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32 - Der Blaurote Methusalem

32 - Der Blaurote Methusalem

Titel: 32 - Der Blaurote Methusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welche Turnerstick nicht verstand, und sagte unter einer tiefen Verbeugung zu ihm: „Well, hundred Li; get into, Sir!“
    Dabei öffnete er die Tür der Sänfte und lud durch eine Handbewegung den Kapitän ein, sich hineinzusetzen. Turnerstick freute sich über den Sieg, welchen er errungen zu haben meinte. Er beachtete die schadenfroh erwartungsvollen Blicke nicht, welche auf ihn gerichtet waren, und stieg ein.
    Kaum hatte er es sich auf dem Polstersitz bequem gemacht, so hoben die beiden kräftigen Kulis die beiden Tragstangen auf ihre Schultern. Zugleich sprangen zwei andre Kulis herbei, einer an die rechte und der andre an die linke Seite der Sänfte. Der Boden der letzteren war beweglich; er konnte, wohl der bequemeren Reinigung wegen, nach unten geöffnet werden, indem man rechts und links je einen Haken aus seiner Öse zog. Die zwei letzterwähnten Kulis taten dies; der Boden der Sänfte klappte nach unten auf; Turnerstick rutschte natürlich nach und kam auf die Beine zu stehen.
    „Alle Teufel!“ schrie er. „Was soll das heißing? Die Senftang ist anstatt des Bodens mit einer Falltür versehang! Ich will – – –“
    Weiter kam er nicht, denn die beiden Träger setzten sich, ohne auf ihn zu achten, in Bewegung. Sie rannten nach dortiger Weise in raschem Trab davon. Turnerstick steckte in der Sänfte und mußte mittraben, er mochte wollen oder nicht; aber sein Brüllen und Zetern war noch aus der Ferne zu hören. Die Zeugen dieses für ihn nicht sehr ehrenvollen Vorkommnisses lachten im stillen über den gelungenen Streich, ohne aber ihre Befriedigung laut werden zu lassen. Man mußte ja so tun, als ob der Unfall des ‚Generalmajors‘ gar nicht bemerkt worden sei.
    Jedermann, an dem der seltsame Transport vorüberkam, blieb stehen. Man sah zwei Kulis mit einer verhängten Sänfte daherstürmen, deren Boden niederhing. Unten erblickte man zwei Beine, deren mit rotseidenen Schuhen bekleidete Füße konvulsivisch tätig waren, mit den Kulis gleichen Schritt zu halten. Dabei brüllte der unglückliche Besitzer dieser Beine in einem fort: „Halt, Halt! Wollt ihr gleich anhalteng! Donner und Doria! Ich kann nicht mehr laufing; der Ateng geht mir aus! Halt, sage ich, ihr Schurking, halt, stopp, au – oh – ah!“
    Der Anblick dieses eigenartigen Transportes mußte den ernstesten Menschen zum Lachen bringen. Ein Haufen Jungens und sonstiger müßiger Leute rannte schreiend, johlend und pfeifend hinterher. Am drastischsten wirkten die beiden ernsten Gesichter der Kulis, welche so große Eile zeigten und dabei gar nicht taten, als ob sie wüßten, daß ihr Passagier zum Laufen gezwungen sei.
    Sie mußten auch an dem Methusalem, Gottfried von Bouillon und Richard Stein vorüber. Diese drei hörten hinter sich die scheltende Stimme ihres Gefährten. Sie blieben stehen und blickten zurück. Da sahen sie, in welcher Lage sich ihr Turningsticking kou-ngan ta-fu-tsiang befand; aber ehe es ihnen möglich war, einzuschreiten, waren die Kulis mit der Sänfte an ihnen vorübergesaust.
    „Herrjott!“ rief Gottfried von Bouillon. „Wat war das? Wenn das nicht die Beine unsres Seehelden jewesen sind, so kann ich mir nicht mehr auf meine eigenen Augen verlassen. Und seine Stimme war es auch. Wie kommt er dazu, in dieser Weise an uns vorüberzujondeln?“
    „Man möchte allerdings seinen Augen nicht trauen“, antwortete der Methusalem. „Turnerstick war es; es ist kein Zweifel möglich. Wie aber ist er in diese lächerliche Lage gekommen? Pyramidale Blamage!“
    „Dat is richtig. So eine Palankin-Spinde zu bezahlen und dennoch laufen, dieser Jedanke ist jrad so bodenlos wie die Sänfte selber. Ich habe mal einen Elefanten jesehen, welcher in ähnlicher Weise transportiert wurde. Bei so einem Tier hat das seine Jründe, bei einem Menschen aber ist es jrundlos zu nennen.“
    „Wer weiß, welche Dummheit er begangen hat. Wir werden es ja hören. Wollen uns beeilen, damit er nicht etwa im Zorn noch ärgeres unternimmt.“
    Sie schritten schneller aus als bisher und nahmen sich nicht Zeit, auf die Aufmerksamkeit, welche sie erregten, zu achten. Glücklicherweise lag das Hotel in ziemlicher Nähe.
    Hongkong hat keine guten Gasthäuser. Das Einkehrhaus gleichen Namens ist das einzige, welches einigermaßen die Bezeichnung Hotel verdient; aber es ist doch nur ein riesiger Kasten, in welchem man sich nicht wohl zu fühlen vermag. Die Zimmer sind ohne allen Komfort; alles andre läßt ebenso zu wünschen übrig, und

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