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329 - Die Fährte der Roboter

329 - Die Fährte der Roboter

Titel: 329 - Die Fährte der Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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ehemaligen Mexiko – heute Meeko genannt – erreicht hatten.
    Und auch hier bot sich ihnen überall ein Bild der Verwüstung. Die Trümmerstücke des Mondes, die in den vergangenen Wochen auf das Land und ins Meer gestürzt waren, hatten Krater hinterlassen und Tsunamis ausgelöst.
    Matt, Xij und Miki Takeo hatten erlebt, was die Wassermassen, durch den jüngsten Meteoriten in Bewegung gesetzt, auf Jamaika angerichtet hatten. Durch die Lücke zwischen Nord- und Südamerika, die damals »Christopher-Floyd« geschlagen hatte – dabei waren Panama, Costa Rica und Teile Nicaraguas im Meer versunken – war der Tsunami fast ungehindert auf Jamaikas Süden getroffen. Kilometerweit erstreckte sich der Streifen der Zerstörung ins Landesinnere. Die tropische Vegetation war zum Großteil weggespült worden. Abgeknickte, von Schlamm überzogene Palmen dominierten die Szenerie, sahen aus wie grotesk verformte Dinosaurierskelette.
    Matt verscheuchte das Bild aus seinem Kopf. Wenigstens hatten sie es geschafft, die Bevölkerung von Kingston und Umgebung rechtzeitig zu warnen, sodass sich ein Großteil in die Blue Mountains hatte retten können.
    Die Ostküste, an der sie jetzt entlangflogen, war dagegen geschützt gewesen vor dem Monster-Tsunami; trotzdem sah man auch hier deutlich die Folgen des Bombardements aus Mondbrocken, das der sterbende Streiter über die Erde gebracht hatte. Ein tödlicher Regen, der in den letzten Tagen jedoch immer mehr nachgelassen hatte. Matt hoffte, dass der Hundertzwanzig-Meter-Meteorit, der im Pazifik eingeschlagen war, den Schlusspunkt darstellte.
    Er spürte Xijs Hände an seinem Nacken. Sie war aufgestanden und hinter ihn getreten, massierte seine verspannten Halsmuskeln. Es fühlte sich warm und wunderbar an.
    »Woran denkst du?«, wollte sie wissen. »Ich merke doch, dass du dich nicht wirklich aufs Fliegen konzentrierst.«
    Matthew gab ein wohliges Brummen von sich, als Xijs geschickte Finger die Sehnen in seinem Schulterbereich lockerten. »Es ist vielleicht müßig, darüber nachzudenken, aber...« Er stockte. »Das Ausmaß an Zerstörung, das der Streiter verursacht hat, selbst nachdem wir ihn aufhalten konnten... Es ist unfassbar. Wenn ich bedenke, wie viele Menschen wohl hier an den Stränden ums Leben gekommen sind...«
    Xij nickte zustimmend. »Das erinnert mich an den Tsunami Weihnachten 2004, der die Küsten von Sri Lanka und Thailand verwüstet hat.«
    Vage Erinnerungen an verwackelte Fernsehbilder kamen in Matt hoch, in denen Lawinen aus dunklem Wasser alles wegspülten: Häuser, Autos, Menschen und Palmen. Es war schon seltsam, dass Xij Hamlet sich daran erinnerte, war sie doch erst vor etwa neunzehn Jahren in Hamburg geboren worden. Es war die Erinnerung eines früheren Lebens vor über fünfhundert Jahren. Wer war sie damals gewesen? Und was – Mann oder Frau?
    Matt schauderte. Daran würde er sich wohl nie ganz gewöhnen können. Obwohl Xijs erste Existenz weiblich gewesen war – die hydritische Geistwanderin Manil’bud –, hatte sich ihr Geist bei jedem Ableben der leiblichen Hülle wahllos einen Fötus irgendwo auf der Welt gesucht, in den er überwechseln konnte, der gerade, in dieser Sekunde, sein Bewusstsein erlangte. Der letzte Wechsel hatte sie in Xijs Körper geführt. Oder nein, auch das war falsch: Ihr jetziger Xij-Körper war ein Klon, in der Hydritenstadt Gilam’esh’gad gezüchtet, nachdem ihr Originalkörper vergiftet worden und gestorben war. [2]
    »Ja, du hast recht«, antwortete er verspätet auf ihre Bemerkung. »Damals sah es an den Stränden genauso aus.« Er schluckte. »Und fast eine Viertelmillion Menschen fand den Tod.«
    Die zierliche Frau mit dem knabenhaften Körper und der Kurzhaarfrisur gab ihm einen Kuss auf den Hinterkopf und setzte sich wieder neben ihn. »So viele Opfer gab es diesmal sicher nicht«, meinte sie. »Die Küsten waren lange nicht so dicht besiedelt wie damals in Südasien.«
    Matthew schnaufte. »Ein schwacher Trost. Hätten wir den Streiter nicht zum Mond gelockt...«
    »Sieh es mal so: Wir haben das Ende der Welt verhindert. Wir haben die Bevölkerung eines ganzen Planeten vor dem Untergang bewahrt. Was sind dagegen schon ein paar Tausend Opfer? Die Erde hat ›Christopher-Floyd‹ überlebt, Matt. Sie wird auch ein paar Mondbrocken überleben.«
    Matt starrte wieder auf die elektronische Karte und nickte stumm. »Du hast ja recht«, murmelte er und erschrak, weil er es irgendwie wirklich so empfand. Wenn das der Preis

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