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322 - Götterdämmerung

322 - Götterdämmerung

Titel: 322 - Götterdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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mussten. Die Grotte diente offensichtlich als Unterschlupf und war ausgerüstet mit allem, was man für einige Tage zum Überleben brauchte: Nahrung, Trinkwasser, Geschirr und Feuerholz. Sogar einfache Werkzeuge und Jagdwaffen gab es. Über der Feuerstelle hing in einer Vorrichtung aus rostigen Eisenstangen ein Tiegel. Flintsteine und ein Messer lagen auf einer Steinplatte daneben. Entlang der Felswände befanden sich Lager aus Torfballen und Tierfellen.
    Letztere kamen vor allem Xij und Grao zugute, aber auch Matt zog sich eine Pelzdecke über seine Thermojacke aus marsianischer Spinnenseide. Xij war in Armeehose und Shirt unterwegs, und selbst Grao lief ohne schützende Kleidung Gefahr, durch die Minusgrade in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Es half ihm nichts, dicke Fellmäntel aus seinen Schuppen zu formen, denn die Schuppen selbst konnten sein thermophiles Inneres nicht ausreichend schützen. Irgendwann wäre er unweigerlich ins Koma gefallen.
    Der Gestaltwandler war froh, endlich das Magtron aus seinem Körper hervorholen zu können; bei der Flucht vor den Schneemassen hatte er es nur mit Mühe festhalten können. Auch den Schlüssel, mit dem der Supermagnet aktiviert werden konnte, gab er samt Kette frei. Matt hängte ihn sich um den Hals.
    Abgepackt in Leinensäckchen fanden sie Fleischstreifen, Pilze, tomatenähnliches Gemüse und Kräuter, die nach Minze rochen. Alles getrocknet. Nachdem sie ein Feuer entfacht, sich aufgewärmt, Schnee geschmolzen und etwas gegessen hatten, saßen sie um das Feuer zusammen und beratschlagten sich.
    »Entweder suchen wir schleunigst das Zeitportal und verschwinden aus diesem Gefrierfach«, zählte Matt ihre wenigen Möglichkeiten auf, »oder wir finden Menschen, mit denen wir uns verständigen und die uns helfen können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir in unserer Zeit und Welt gelandet sind. Das sollten wir überprüfen.«
    Dabei spielte es keine Rolle, an welchem Ort sie gelandet waren. In den implantierten Translatoren waren sämtliche geläufige Sprachen der Welt eingespeichert. Die Module arbeiteten auf neuraler Ebene und übersetzten nicht nur das Gehörte, sondern manipulierten das Sprachzentrum des jeweiligen Chip-Trägers so, dass er das fremde Idiom auch formulieren konnte. Nur bei toten oder vergessenen Sprachen wurde es schwierig – aber dann konnte Xij immer noch aus dem reichen Erfahrungs- und Wortschatz ihrer vergangenen Leben schöpfen.
    »Es ist durchaus möglich, dass wir in der Nähe einer Siedlung sind«, unterbrach Grao’sil’aana sie. Er berichtete, bei ihrer Ankunft auf dem Gletscher einen Menschen – einen Primärrassenvertreter , wie er sie nannte – gesehen zu haben. »Von den Felsen aus hat er uns beobachtet. Er war nicht größer als ein Kind und rannte weg, als ob ein Rudel Lupas hinter ihm her wäre.«
    Ein Kind... das würde in der Tat bedeuten, dass sie sich ganz in der Nähe einer Siedlung befanden.
    Aber ihre Suche musste warten. Draußen brach die Nacht herein und ein Sturm fegte mit eisigen Böen Schnee und Eis durch den Höhleneingang. Die Gefährten zogen die Felle dichter um sich zusammen und wärmten sich am Feuer.
    ***
    Grao’sil’aanas Laune näherte sich – wieder einmal – ihrem Tiefpunkt. Außerhalb der schützenden Höhle würde er unter der Kälte am meisten leiden. Schließlich stammte er von einem Lavaplaneten, wo er in seiner ursprünglichen, delfinähnlichen Gestalt in Meeren aus flüssigem Stein geschwommen war. Auch heute, mit dem neuen Echsenkörper, überstieg seine Innentemperatur die der Primärrassenvertreter um ein Vielfaches.
    Wie kann man nur in solch einer Umgebung leben wollen? Aus schmalen Lidern warf er Xij Hamlet und Mefju’drex finstere Blicke zu. Die beiden kauerten dicht aneinander gedrängt auf der anderen Seite des Feuers. Da sie fast alle Felle Grao überlassen hatten, teilten sie sich einen Bärenpelz. Während die junge Frau mit einem Stock abwesend in den Flammen stocherte, sinnierte Mefju’drex darüber, wo sie sich befinden könnten. Seine Theorien reichten dabei von den Polen bis zur Eiszeit, die nach Kristofluu die Erde für Jahrhunderte beherrscht hatte.
    Irgendwie schien es Grao’sil’aana, als ob Mefju’drex mit seinem Geschwätz Xij aufheitern wollte. Seit ihrer Ankunft auf dem Gletscher verhielt sie sich anders als sonst. Auch wenn der Daa’mure die Emotionen der Menschen noch immer nicht ganz nachvollziehen konnte, so merkte er doch, dass etwas nicht stimmte. Xij gab

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