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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ninive‘ hatte hin und zurück gehen sehen können.
    Voran stolzierte der riesige Neufundländer. Er trug wahrhaftig auch hier das große Stammseidel im Maul! Außerdem war ihm eine Art Tornister sattelartig auf den Rücken geschnallt, welcher allerlei notwendige Gegenstände enthielt. An diesem Tornister befand sich ein Futteral, welches bei längeren Touren das Bierglas aufzunehmen hatte.
    Hinter dem Hund schritt in ernster Gravität der Methusalem. Er trug seinen heimatlichen Studentenanzug, hatte beide Hände in den Hosentaschen und die Spitze des Pfeifenschlauches im Mund, dicke Rauchwolken vor sich hinstoßend.
    Ihm folgte Gottfried von Bouillon, genau drei Schritte Distanz haltend. Quer über dem Rücken hingen ihm die beiden Hinterlader. In der linken Hand trug er die Wasserpfeife, deren Spitze sein voranschreitender Herr im Mund hatte, und in der rechten Hand hielt er – sollte man es für möglich halten! – seine ‚Oboe‘, welche aber eigentlich ein Fagott war. Das Instrument war aber so überblasen, daß es nur noch quiekende Töne von sich gab, weshalb er es mit dem Namen der höher tönenden Oboe bezeichnete. Der wackere Gottfried war so unzertrennlich von der alten Pfeife, daß es ihm gar nicht in den Sinn gekommen war, sich zu fragen, ob das Instrument ihm in China nützlich oder lästig sein werde. Er hatte es eben ganz selbstverständlich eingepackt, und seinem Herrn war es gar nicht eingefallen, eine Bemerkung darüber zu machen.
    Hinter diesem Schild- und Pfeifenträger kam Richard Stein. Er trug die grüne Gymnasiastenmütze und war in Beziehung auf seine übrige Bekleidung das getreue Abbild des Methusalem, der ihn vor der Abreise in genau denselben ‚Wichs‘ geworfen hatte.
    Als sie die Landungsbrücke überschritten hatten, wandte sich Turnerstick nach rechts, wo er das Dampfschiff vermutete, mit welchem sie nach Kanton fahren wollten. Aber der Methusalem rief ihm zu: „Halt! Wohin, Master?“
    „Zum Steamer natürlich“, antwortete der Kapitän, indem er stehenblieb.
    „Jetzt noch nicht. Erst muß eins getrunken werden. Wir müssen unseren Einzug feiern. In der Sahara trinkt man Wasser, nämlich, wenn man welches hat; im Reich der Mitte aber muß sich das Spundloch befinden, welches ja bei jedem Faß in der Mitte liegt. Wollen also sehen, welchen Stoff man hier verzapft!“
    „Aber wir verlieren Zeit!“
    „Pah! Man verliert überall und bei allem Zeit, beim Fahren und Sitzen, beim Kneipen und Arbeiten, beim Lachen und beim Weinen. Übrigens muß ich unbedingt unsern hiesigen Konsul aufsuchen, um mich ihm vorzustellen und mir verschiedene Auskünfte holen. Ich führe euch also nach dem Hongkonghotel, wo ihr warten könnt, bis ich zurückkehre.“
    „Well! Ist mir auch recht. Aber wie kommen wir durch dieses Gedränge? Was diese Leute nur von uns wollen!“
    „Was sie wollen? Ich will Ihnen mit einem schönen Studentenvers antworten und dabei nur den Namen ändern, nämlich:
    ‚Da kommt ein Untier hergerannt,
Turnerstick wird es genannt,
Und 's steht ein Haufe Volk davor,
Wie die Kuh vor dem neuen Tor!‘“
    Das Bild, welches er anwendete, war gar nicht so übel gewählt, nur daß er anstatt den Namen des Kapitäns seinen eigenen hätte nennen sollen, da man ihn, Gottfried und Richard weit mehr anstaunte als Turnerstick.
    Drei so gekleidete Menschen hatte man hier noch nie gesehen. Sobald sie über die Landebrücke waren, hatten sich alle im Gesichtskreis befindlichen Männlein und Weiblein beeilt, herbeizukommen und einen Halbkreis um sie zu bilden. Männer in allen Farben und Trachten, untermischt mit schmutzigen Kuliweibern und noch viel schmutzigeren Kindern, standen da und starrten die unerhörten Erscheinungen an. Aber ihr Staunen war ein respektvolles. Man sah, daß sie die drei Personen für ganz besondere, hochstehende Leute hielten, wozu die würdevolle Haltung derselben das meiste beitrug.
    Während diese taten, als ob sie die von ihnen erregte Aufmerksamkeit gar nicht bemerkten, erweckte dieselbe den Stolz des Kapitäns. Er war überzeugt, daß die Bewunderung vorzugsweise ihm gelte, und so kam ihm der Gedanke, sich als hohen Mandarin zu zeigen. Darum sagte er zu den andern: „Es schickt sich nicht für uns, nach dem Hotel zu gehen. Leute wie wir, mit achtzehnhundert Li um den Hals, müssen fahren oder sich wenigstens eines Palankin bedienen. Dort sehe ich Sänftenträger stehen, mieten wir sie!“ Er deutete auf eine Gruppe von Kulis, welche mit ihren Sänften

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