussehen, als würde Matt von einem seiner Leute verfolgt. Matt dankte dem Daa’muren im Stillen. Er wollte nicht daran denken, was ohne seine Hilfe passiert wäre. Auch wenn ihm klar war, dass Grao nicht aus Freundschaft, sondern aus Kalkül handelte, hatte der Daa’mure etwas bei ihm gut.
    »Was... hast du vor?«, keuchte er im Laufen.
    »Vom Mast springen«, erklärte Grao’sil’aana knapp.
    »Sie fliegen!«, rief Xij in Matts Armen mit weit aufgerissenen Augen. »Das gab es nicht auf Rotgrund. Nie auf Rotgrund. Keine Affen mit Flügeln.«
    Matt folgte ihrem Blick und hörte das Schlagen von Schwingen. »Grao!«
    Der Daa’mure blieb stehen und fuhr herum. »Also doch!«, stieß er aus. Gemeinsam blickten sie drei Schatten entgegen. Vor dem dunkler werdenden Himmel zeichneten sich ihre Silhouetten Unheil verkündend ab. Eine von ihnen wirkte wie ein Affe mit riesigen Flügeln, eine andere wie ein schlanker Löwe. Die Dritte schien fast nur aus Schwingen zu bestehen.
    Die Kreaturen, die ihn und Xij auf die Brücke gedrückt und überwältigt hatten! Mutationen? Nicht in dieser Zeit; unmöglich!
    Hinter den drei Wesen flogen weitere von der Stadt heran, wie ein Schwarm übergroßer Fledermäuse. Matt

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