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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gebunden, dessen Enden bis über das Knie niedergingen. An demselben hingen nebst der Taschenuhr allerlei Futterale mit den verschiedensten Gegenständen, wie man ihrer in China in jedem Augenblick bedarf. Darüber hatte er noch ein weites, burnusartiges Gewand gezogen, welches etwas kürzer war als das vorige. Es zeigte auf grünem Grund rote Raupen und gelbe Schmetterlinge und hatte Ärmel, welche nicht ganz bis zum Ellenbogen gingen.
    An den Füßen trug er absatzlose, rotseidene Schuhe, deren Spitzen weit nach oben gebogen waren. Die Sohlen, welche aus festem, unten mit Leder belegtem Pappdeckel bestanden, waren gut drei Finger breit hoch.
    Den Kopf schützte ein aus Rohr geflochtener und mit einem weichen Stoff gefütterter Hut, welcher einer riesigen, umgekehrten Schüssel glich. Er war verziert durch einen großen Busch rot gefärbter Pferdehaare und eine aus dünnem, goldig schimmerndem Blech gefertigte Drachengestalt.
    An einem über die Schulter gehenden Wehrgehänge waren zwei krumme Säbel befestigt, deren einer etwas kürzer war, während der andre auf dem Boden rasselte.
    Und um die Hauptsache nicht zu vergessen, trug er in der Hand einen Fächer, hinter dem er, als er ihn jetzt entfaltete, seinen ganzen Oberkörper wenigstens zweimal verstecken konnte. Dieses notwendige Stück, welches keinem Chinesen fehlen darf, war mit einer blutigen Kriegsszene bemalt, über welcher in goldenen Zeichen eine chinesische Inschrift prangte.
    Die Gewänder waren alle von guter Seide. Der Kapitän hatte kein Geld gespart.
    „Nun, wie gefalle ich Ihnen?“ fragte er.
    „Ausgezeichnet!“ antwortete Degenfeld. „Aber wo haben Sie denn diese Kleidung her?“
    Die Wahrheit zu sagen, mußte Turnerstick nach chinesischen Begriffen einen höchst stattlichen Eindruck machen.
    „In Singapore gekauft“, erklärte er. „Dort habe ich mir auch die Aufschrift auf den Fächer machen lassen. Es war gerade noch Zeit dazu.“
    „Können Sie sie lesen?“
    „Nein. Mit der chinesischen Schrift stehe ich nicht auf bestem Fuß. Bitte, lesen Sie.“
    Degenfeld betrachtete sich die Zeichen genau und erklärte:
    „Die Chinesen haben kein ‚r‘; sie sprechen dasselbe wie ‚l‘ aus. Es ist darum schwer, hier die erste Silbe zu enträtseln. Jedenfalls soll man anstatt Tul Tur sagen?“
    „Natürlich. Es ist ja mein Name, ins Chinesische übertragen.“
    „Ah, da ist der Zweifel gelöst. Die Inschrift lautet also ‚Tur-ning-sti-king kuo-ngan ta-fu-tsiang‘. Stimmt es so?“
    „Ich denke. Können Sie es übersetzen?“
    „Ja. Es lautet: ‚Turnerstick, der große Generalmajor Exzellenz‘. Sind Sie denn des Teufels, Kapitän! Ein Generalmajor wollen Sie sein, und noch dazu ein großer, das heißt doch wohl ein berühmter?“
    „Warum denn nicht?“ lachte der Gefragte. „So gescheit wie ein chinesischer Generalmajor bin ich allemal.“
    „Aber wenn Sie nun beweisen sollen, daß Sie es wirklich sind?“
    „Demjenigen, der dies von mir verlangt, werde ich es sofort beweisen, und zwar mit meinen beiden guten Fäusten. Das ist eine Legitimation, welcher sicherlich kein Chinese zu widerstehen vermag. Und was meinen Sie schließlich nun zu diesem da?“
    Er lüpfte den Hut ein wenig, und sofort schlängelte sich ein allerliebster Zopf herab, welchen er bisher unter demselben verborgen hatte.
    „Ein Pen-tse“, lachte der Student; „wahrhaftig ein richtiger Pen-tse, ein Zopf, wie er im Buche steht. Wie haben Sie ihn denn befestigt?“
    „Er hängt an einem äußerst feinen, fast unsichtbaren Netz, welches ich über mein eigenes Haar ziehe. Sie sehen, daß ich vollständig vorbereitet bin, eine Wanderung zu den Himmelssöhnen anzutreten.“
    „Wenn Sie dabei nur nicht zu viel wagen!“
    „Wagen? Nicht, daß ich wüßte! Kapitän Turnerstick weiß stets, was er tut. Denken Sie nur an meine Sprachfertigkeit, an meine Endungen und Dialekte! Was kann mir geschehen? Übrigens bin ich geborener Deutscher und amerikanischer Staatsbürger. Was kann mir geschehen, wenn ich mich als Gentleman betrage? Nichts, gar nichts! Ich habe mir einen Titel beigelegt, damit die Herren Chinesen nicht etwa denken sollen, daß ich nur von Holundersuppe lebe. Was können sie dagegen haben? Und wenn ich mich den Kaiser von Lappland nenne, so müssen sie es sich gefallen lassen! Also ich bin zum Aufbruch bereit. Will nur dem Steuermann noch einiges sagen. Wie steht es mit Ihnen? Haben Sie Ihre Vorbereitungen getroffen?“
    „Große Vorbereitungen habe ich

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