326 - Schlangenmenschen
letzter Gedanke. Dann folgte er dem Ältesten seiner Söhne.
***
Maria Castaño versuchte, ihre Benommenheit abzuschütteln. Ihr Kopf schmerzte, als wollte er zerspringen. Als hätte der Keulenhieb vorhin ein Loch in ihre Schädeldecke gesprengt.
Nur ein paar Schritte von ihr entfernt lag ein regloser Körper, den sie erkannte, obwohl sein wichtigstes Erkennungsmerkmal fehlte: das Gesicht.
Der Tote war ihr ältester Sohn – Pablo!
In Marias Brust schien sich ein Vakuum zu bilden. Sie rang nach Atem, sah Sterne, wo keine waren. Hörte Stimmen, wo niemand sprach. Pablos Anblick hatte sekundenlang alles andere um sie herum ausgeblendet. Nun rückte das Geschehen wieder an sie heran.
Was für ein absurdes Bild: Ihre verbliebenen Söhne und die Arbeiter der Hacienda hatten ihre Gewehre auf Dutzende Indios gerichtet – und die Wilden drohten mit ihren eigenen Feuerwaffen zurück. Die Spannung war so groß, dass man sie fast greifen konnte.
Maria richtete sich wie in Trance auf und wollte zu ihrem toten Sohn. Dass ihr Mann unweit ebenfalls im Staub lag, registrierte sie kaum. In ihrem Bewusstsein schien kein Platz mehr für weitere Trauer zu sein.
Bevor sie Pablos Leiche erreichte, trat ihr einer der fremden Krieger in den Weg. Maria blieb stehen. Dumpf pochte es in ihrem Kopf. Im ersten Moment wollte sie sich auf das Mitglied der Mörderbande werfen, im nächsten fehlte ihr dazu jede Kraft.
Der Fremde hob die Hände und fasste nach der Schlange, die sich um seinen Hals gewunden hatte. Gleichzeitig fixierte er Maria in einer Weise, dass sie sich wünschte, augenblicklich tot umzufallen.
Als das nicht geschah, wandte sie sich an ihre Söhne und Arbeiter und wies sie mit schleppender Stimme an: »Legt die Waffen nieder! Niemandem wird mehr ein Leid geschehen – aber wir müssen uns ergeben.«
»Mutter! Wie kannst du –«
Sie sah steinern in die Richtung ihres jüngsten Sohnes. Dann zeigte sie auf Pablo. »Wenn ihr nicht auch sterben wollt, tut, was ich sage! Überlasst ihnen eure Waffen! Sie wollen nur das. Hätten wir uns nicht gewehrt, wäre es nie so weit gekommen...«
Die Blicke derer, die ihr zuhörten, verrieten, dass sie an ihrem Verstand zweifelten. Doch mit jeder verstreichenden Minute schmolz der Widerstand mehr, und schließlich bückte sich der Hacienda-Vorarbeiter und legte sein Gewehr vor sich zu Boden.
Als wäre dies der Startschuss für die anderen gewesen, folgten nun mehr und mehr seinem Beispiel. Am Ende hatten auch Marias Söhne kapituliert.
Sie war nicht einmal wirklich erleichtert darüber. Als würde etwas jedes tiefere Gefühl in ihr blockieren. Lethargisch sah sie zu, wie die fremden Krieger die Waffen einsammelten – und abzogen.
Die Castaños brauchten lange, um sich aus ihrer Erstarrung zu lösen. Aber auch danach handelten sie wenig planvoll, sondern irrten benommen über das Gelände.
Die erste zielgerichtete Handlung leitete schließlich Maria Castaño ein, indem sie in den Schuppen ging, mit einer Schaufel zurückkam und damit begann, mitten auf dem Hof ein Loch auszuheben.
Nur eins. Aber es wurde tief genug, um Ehemann und Sohn aufzunehmen.
***
Im Mondshuttle, unterwegs nach Schottland, herrschte dicke Luft. Richtig dicke Luft.
Matthew Drax musste nicht hinter sich schauen, um zu wissen, dass er angestarrt wurde.
Von gleich zwei Augenpaaren.
Beide weiblich.
Normalerweise hätte es ihm vielleicht geschmeichelt. In diesem Fall jedoch hätte er liebend gern darauf verzichtet. Denn die brennenden Blicke der einen Frau und die neugierigen der anderen bedeuteten vor allem eins für ihn: Er würde sich nicht mehr länger drücken können, sondern musste Position beziehen.
Sie hatten es beide verdient, dass er »klar Schiff« machte. Und letztlich war er es sich auch selbst schuldig.
Ha! Wie einfach das klingt! Scheiße, die Theorie ist mir auch klar. Nur mit der Umsetzung tue ich mich etwas schwer...
» Wie lange brauchen wir noch?«
Das war Rulfan, der Aruula und Xij im Passagierraum Gesellschaft leistete. Das Trennschott des Cockpits stand seit dem Start vom Südpol offen, und es hätte schon einer verdammt guten Ausrede bedurft, um es jetzt so mir nichts, dir nichts zu schließen – nur um besagte Blicke für ein Weilchen auszusperren.
Nein, damit käme ich nicht durch.
Auch der Gedanke daran, dass es Wichtigeres – viel Wichtigeres – als seine privaten Probleme gab, war weder hilfreich noch tröstlich.
Natürlich war es Fakt, dass die Erde kurz davor stand,
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